Nach nur vier Jahren seit der Vorstellung des Konzepts werden bald Wasserstoff-Brennstoffzellen-Lkw auf den Straßen zu sehen sein. Daimler Truck hat heute in Wörth die ersten fünf Exemplare des „GenH2“ an ausgewählte Kunden übergeben. Sie werden eine wichtige Aufgabe erfüllen: Die Lkw sollen im „echten“ Alltag getestet werden; der Hersteller sammelt dabei Daten und lässt sie in die Weiterentwicklung des Konzeptes einfließen.
Bei den Prototypen handelt es sich um fünf Sattelzugmaschinen, die allesamt mit Brennstoffzellen aus dem Hause Cellcentric – einem Joint Venture von Daimler Truck und der Volvo Group – ausgestattet sind. Besonders ist die Form der Wasserstoff-Speicherung: Während andere Konzepte auf Druckgastanks setzen, kann der GenH2 verflüssigten Wasserstoff mitnehmen. Dieser besitzt, ähnlich wie auch LNG, eine erheblich höhere Energiedichte und kann somit größere Reichweiten ermöglichen.
Air Products
Das Unternehmen mit Hauptsitz in Pennsylvania bietet unterschiedliche Gase, wie etwa auch Wasserstoff, an. Air Products wird den GenH2 nicht nur für den Vertrieb der eigenen Produkte im Großraum NRW übernehmen, sondern koordiniert auch den Aufbau und Betrieb der Tankstelle für Flüssigwasserstoff in Duisburg.
Amazon
Der Online-Händler setzt bereits für den Lieferverkehr zu Kunden E-Transporter ein. Der Brennstoffzellen-Lkw soll nun auch die Mittelstrecke im Paketverkehr umweltfreundlich verknüpfen. „Neben der TCO interessiert uns auch, was die Fahrer von dem Konzept denken“, sagt Benoit Robinot-Bertrand bei der Übergabe der Fahrzeuge.
Wiedmann und Winz
Der Transport- und Logistikdienstleister aus Geislingen setzt seit einigen Monaten bereits einen eActros 300 von Daimler Truck ein. Der GenH2 wird für den Kunden DP World Containerverkehre übernehmen. „Es ist wichtig, dass wir bei der Dekarbonisierung nicht nur auf eine Technologie setzen“, sagt Geschäftsführer Micha Lege.
Holcim
Mit über 150.000 Lkw weltweit ist der Baustoffhändler ein Schwergewicht. Der GenH2 kommt rund um Duisburg zum Einsatz und wird täglich unterschiedliche Transportaufträge mit Strecken von bis zu 300 Kilometer absolvieren, sagt Category Manager Roger Haschka gegenüber der VR: „Beim Baustofftransport benötigen wir maximale Nutzlast. Der Lkw wird so eingesetzt, wie ein Diesel auch.“ Das bedeutet: Verschiedene Transportaufträge über unterschiedliche Strecken in Deutschland.
Vervaeke
Das Logistikunternehmen fährt den Wasserstoff-Brennstoffzellen-Lkw im Auftrag von Ineos; seinerseits ein Hersteller von Wasserstoff. Die Verkehre werden multi-national zwischen Deutschland, Belgien und den Niederlanden stattfinden.
Die fünf Transportdienstleiser wurden laut Daimler Truck bewusst ausgewählt, da sie unterschiedliche Use-Cases für den Wasserstoff-Lkw haben. So sollen möglichst viele Erfahrungen gesammelt werden, die schließlich in die Entwicklung des Prototyps einfließen. Der Testzeitraum ist zunächst für ein Jahr angelegt.
Getankt werden die Brennstoffzellen-Lkw übrigens an zwei Tankstellen, die sich in Wörth und Duisburg befinden. Sie sind die ersten H2-Anlagen, die auch flüssigen Wasserstoff anbieten. Während die Tankstelle in Wörth bereits in Betrieb ist, wird in Duisburg noch auf die finale Zulassung durch die Behörden gewartet. Hier soll von Anfang an grüner Wasserstoff aus dem Zapfhahn kommen; in Wörth hat Linde den Betrieb der Tankstelle inne und will Daimler Truck zufolge erst später auf grünes H2 umstellen. Die Auslieferung der Fahrzeuge soll in den nächsten Wochen erfolgen; im Raum Duisburg natürlich vorbehaltlich der Indienststellung der Tankstelle.
Bei der offiziellen Übergabe der Lkw wurde aber auch deutlich, dass man von einer Dekarbonisierung des Transportsektors noch sehr weit entfernt ist: „CO2-neutrale Fahrzeuge allein werden nicht genügen, es ist auch eine entsprechende Lade- und Tankinfrastruktur sowie Kostenparität mit konventionellen Fahrzeugen erforderlich“, so der Daimler Truck-Vorstandsvorsitzende Martin Daum. VDA-Präsidentin Hildegard Müller ergänzt: „Es muss dringend ein bedarfsgerechtes Netz an Wasserstofftankstellen und die dazugehörige Infrastruktur aufgebaut werden. Hier besteht dringender Handlungsbedarf für Politik, Bundesnetzagentur und Energiewirtschaft“.