Gezielt planen: Umstellung auf natürliche Kältemittel

Umstellung auf natürliche Kältemittel
F-Gase sind als Kältemittel ein Auslaufmodell – die Alternative: natürliche Mittel
© Foto: Grispb/Adobe Stock

Natürliche Kältemittel werden bei temperaturgeführten Transporten künftig immer häufiger zum Einsatz kommen - Werkstätten und Spediteure sollten vorbereitet sein. Und auch bei den bisher verwendeten "F-Gasen" gilt es mittlerweile mehr zu beachten.

Lange Zeit waren (teil-)fluorierte Kohlenwasserstoffe als Kältemittel das Maß der Dinge - auch bei Kühlsystemen von Lkw, Anhängern und Transportern. Aber seit Mitte der 1990er-Jahre werden diese "F-Gase" in der Europäischen Union aufgrund ihrer Auswirkungen auf den Treibhauseffekt schrittweise vom Markt genommen. Die entsprechenden Verordnungen befassen sich mittlerweile auch ausdrücklich mit "mobilen Anwendungen". Bekanntermaßen setzen seit gut 25 Jahren Hersteller von kleineren Anwendungen wie Kühlschränken oder Gefrierschränken erfolgreich auf natürliche Kältemittel wie Propan. Auch CO2 ist inzwischen als natürliche Alternative am Markt verfügbar.

"Durch die neuen regulatorischen Vorgaben sind nun auch die Hersteller von Transportkälteanlagen immer mehr in der Pflicht, umweltfreundliche Kältemittel einzusetzen", sagt Andreas Klotz, Seniorexperte für Kälte- und Klimatechnik bei der TÜV SÜD Industrie Service GmbH. Wobei auch die natürlichen Alternativen unter Sicherheitsaspekten nicht unbedenklich seien, so Klotz: "Viele natürliche Kältemittel sind brennbar oder toxisch, zudem wirken alle Kältemittel im Fall einer Freisetzung sauerstoffverdrängend."

Mittelfristig werden aufgrund der EU-Verordnungen Kältemittel mit einem niedrigen GWP (Global Warming Potential) zur Anwendung kommen müssen. Der Experte geht davon aus, dass sich in der Transportbranche die Hersteller von Kühlanlagen entweder auf das aus der Automobilindustrie bekannte R1234yf oder auf Propan setzen werden, da CO2 als Kältemittel in dieser Anwendung weniger effizient ist - wobei eine eindeutige Tendenz bei den Herstellern noch nicht erkennbar sei.

Fahrer reguliert die Temperatur
Fahrpersonal muss im sicheren Umgang mit Kältemitteln geschult sein
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Sicherheit im ganzen Lebenszyklus

Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen wurde im Oktober 2024 die DIN EN 17893:2024-10 veröffentlicht, die den vermehrten Einsatz von brennbaren und natürlichen Kältemitteln in Kühl- und Heizeinrichtungen für Transportkälteanlagen behandelt - wobei sich die Norm vor allem mit den spezifischen Anforderungen an mobile Anwendungen befasst. TÜV SÜD hat in den letzten drei Jahren auf nationaler und europäischer Ebene bei der Entstehung dieser Norm mitgearbeitet.

Die DIN EN 17893:2024-10 beschreibt die Vorgehensweise bei der Risikobeurteilung für Hersteller, Betreiber und Service- bzw. Wartungsfirmen, die zukünftig derartige Kompressionskälteanlagen mit brennbaren Kältemitteln bereitstellen, betreiben sowie Wartungen und Reparaturen an diesen Einrichtungen durchführen. Dabei stützt sich die neue Norm auf die Inhalte von bekannten Normen und sicherheitstechnische Regeln wie die DIN EN 378-2 (harmonisierte Norm mit der Maschinenrichtlinie und der Druckgeräterichtlinie).

"Damit ist der Hersteller von Kälteanlagen, aber auch der Fahrzeughersteller, der üblicherweise das komplette Fahrzeug einschließlich der Kälteanlage in Verkehr bringt, für den sicheren Umgang im gesamten Lebenszyklus verantwortlich, was unter anderem auch eine Anbringung von Warnzeichen beinhaltet", erklärt Klotz. "Hinzu kommt die Verantwortung des Betreibers als Arbeitgeber, die in der Betriebssicherheitsverodnung geregelt ist." So müssen Spediteure und Werkstätten beispielsweise ihr Fach- und Fahrpersonal im Umgang mit natürlichen Kältemitteln schulen und die entsprechende Ausrüstung zur Verfügung haben.

Die Schulungen sind laut Klotz wichtig, da Kühlfahrzeuge häufig in geschlossenen Räumen gewartet, gewaschen, beladen und abgestellt werden und da auch der Beförderungsraum in der Regel sehr gut geschlossen ist.

"Wenn beispielsweise ein Stapler beim Beladen gegen den Verdampfer fährt und diesen beschädigt, kann brennbares Kältemittel austreten und in Verbindung mit Zündquellen zur Gefahr werden", so der Experte.

Aber die aktuellen EU-Verordnungen definieren nicht nur Anforderungen an brennbare Kältemittel, sondern verschärfen auch die Vorgaben für mobile Kälteanlagen mit "F-Gasen" als sogenannte Sicherheitskältemittel. Konkret bedeutet das: "Die Betreiber der meisten Transportmittel mit solchen Einrichtungen sollten regelmäßige Dichtheitskontrollen durchführen respektive ergänzend Leckage-Erkennungssysteme einbauen und fluorierte Treibhausgase bei mobiler Ausrüstung dieser Art rückgewinnen. Bei den aufgeführten mobilen Einrichtungen muss unmittelbar nach einer Reparatur eine Dichtheitskontrolle durchgeführt werden."

Mit anderen Worten: Für die aktuell noch verwendeten F-Gase in mobilen Kälteanlagen werden besondere Anstrengungen von den Betreibern verlangt.

Andreas Klotz
Andreas Klotz, Seniorexperte für Kälte- und Klimatechnik bei der TÜV SÜD Industrie Service GmbH
© Foto: privat

Empfehlung von Weitsicht

Die Botschaft von Klotz ist klar: "Spediteure und Werkstätten müssen schon in der aktuellen Umstellungsphase auf natürliche Kältemittel darüber nachdenken, wie sie ihre Kühlanlagen künftig sicher, rentabel und rechtskonform betreiben können und wie sie sich durch eine entsprechende Qualifizierung ihres Personals darauf vorbereiten."

Neben einem langfristigen Investitionsplan rät er dazu, sich bei Fragen an die jeweiligen Hersteller der Kühlanlagen zu wenden.


TÜV SÜD Ansprechpartner

TÜV SÜD Industrie Service GmbH
Leiter ATP-Prüfstelle
Jermaine de Geus
Tel.: +49 8142 4461-400
E-Mail: atp-pruefstelle@tuvsud.com



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