VW Typ 2 T2

VW Typ 2 T2 Ein treuer Freund nimmt Abschied Nach 56 Jahren endet die Produktion des „Nuova Kombi“, wie der VW Typ 2 T2 in Brasilien heißt. Fehlendes ABS und Airbags machen eine Zulassung ab 2014 unmöglich. Die Fans trauern um ein ganz besonderes Auto. Kinder, wie die Zeit vergeht! War doch erst gestern, wo ich als Jungspund in Uniform im olivfarbenen T2 mit asthmatischem 50-PS-Boxer Kameraden zum Manöver expedierte. Und der bunt mit Blumen bemalte „Bulli“ mit seiner Hippie-Besatzung in Woodstock ist doch auch noch lebhaft in Erinnerung. Von wegen gestern. 1979 endete die Ära T2 in Deutschland – nur in Brasilien ist der „Kombi“ noch Gegenwart. Noch! Denn auch diese Ära ging am 20. Dezember zu Ende. Dann rollte der letzte „Nuova Kombi“, wie er auf dem anderen Kontinent heißt, vom Band. Das beliebte Allzweckmobil ist nicht mehr zeitgemäß. Zum Abschied spendierte VW do Brazil den Fans eine auf 1200 Fahrzeuge limitierte „Last Edition“. Viele Extras, aber 27.000 Euro teuer In Südamerika wird der VW Bus nun auch schon seit 1959 gebaut. Er spielte stets die Rolle des zuverlässigen Lastentiers, billig im Unterhalt und einfach zu reparieren. Unter der Woche schleppt er Farbeimer, Werkzeug und schon mal Paletten. Am Wochenende hieß es mit je zwei Schrauben die Sitzbänke montieren und aus dem Lastenesel wurde ein Kleinbus. Diese Universalität liebten die Benutzer in Europa und in Südamerika gleichermaßen. Zum Abschied putzte sich der „Nuova Kombi“ noch mal richtig heraus. Die Zweifarblackierung in pastellblau und weiß setzt sich auf den Sitzen im Innenraum fort. Als letzter seines Standes trägt er Teppich statt Gummimatten. Sogar das noch immer über dem Motorraum stehend angebrachte Reserverad hat VW in eine graue Hülle verpackt. Zeichen wahren Luxus ist das CD-Radio mit MP3-Anschluss, wo sonst nur eine Plastikblende das Armaturenbrett ziert. Das zentrale Rundinstrument kennen viele noch aus dem seligen Käfer – aus einer Zeit, wo man nicht mehr wissen musste als die aktuelle Geschwindigkeit. Nach 56 Jahren Produktionszeit gilt für den Kombi noch immer das „Keine-Konstruktionsprinzip“: keine Heizung, keine Klimaanlage, keine Dreipunktgurte auf den hinteren Plätzen, keine elektrisch bedienbaren Fenster oder Außenspiegel ... Der Kombi ist eine ehrliche Haut. Was nicht da ist, kann nicht kaputtgehen. Und dass nach fast 60 Jahren Produktionszeit die Werkzeuge etwas „ausgelutscht“ sind, zeigt sich an Blechkanten, die wie mit der Schere abgeschnitten wirken. Es manifestiert sich an Fensterverriegelungen, die nicht mal neu richtig schließen, oder an Scheiben, die fleißige Werker noch mit Kordel und ohne Dichtmasse einziehen. Geschenkt! Was uns beim neuen T5 in den Reklamationswahn treiben würde, geht beim T2 als Charakter durch. Dazu gehört auch ein Reihenmotor, dessen dumpfer Auspuffklang noch ganz entfernt an die alten Boxer erinnert – nur, dass beim Bi-Fuel-Aggregat nicht mehr der dritte Zylinder den Hitzetod stirbt. Mit Ethanol befeuert und immerhin 80 Pferdestärken leistend, schwingt sich der Kombi zu über 120 km/h auf – mehr, als in Brasilien überhaupt erlaubt ist. Die miserablen Straßen wie auch die zahlreichen „toten Polizisten“ – die künstlichen Bodenwellen zur Geschwindigkeitsreduzierung – bügelt die Federung des T2 locker weg. Noch immer mit Bundbolzen-Achse und Torsionsfedern ausgerüstet, pflügt der VW über Federwege, die manchem Geländewagen zur Ehre gereichen würden. Ein Schiff steuert exakter Die Lenkung ist noch ungenauer als früher. Nach dem Dreh am Volant passiert erst mal nichts. Dann lenkt der Fahrer nach, die Räder greifen, der Bulli schlägt einen Haken. So fährt sich der T2 irgendwie eckig. Und wenn‘s geradeaus geht, heißt es trotz neuem Motorkonzept noch immer: Drehzahl! Der Zweiventiler braucht Touren, vor allem wenn er die 1000 Kilo schleppen muss, für die ihn seine Fans so schätzen. Ein Abenteuer ist geblieben: die Suche nach dem passenden Gang. Wegen des im Heck sitzenden Getriebes mit seiner ausgeleierten Schaltstange ist der Wechsel nach wie vor ein Ratespiel. Wäre der Nuova Kombi „Last Edition“ nicht so teuer, ich hätte mir noch gerne einen gesichert. Irgendein TÜV-Prüfer hätte Erbarmen gehabt und ihn per Einzel-Zulassung für den deutschen Verkehr tauglich gemacht. Der Letzte der 1200er-Sonderserie tritt aktuell seine Reise nach Hannover ins VW Nutzfahrzeug-Museum an. Für alle anderen bleibt nur die Erinnerung an olive Bullis, Flower-Power-T2 und eine Zeit, in der scheinbar alles besser war. „Até à vista“, alter Freund. ❙❚■ Gerhard Grünig Produktion des „kombi“ in Sao Paulo Immer noch rund 25.000 verkaufte Fahrzeuge pro Jahr Die Produktion des „Nuova Kombi“ endet nicht wegen sinkender Nachfrage – 2013 wurden nach Hochrechnungen noch einmal knapp 25.000 Fahrzeuge produziert. Vielmehr gibt es keine wirtschaftlich vertretbare Lösung, die ab 1. Januar 2014 vorgeschriebenen Airbags nachzurüsten. Noch bis 20. Dezember entstanden täglich rund 150 Fahrzeuge, gefertigt von 350 Mitarbeitern im Karosseriebau sowie weiteren 350 in der Produktionsstraße. Das aktuelle Modell entspricht mit Ausnahme der Antriebseinheit weitgehend dem bei uns bis 1978 gebauten T2 – nachdem bis 1995 in Brasilien ein Mix aus Seitenwänden des Vorgängers T1 sowie der Front und des Unterbaus des T2 entstanden sind. 1995 endete die Produktion in Mexiko, die Fertigungsanlagen wurden in Brasilien aufgebaut und der Brasilien-T2 hatte nun auch das charakteristische Hochdach. Im Dezember 2005 endete – nach einem eher erfolglosen Versuch auch einen Diesel anzubieten – die Produktion des Boxermotors. Seitdem sorgt ein 1,4-Liter Vierzylinder-Reihenmotor mit 80 PS für Vortrieb. Besonderheit: Der Motor verträgt Alkohol (Ethanol) und Benzin. Insgesamt entstanden in allen Werken rund 3,9 Millionen „Bullies“, davon in Brasilien 1,2 Millionen. Bei den leichten Nutzfahrzeugen liegt der umgerechnet rund 16.000 Euro teure Nuova Kombi immer noch auf Platz sechs der Zulassungsstatistik. VW do Brasil fertigt in Sao Paulo rund 1600 Fahrzeuge insgesamt pro Tag, ist größter Hersteller Südamerikas und mit 18,7 Prozent Marktanteil Nummer zwei in Brasilien – hinter Fiat. gg technische daten Motor Vierzylinder-Reihenmotor, Multipoint-Kraftstoffeinspritzung; Flexfuel-Motor für wechselweisen Betrieb mit Ethanol (80 PS, 132 Nm) oder Benzin (78 PS, 130 Nm); zwei Ventile pro Zylinder, Ventiltrieb über Zahnriemen; Hubraum: 1390 cm3, Bohrung x Hub: 76,5 x 75,6 mm; Verdichtung: 10,5:1; max. Leistung bei 4800/min, max. Drehmoment bei 3800/min Kraftübertragung manuelles Viergang-Schaltgetriebe, Spreizung: 3,77 bis 0,81 (Rückwärtsgang: i=3,28); Achsantrieb: i=5,5; Heckmotor mit Heckantrieb Fahrwerk & Bremsen vorn: Einzelradaufhängung an Doppelkurbellenkern (Bundbolzenachse), Drehstabfedern, Stabi, hinten: Schräglenkerachse, Drehstabfederung, Stabi; Reifen: 185 R 14 auf Stahlfelge 5 J x 14, Scheibenbremsen vorne, Trommeln hinten Maße & Gewichte L x B x H: 4505 x 1720 x 2040 mm, Radst.: 2400 mm; Wendekreis: 12,0 m, zul. GG: 2250 kg, Leergewicht (Kastenwagen / Last Edition): 1200 / 1300 kg, Nutzlast: 1050 / 950 kg Messwerte Beschleunigung 0-100 km/h: 18,0 s; Höchst-geschwindigkeit: 122 km/h Fahrbericht Fahrbericht

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