"Das Problem ist, dass viele Betriebe die Wichtigkeit eines effizient organisierten Lagers massiv unterschätzen. Ein schlecht organisierter Lagerbereich zieht sich wie ein Rattenschwanz durch das gesamte Unternehmen", sagt Doris Paulus. Sie konnte bereits über 400 Betrieben bei der Optimierung ihrer Lagerstruktur helfen. Sie verrät, welche Auswirkungen eine ungünstige Lagerstruktur auf den Betrieb haben kann und wie es richtig geht.
Diese Rolle spielt das Lager
Kleine und mittelständische Unternehmen arbeiten häufig nach einem ähnlichen Prinzip: Sie kaufen Material ein, verarbeiten dieses zu einem Endprodukt und verkaufen es dann wieder. Mindestens nach der Materialbeschaffung findet ein Zwischenstopp im Lager statt, das deshalb meistens gut gefüllt ist. Organisiert sind die Betriebe in Bezug auf ihr Material in der Regel nach dem Kanban-System. Bei diesem System sind die Produktion und die Bestellung von Material eng aneinander gebunden. Das bedeutet: Sobald eine bestimmte Anzahl von Endprodukten hergestellt wurde, werden die nächsten Zwischenprodukte aus dem Lager geholt. Wenn dort wieder Platz ist, kann Material A und B in die Produktionsstätte gebracht werden, um neue Zwischenprodukte herzustellen. Sobald der Bestand von Material A oder B unter eine festgelegte Größe fällt, wird nachbestellt.
Deshalb ist die Ist-Situation nicht zufriedenstellend
Die Betriebe arbeiten also nach dem Kanban-Prinzip, doch die IT-Systeme, mit denen gearbeitet wird, sind häufig nicht Kanban-geeignet. So passiert es, dass zahlreiche Betriebe sich mit dysfunktionalen Prozessen in ihren Branchenprogrammen herumschlagen müssen. Ein Beispiel soll die fatale Situation verdeutlichen: In einem Betrieb gibt es Arbeitsvorbereiter oder Projektleiter. Diese bestellen Material beim Lieferanten. Um zu prüfen, ob ihr bestelltes Material gekommen ist, laufen sie mindestens einmal täglich an die Warenannahme und schauen dort nach ihrem Material. Erst wenn das geliefert wurde, können sie die Termine für ihre Projekte planen. Auch die Ware, die die Monteure für ihre aktuellen Aufträge benötigen, suchen die Arbeitsvorbereiter oder Projektleiter selbst häufig erst jetzt zusammen - schließlich wissen sie sowohl, was für die einzelnen Monteure gepackt werden muss, als auch, wo diese Artikel zu finden sind. Wenn die Monteure am Ende des Tages von ihren Aufträgen zurückkehren, spricht der Arbeitsvorbereiter mit den Monteuren über die letzten Punkte und ruft für die Retourenabwicklung den Lieferanten an.
Das Beispiel verdeutlicht alle fehlerhaften Prozesse, die zahlreiche Betriebe täglich machen - und die sie unter Umständen und je nach Betriebsgröße jährlich sechsstellige finanzielle Einbußen kosten können. Ganz abgesehen davon, dass zahlreiche Arbeitsvorbereiter oder Projektleiter aufgrund dieser Organisation völlig überlastet sind. Schließlich sind sie das Nadelöhr im Betrieb, der Posten, an dem sich die Anfragen sammeln. Um dem nur ansatzweise nachzukommen, laufen sie häufig den ganzen Tag durch die Firma – und sind dabei wegen des Drucks von allen Seiten nur einen Schritt vom Burn-out entfernt. Wie kann man diesen fehlerhaften Prozessen nun entgegenwirken?
So können Betriebe ihre dysfunktionalen Strukturen auf Vordermann bringen
Das Ziel aller Maßnahmen muss es grundsätzlich sein, den Arbeitsvorbereiter oder Projektleiter zu entlasten. Wenn er seiner eigentlichen Aufgabe nachkommen kann – nämlich dem Planen von Aufträgen – , erhöht sich automatisch die Anzahl der durchgeführten Aufträge und damit auch der Gewinn des Unternehmens. Wichtig ist deshalb, dass sie nur noch das Material bestellen, das für ihre Projekte benötigt wird. Das sind höchstens rund 20 Prozent von dem, was bisher bestellt wurde. Diese Bestellung soll zudem so erfolgen, dass der Arbeitsvorbereiter oder Projektleiter dafür nicht im Lager erscheinen muss. Außerdem sollten Unternehmen folgende Umstrukturierungen in ihrem Lager vornehmen: