Wasserstoff gilt als wichtiger zukünftiger Energieträger. Brennstoffzellen gelten dabei als eine Schlüsseltechnologie für den flexiblen Einsatz des Energieträgers etwa im Verkehrssektor. Im Projekt „H2GO – Nationaler Aktionsplan Brennstoffzellen-Produktion“ arbeiten 19 Fraunhofer-Institute gemeinsam an der Entwicklung von technischen Lösungen für einen zügigen Markthochlauf der Brennstoffzellen-Produktion, um damit eine nachhaltige Antriebsoption zur signifikanten CO2-Reduzierung im Schwerlastverkehr in Deutschland zu etablieren. Das Fraunhofer ISI führt dabei eine sogenannte „Innovationsanalyse“ zu Brennstoffzellen durch und hat die Ergebnisse jetzt auf einer neuen Webseite veröffentlicht.
Eine der zentralen Fragen des Monitorings war, welche Bedeutung der globale Brennstoffzellen-Markt in Zukunft erlangen könnte. Die im Projekt durchgeführte Analyse zeigt laut Fraunhofer ISI eine enorme Spannbreite der Markterwartungen auf: Prognosen beziffern jährliche Wachstumsraten zwischen zehn und 41 Prozent, wobei die große Mehrheit der betrachteten Studien von einem mittleren Wachstum zwischen 15 und 30 Prozent ausgeht. Für das Jahr 2030 werden zudem jährliche Umsatzzahlen zwischen knapp zwei und 87 Milliarden US-Dollar prognostiziert. Die enorme Spannweite spiegele die „große Unsicherheit wider, die ohnehin mit der Entstehung neuer Märkte verbunden ist“, so das Institut. Die hohe Dynamik der Energiewende verstärke den Effekt, da in vielen Anwendungen verschiedene technische Alternativen zur Ablösung fossiler Energieträger konkurriere.
Japan liegt bei Patenten vorn
Das Monitoring nahm zudem relevante Patentanmeldungen unter die Lupe, um globale Aktivitäten nach Ländern, Akteuren und Technologien aufzuschlüsseln. Im Zeitraum von 1985 bis 2020 sind weltweit über 30.000 Erfindungen mit Bezug zu Brennstoffzellen marktübergreifend angemeldet worden. Rund ein Drittel davon stammt aus Japan, Deutschland rangiert mit 4642 Patentanmeldung hinter den USA (7339) international auf dem dritten Platz, gefolgt von Südkorea (1658), Frankreich (1280), Kanada (996), Großbritannien (980) und China (777).
Unter industriellen Akteuren stechen drei japanische Unternehmen heraus, die im Patent-Ranking die drei ersten Plätze belegen: Toyota, Matsushita und Nissan. Deutschland ist mit der Robert Bosch GmbH, der Siemens AG und der Daimer AG dreimal unter den Top 10 vertreten, was seine starke Position auf dem globalen Brennstoffzellen-Markt untermauert. Eine Differenzierung der Patente nach Technologien zeigt eine besondere Dynamik bei PEM-Brennstoffzellen auf. Die jüngsten verfügbaren Zahlen aus dem Jahr 2020 weisen 305 einschlägige PEM-Patentanmeldungen aus, gefolgt von Hochtemperatur-Technologien (185), während für alternative Brennstoffzellen 2020 nur 65 Patentanmeldungen erfasst wurden.
Ausstattung von 250.000 Lkw pro Jahr möglich
In Deutschland habe durch eine systematische Förderung ein umfassendes Forschungsnetzwerk zu Brennstoffzellen unter starker Beteiligung der Industrie etabliert werden können, erklärte das Fraunhofer ISI weiter. So beteiligten sich bis heute mehr als 500 Unternehmen – darunter 270 KMU – an einschlägigen Fördervorhaben. In Summe zeigt sich, dass sich seit 2017 eine stetige Zunahme der Förderung durch den Bund beobachten lässt. Auch sei eine deutliche Zunahme an Förderung ohne direkte Zuordnung zu einer bestimmten Brennstoffzell-Technologie seit 2009 festzustellen. Es handele sich dabei zumeist um Markthochlauf- und Marktanreizprogramme wie zum Beispiel Verkehrsprojekte mit Brennstoffzell-Fahrzeugen oder den Aufbau einer Tankstelleninfrastruktur. Hier engagieren sich vor allem das Bundesverkehrsministerium (ca. 233 Millionen Euro im Jahr 2023), aber auch das Bundeswirtschaftsministerium (mit etwa 64 Millionen Euro im Jahr 2023) und das Bundesministerium für Bildung und Forschung (mit circa 27 Millionen Euro im Jahr 2023) als Fördergeber.
„In der laufenden Dekade erreichen wir nach heutiger Datenlage global eine Kapazität von etwa 300 Millionen hergestellten PEM-Brennstoffzellen pro Jahr, die primär für Mobilitätslösungen verwendet werden dürften“, sagte Henning Döscher, der am Fraunhofer ISI die Forschungsarbeiten zu „H2GO“ koordiniert. Laut Döscher könnten damit dann etwa 250.000 Lkw pro Jahr ausgestattet werden. Die Investitionsankündigungen zum Produktionsaufbau in der laufenden Dekade belaufen sich auf mindestens 14,7 Milliarden US-Dollar. Die verfügbaren Daten seien derzeit aber noch lückenhaft, eine Mehrheit der Ankündigungen stamme von chinesischen Firmen.
Döscher sieht Deutschland als wichtigen Innovationsstandort für Brennstoffzell-Technologien und große Chancen für die heimische Industrie: „Das erfordert jedoch kluge und konsequente Investitionen, sowohl von Seiten der Industrie in die Skalierung der Produktion als auch von Seiten des Staates in Forschung, Entwicklung und den durchdachten Aufbau einer initialen Infrastruktur – andernfalls besteht mittelfristig die Gefahr, international den Anschluss zu verlieren.“