Aus Sicht mehrerer Verkehrsverbände kommen Bund und Länder mit der Reaktivierung einst stillgelegter Bahnstrecken weiterhin kaum voran. Seit der Bundestagswahl im vergangenen Jahr sei bislang "kein einziger Kilometer Schienenstrecke in Deutschland" reaktiviert worden, sagte Dirk Flege, Geschäftsführer des Interessenverbands Allianz pro Schiene am Montag in Berlin. "Das ist ein sehr ernüchterndes Signal, auch vor dem Hintergrund der Koalitionsvereinbarung, die unmissverständlich und ohne Einschränkung sagt: "Wir werden Strecken reaktivieren"."
Einer der Gründe: Länder und Kommunen haben laut Flege in diesem Jahr zunächst auf eine neue rechtliche Grundlage für die Kosten-Nutzen-Rechnung für die Wiederertüchtigung alter Schienenwege gewartet, die im Juli in Kraft getreten sei.
Flege bewertete diese als Fortschritt gegenüber älteren Regelungen und geht davon aus, dass zum Fahrplanwechsel im Dezember in diesem Jahr doch noch einige Strecken reaktiviert werden. Dazu gehörten etwa jeweils ein Kilometer lange Abschnitte im brandenburgischen Beelitz sowie im niedersächsischen Einbeck. "Wir rechnen aber auch im Dezember nur mit einer einstelligen Kilometerzahl von reaktivierten Strecken", sagte er.
Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) schlägt in einer aktualisierten Broschüre bundesweit insgesamt knapp 280 sogenannte entwidmete Strecken mit einer Gesamtlänge von knapp 4600 Kilometern vor, die für eine Reaktivierung in Frage kämen. Aus Verbandssicht könnten auf diese Weise Hunderttausende Menschen wieder ans Schienennetz angebunden werden und das Angebot auf der Schiene deutlich verbessert werden.