Wie Riskmanagement Kfz-Prämien senken kann

Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) rechnet damit, dass die Kfz-Versicherer in diesem Jahr einen Verlust von bis zu zwei Milliarden Euro machen könnten. 2023 lag der Verlust bei über drei Milliarden Euro. Grund dafür seien die steigenden Reparaturkosten. Wie beeinflusst das die Prämien? Das entscheide jeder Versicherer individuell, erklärt der Verband. "Selbstverständlich gibt es einen Zusammenhang zwischen der Entwicklung von Schäden und den Beiträgen für eine Kfz-Versicherung", erläutert GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen. Zudem erwarte die Versicherungsaufsicht BaFin, dass die Schadeninflation bei der Kalkulation der Prämien angemessen berücksichtigt wird. Von im Allgemeinen steigenden Prämien auch im Bereich des Lkw-Markts geht Versicherungsmakler Schunck aus. Wobei es auf den Einzelfall ankommt, wie hoch diese ausfallen könnten. Lkw-Prämien oft individuell "Die ersten Signale der Versicherer gehen dahin, dass sie Prämien anpassen. Allerdings muss man berücksichtigen, dass wir uns im gewerblichen Bereich sehr häufig im individualen Berechnungsbereich bewegen", so André Vieregge, Leiter Mobility Services des Maklers. Flotten ab 20 ziehenden Einheiten würden dabei anhand ihrer individuellen Schadenquoten und Risiken berechnet und eingestuft. Man betreue auch Unternehmen mit kleineren Flotten, in denen Beitragsanpassungsklauseln oder Schadenfreiheitsrabatte eine Rolle spielen, aber das sei nicht das Gros des Geschäfts. Dass die Prämienanpassung im Lkw- und Flottensegment sehr individuell ist, betont auch Jan Dirk Dallmer, im Vorstand des Versicherers Kravag. Steigende Preise nicht das Einzige Abhängig davon, was ein Unternehmen in den vergangenen Jahren in Schadenverhütung investiert habe und wie viele Anpassungen im Versicherungsvertrag es vorgenommen habe, könne eine Prämienanpassung dieses Jahr im einstelligen Bereich liegen oder gegebenenfalls höher ausfallen. Das hänge von vielen Faktoren ab und lasse sich nicht pauschal sagen. "Ich erwarte im Schnitt über unser gesamtes Portfolio eine Prämienanpassung im zweistelligen Prozentbereich", so Dallmer. "Wie hoch diese konkret ausfällt, kann ich noch nicht sagen, dafür ist das Jahr noch zu jung." Verschärfend zu den steigenden Preisen unter anderem von Ersatzteilen sowie Stundensätzen "beobachten wir eine massiv ansteigende Schadenhäufigkeit". Die Schadenfrequenz und Schadeninflation betreffe alle, daher werde man - wie der gesamte Markt - auch nicht an einer Preisanpassung vorbeikommen. "Es ist wichtig und unsere Aufgabe - egal ob als Makler oder Riskmanager -, die Kunden auf die Realitäten hinzuweisen: Die Verkehrsleistung wächst, das Straßennetz wächst aber nicht mit", betont Klaus Berger, Geschäftsführer RMsecur, der Risikomanagement-Tochter von Schunck. "Das Risiko steigt also automatisch, ob wir wollen oder nicht." Ein weiterer Punkt: Viele erfahrene Fahrer gehen in den nächsten zwei bis drei Jahren in Rente. Inwieweit sich diese qualitativ ersetzen lassen, sei oft eine Sorge von Unternehmen. Und dann wäre da noch das Thema Inflation. Eine grobe Regel laut Berger: Allein um eine Kostenparität zu erreichen, müsse man 30 Prozent Schäden im Vergleich zu früheren Jahren vermeiden. Strategien müssten daher langfristig angelegt sein. Möglichkeiten individuell "Wir sind kein Freund davon, jedes Jahr den Versicherer zu wechseln", betont Vieregge. Man sollte den Versicherer mit Bedacht wählen. "Es geht um Serviceleistungen, es geht um Preisstabilität. Diese erreichen Sie aber nur dann, wenn Sie eine gewisse Historie bei einem Versicherer haben." Denn wenn man mal ein Jahr mit mehr Schäden beim Bestandsversicherer habe, habe der Makler eine ganz andere Verhandlungsbasis, sodass die Anpassung nach oben vielleicht nicht so stark ausfalle. Es gebe viele Möglichkeiten, bei steigenden Prämien gegenzusteuern, ergänzt Dallmer. "Die meisten Unternehmer kennen und nutzen diese." Egal, ob es darum geht, Selbstbehalte anzupassen oder dort je nach Fahrzeuggruppe zu differenzieren. Oder zu prüfen: Brauche ich eine Vollkasko, reicht eine Teilkasko oder gar nur eine Haftpflicht aus? Was im Einzelfall das richtige Vorgehen ist, lasse sich nicht pauschalisieren, betonen Vieregge und Dallmer. "Eine Selbstbeteiligung im Haftpflichtbereich ist eine Möglichkeit, aber in dem Fall muss man auch sein Schadenmanagement im Griff haben, um hier aktiv steuern zu können", so Vieregge. Gleiches gelte für Schadenaggregate, egal ob quotenabhängig oder fix. Bei diesem System legen die Parteien eine bestimmte Summe fest, die der Betrieb pro Jahr selbst für die Schadenregulierung ausgibt. "Gerade bei quotenabhängigen Aggregaten sollte ich gewisse Parameter erreichen, damit meine Belastung nicht zu groß wird." Das funktioniere nicht, wenn ein Unternehmen dies zwar vereinbare, aber nicht in irgendeiner Form begleite und controle. Nicht nur die Prämie im Blick "Sprechen Sie Ihren Versicherungspartner oder Ihre Straßenverkehrs-Genossenschaft an", rät Dallmer außerdem. "Sie können helfen und Türen öffnen. Wir haben hier ganze Einheiten, die beraten und helfen, Risiken zu reduzieren." Es sei wichtig, einen Makler mit einer guten Performance im Hintergrund zu haben, so Vieregge. Schunck berate im Bereich Riskmanagement, analysiere aber auch schon vorher Schadenstatistiken und weise auf Problematiken hin. Man spreche die Schadenquoten regelmäßig durch. Berger gibt zu bedenken: "Prämientechnisch kann ich alle möglichen Konstrukte realisieren, in allen möglichen Varianten. Als Fuhrparkbetreiber muss ich aber die Total Cost of Risk im Blick haben." Es gelte auch Kosten rund um das Thema Fuhrpark und Schaden zu beachten, nicht nur die versicherten Schäden. Schulungen einfache Stellgröße Selbst ein Unternehmer mit fünf Lkw könne schon einfache Maßnahmen im Bereich des Risikomanagements ergreifen und so die Unfallgefahr reduzieren, meint Dallmer. Das könnten zum Beispiel regelmäßige Schulungen sein: zu Alkohol, zu Geschwindigkeit, zu Abständen, zu Lenk- und Ruhezeiten, zum toten Winkel. "Wir wissen, dass Unternehmen deutlich reduzierte Schadenquoten erreichen, wenn die Fahrer die Höchstgeschwindigkeiten einhalten." Auch für eine erholsame Nachtruhe der Fahrer zu sorgen, sei ein Punkt. Die Kravag biete zudem bei einer Vollkaskoversicherung ohne Aufpreis das Produkt Kravag b+a, kurz für Bergen und Abschleppen. "Wenn wir schnell angerufen werden, können wir direkt mit unserer Mannschaft einsteigen. Je schneller und einfacher ein Schaden abgewickelt werden kann, desto besser ist es nachher für die Versicherungsprämie." Mit professioneller Hilfe Schadenverhütungs-Maßnahmen wirken sich im Individualbereich, also bei größeren Flotten, schneller und direkter auf die Prämie aus, so Dallmer. Aber auch für Kunden mit kleineren Flotten können sich diese rentieren. Pauschalisieren lasse sich dies nicht. "Ich kann einen Möbeltransporteur nicht mit einem Schüttgut- oder Öltransporteur vergleichen." "In der aktuellen Zeit, bei derzeitiger Inflation und Schadenhäufigkeit, würde ich sagen: In der Mehrheit der Fälle führt auch ein massives Schadenverhütungs-Management nicht dazu, dass die Prämien stabil gehalten werden können, weil die Inflation so massiv ist." Ausnahmen seien möglich. Das bestätigt auch Berger: "Ein Riskmanagement kann heutzutage nur noch im Ausnahmefall die Prämien senken." Es gehe längst nicht mehr um fünf Prozent Prämie nach oben oder unten. "Es geht um eine ganzheitliche Betrachtung des operativen Risikos." Denn jeder Unfall zieht weitere Kosten nach sich. "Nehmen Sie nur einmal das Beispiel Just-in-sequence- und Just-in-time-Transporte." Ab wann lohnt es sich, einen professionellen Riskmanager mit ins Boot zu holen? "Wir bieten es an ab 30 Lkw im Fuhrpark, ideal ist es ab 50 Lkw", sagt Berger. Man habe es auch schon mal bei einem Kunden mit 22 Lkw durchgeführt. Die Kosten seien schwer zu pauschalisieren, in das Honorar fließen verschiedene Faktoren mit ein. Berger nennt unter anderem: Anzahl Schäden, Anzahl ziehende Einheiten und deren Einsatz, Anzahl Fahrer pro Fahrzeug und Aufwand für den Riskmanager. "Wir empfehlen für ein Projekt zwei Jahre Laufzeit, Sie können den Vertrag aber auch nach einem Jahr beenden." Sehr verallgemeinert und zur groben Orientierung könne der Preis für ein Konzept inklusive IT-Nutzung zwischen 25 und 30 Euro im Monat pro Fahrer liegen. Erfolgsfaktoren berücksichtigen "Wir gehen davon aus, dass sich nach sechs bis zwölf Monaten das Konzept amortisiert hat. Nach einem Jahr sollten sich Schäden und alle damit verbundenen Kosten um zehn bis 30 Prozent reduziert haben. Mit einer Einschränkung: Das Zusammenspiel zwischen Kunde und Riskmanager muss passen, der Kunde muss mitmachen." Alle im Unternehmen müssten mit Überzeugung dabei sein, die notwendige Stringenz dürfe nicht fehlen. Auch müsse in Lösungen gedacht werden, nicht in Problemen. Man wolle beim Kunden eine kontinuierliche Sicherheitskultur implementieren: "Auch wenn etwas gut läuft, müssen wir darüber reden und dies adaptieren." Dallmer sieht ebenfalls einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess als Erfolgsfaktor bei der Schadenverhütung an. Wichtig sei aber auch eine gute Kommunikation mit dem Fahrer. "Es ist ein schmaler Grat." Der Fahrer dürfe keine Angst haben, Schäden wahrheitsgemäß zu melden, nur weil das Unternehmen sagt: Du darfst keine Unfälle machen. "Besser ist es zu sagen: Schadenvermeidung unbedingt, aber wenn was passiert, stehen wir hinter dir. Für die Schäden haben wir eine Versicherung." Wichtig bei einer Schadenregulierung und dem Abwehren unberechtigter Forderungen seien für den Versicherer nämlich wahre und klare Aussagen. Auch mit wenig Geld möglich Und was bietet sich für den kleinen Geldbeutel an? Dallmer empfiehlt neben Fahrerschulungen, dem Einhalten von Lenkzeiten und einer angemessenen Geschwindigkeit auch das Anschaffen von Fahrzeug-Assistenzsystemen. Man solle als Unternehmen aber immer darauf achten, dass diese vom Fahrer nicht ausgeschaltet werden. Berger empfiehlt neben einer Schadenbegleitung zudem, eine Kommunikation zu Schadenfällen über verschiedene Abteilungen hinweg einzurichten. Erhält der Fahrer vernünftige Informationen aus der Disposition, um unfallfrei zu arbeiten? Sind in den Tour- und Planungsprogrammen die richtigen Faktoren in den Stammdaten hinterlegt? Werden die Informationen des Auftraggebers hinterfragt und geprüft, ob diese überhaupt stimmen können? Lässt sich der Druck auf den Fahrer reduzieren? Auch beim Einstellen und einem vernünftigen Einarbeiten neuer Fahrer könne man einiges tun.

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