Berlin. Studenten, die auf die Straße gehen, um sich Gehör zu verschaffen. Studenten, die ausrücken, um die Welt ein wenig besser zu machen. Studenten, die studieren, um eine gebildete Persönlichkeit zu werden. Ja, gibt es! Allerdings immer seltener – zumindest vermitteln viele Ergebnisse des aktuellen Studierendensurvey diesen Eindruck. Bundesbildungsministerin Johanna Wanka stellte diesen Ende 2014 in Berlin vor. Befragt wurden für die Studie knapp 5000 Studenten an 25 Hochschulen im vergangenen Jahr. Bereits seit den frühen 1980er-Jahren wird die Untersuchung regelmäßig durchgeführt.
Schaut man sich beispielsweise das Thema „Nutzenerwartungen an ein Hochschulstudium an“, fällt sofort auf, dass junge Leute von ihrem Studium vor allem eines erwarten: einen sicheren und interessanten Arbeitsplatz. Seit 2001 haben außerdem zwei Erwartungen besonders stark zugenommen. Zum einen ist es die Aussicht auf ein gutes Einkommen. Diese ist um 16 Prozent auf mittlerweile 58 Prozent gestiegen.
Und: Während 2001 lediglich 26 Prozent der Studierenden einen sehr großen Nutzen in der Chance sahen, zur gesellschaftlichen Verbesserung beitragen zu können, so sind es im Jahr 2013 immerhin 43 Prozent! „Diese Entwicklung widerspricht Annahmen, dass die Bereitschaft zur öffentlichen Verantwortung unter den Studierenden in den letzten Jahren zurückgegangen sei“, heißt es im 12. Studierendensurvey. Gleichzeitig bestätigt sie aber, dass für Studierende heute immer öfter materielle Aspekte und ideelle Aspekte nicht mehr gegensätzlich sind. Sie werden vielmehr gleichermaßen wichtig genommen. Übrigens strebt nur die Hälfte der Studenten (51 Prozent) das klassische Ziel einer humanen Bildung an und damit, „eine allgemein gebildete Persönlichkeit zu werden“. 75 Prozent studieren auch, um „mehr über das gewählte Fachgebiet zu erfahren“. Und eine „gute wissenschaftliche Ausbildung“ erwarten 67 Prozent.
Da viele junge Menschen ihr Studium vor allem im Hinblick auf das bewerten, was danach auf dem Arbeitsmarkt für sie „herausspringt“, verwundert es nicht, dass die Abschlussnote für sie besonders wichtig ist. An den Fachhochschulen hat die Abschlussnote für die Studierenden allerdings eine nicht ganz so große Bedeutung wie an den Universitäten. Drei weitere Strategien stufen Studierende für die berufliche Zukunft als besonders nützlich ein: Fremdsprachen erwerben, Arbeitserfahrungen außerhalb der Hochschule sammeln und nach dem Bachelorstudium einen Masterabschluss erlangen. Auch der Wunsch nach einem stärkeren Praxisbezug zeigt, dass das Studium vor allem als Sprungbrett ins Arbeitsleben betrachtet wird. Deshalb fordert Wanka „mehr Praxiselemente in den Studiengängen“ (siehe unten).
Viele studieren gerne
Alles in allem sind die meisten Studenten laut der Untersuchung mit der Situation an den Hochschulen zufrieden. 73 Prozent der Befragten gaben an, gerne zu studieren. Das liegt sicherlich auch daran, dass die Qualität der Lehre und des Lehrangebots aus Sicht der Studenten gut ist. Rund 67 Prozent der Befragten beurteilten Aufbau und Struktur ihres Studiengangs positiv, 2001 waren es nur 54 Prozent. Auch mit den Lehrveranstaltungen sind 65 Prozent der Studenten zurfrieden, 2001 waren es 46 Prozent.
Unter die Lupe genommen wurde im Rahmen des Studierendensurvey auch die politische Einstellung der Studenten. Erklärten sich 2001 noch 45 Prozent der Befragten als politisch sehr stark interessiert, waren es 2013 nur noch 32 Prozent. Auf relativ wenig Interesse stößt auch die studentische Politik an der eigenen Hochschule – zum Bedauern von Bundesbildungsministerin Wanka.
Das sagt Bundesbildungsministerin Johanna Wanka
„Der Studierendensurvey ist ein wichtiges Barometer dafür, wie die Hochschulpolitik bei den Studentinnen und Studenten ankommt. Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass die vom Bund geförderten Programme wie etwa der Hochschulpakt oder der Qualitätspakt Lehre geholfen haben, die Studiensituation an den Hochschulen zu verbessern.“
„Gleichzeitig gibt der Survey wichtige Hinweise, in welchen Bereichen die Hochschulen noch differenzierter nachsteuern müssen, etwa durch mehr Praxiselemente in den Studiengängen.“
„Dieser Befund ist sehr bedauerlich. Gerade zum 25. Jahrestag des Mauerfalls möchte ich eindringlich an die junge Generation appellieren, die politische Freiheit in unserem Land zu nutzen und gerade auch für die Belange von Studierenden aktiv zu werden.“
(Die aktuelle Befragung zeigt unter anderem auch, dass das allgemeine politische Interesse unter jungen Leuten zurückgeht. Mit diesen Worten kommentierte Johanna Wanka die Entwicklung.) (ts)