Rekordmesse trotz Lokführerstreik

Obwohl die Lokführer während der gesamten Messezeit von Dienstag bis Freitag streikten, strömten so viele Logistikinteressierte wie noch nie zur Transport Logistic. Nur am ersten Messeund Streiktag war es in den Hallen gefühlt etwas ruhiger. Nach vier Tagen schloss die Leitmesse für Transport und Logistik aber mit einem neuen Besucherrekord: Mehr als 55.000 Fachbesucher (2013 waren es 52.308) aus 124 Ländern bescherten der Messe trotz Streik ein Plus von über fünf Prozent. Ebenfalls ein Allzeithoch erreichten die Münchner bei den Ausstellern: Mit 2050 Unternehmen aus 62 Ländern präsentierten sich noch einmal 1,8 Prozent mehr Produktanbieter. Das alle zwei Jahre stattfindende Branchentreffen zeigte sich damit erneut resistent gegen negative äußere Einflüsse. Schon im Wirtschaftskrisenjahr 2009 beeindruckte die Transport Logistic mit steigenden Besucher- und Ausstellerzahlen, während anderswo Messen sogar abgesagt werden mussten. "Der deutliche Besucherzuwachs, vor allem aus dem Ausland, unterstreicht den Stellenwert der internationalen Leitmesse", freut sich der neue Messe-Geschäftsführer Stefan Rummel. Die internationale Transport- und Logistikbranche lasse sich auch von einem Bahnstreik nicht aufhalten, nach München zu kommen, so Rummel weiter. Neben politischen Forderungen (siehe Seite 31) und Neuerungen bei den Fahrzeugherstellern (siehe Seite 55) gab es in München auch einiges Neues bei den Logistikdienstleistern und vor allem bei den IT-Anbietern zu sehen. Kooperation der Kooperationen Während einige Dienstleister erweiterte Angebote für die Endkonsumentenbelieferung im Gepäck hatten (siehe VR 17, 18 und 19), betonten andere die Bedeutung von Partnerschaften: So besiegelten beispielsweise die drei Speditionskooperationen ILN, STAR und VTL die "Kooperation der Kooperationen". Die drei Geschäftsführer Jens Bottenhorn (STAR), Andreas Jäschke (VTL) und Hubert Staroske (ILN) unterzeichneten hierzu in München einen Vertrag. Die drei Speditionsverbünde versprechen sich durch die strategische Allianz insbesondere die gegenseitige Unterstützung bei etwaigem Depot-Ausfall eines Netz-Partners. Herausragendes gemeinsames Ziel der Kooperation ist es zudem, im gemeinsamen Zusammenspiel die Sendungsmengen und die Abfahrtsdichte im gemeinsamen Europanetz weiter zu erhöhen. Die drei Stückgutnetze, aber auch ihre Partner, sollen allerdings nach wie vor rechtlich eigenständig am Markt tätig sein. Dass es ohne Allianzen in einer globalen Logistik nicht geht, zeigen auch die Chinazüge von DB Schenker Rail. Ohne die weißrussische, russische und chinesische Staatsbahn (Nordroute) wären diese Züge nicht denkbar. Das Gleiche gilt für die Südroute zwischen Europa und China, auf der zudem die kasachische Staatsbahn für den Zug verantwortlich ist. Karl-Friedrich Rausch, Vorstand Transport und Logistik im DB-Konzern, lobte in München ausdrücklich die Leistungen der anderen Staatsbahnen und nannte es auch ihr Verdienst, dass mittlerweile 300 Züge pro Jahr (2014) auf dieser Strecke unterwegs sind, die die Distanz von über 10.000 Kilometern in durchschnittlich 17 Tagen zurücklegen. Rausch nannte als Ziel, einen stabilen Fahrplan auf dieser Strecke zu entwickeln mit täglichen Abfahrten, um so den Zug auch für Kunden interessant zu machen, die nur wenige Einheiten transportieren lassen wollen. Bis 2016 soll es so weit sein, sagte Rausch. Das digitale "Nichts" entdecken Wie ein roter Faden zog sich das Thema Digitalisierung durch die Messe. Die besondere Bedeutung für die deutsche Wirtschaft und damit auch für die Logistik betonte schon Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) in seiner Eröffnungsrede (siehe VR 19/2015, Seite 18). Das Besondere und zugleich Schwierige an diesem Thema: Es ist in großen Teilen unsichtbar. Bytes und Bits sind mit bloßem Auge meistens nicht zu erkennen. Sichtbar wurden die Veränderungen durchs Digitale aber am Messestand von DB Schenker. Auch wenn die Besucher zwei Mal hinsehen mussten, um das "Nichts" zu erkennen. Auf einem der größten Messestände in München gab es nämlich nahezu überhaupt kein Papier mehr. Prospekte, die in der Regel auf keinem Messestand fehlen, waren bei DB Schenker nicht zu sehen. "Wir wollten bewusst einen 100 Prozent papierlosen Messestand, da wir ganz klar auf Digitalisierung und Nachhaltigkeit setzen", so der Bahn-Konzern. Digitalisierung war auf der Messe aber nicht nur ein Thema für die Großen unter den Logistikdienstleistern. "Der Mittelstand wird hier oft unterschätzt, er hat eine hohe Datendurchdringung und Qualität", sagte Bernhard Wirth, CEO von DHL Freight in Deutschland. Ein Grund: Neue Technologien helfen auch den kleineren Unternehmen, in Sachen IT up-to-date zu sein. "Durch Smartphones und Apps ist es heute möglich, IT ohne großen Aufwand bis auf die Ebene des Lkw zu nutzen oder Lkw in IT-Systeme zu integrieren", sagte auch Jens Meier, Vorsitzender der Geschäftsführung der Hamburg Port Authority. Dass dies nicht nur Theorie, sondern schon teilweise Praxis ist, bewiesen die vielen kleinen Software-Lösungen, die es in den neun Münchner Messehallen zu entdecken gab. So zeigte Transporeon, wie mittels einer App für Lkw-Fahrer Verlader die Möglichkeit erhalten, den Zulauf von Sendungen unterschiedlicher Spediteure einfach zu erfassen und zu steuern. Die Telematik-Lösung des Ulmer IT-Unternehmens unterstützt eine Vielzahl von Funktionen im Auftragsmanagement und liefert vor allem Echtzeitinformationen über die geplante Ankunftszeit der Lkw. Das vor einem Jahr mit dem Pilotkunden Knauf Gips vorgestellte System befindet sich laut Transporeon nunmehr bei mehreren Verladern im Einsatz. Roboter überwacht Lager Klein und innovativ auch eine Lösung des noch jungen französischen Unternehmens EOS Innovation: Ein neuartiger Überwachungsroboter zum Beispiel für den Einsatz in Lagerhallen. Der "E-Vigilante" dreht nachts in einem festgelegten Bereich autonom seine Runden und gewährleistet laut Hersteller eine genaue Audio- und Videoüberwachung. Erkennt E-Vigilante ungewöhnliche Vorfälle oder nimmt unerwünschte Eindringlinge wahr, löst er Alarm aus. Durch den ständigen Kontakt über eine Schnittstelle zur Sicherheitsleitstelle wird der Vorfall gleichzeitig sofort an einen PC gemeldet und der Sicherheitsdienst kann entscheiden, was als Nächstes zu tun ist. In einigen Unternehmen in Frankreich und Belgien ist E-Vigilante bereits im Einsatz. Boom bei Logistikimmobilien Neben den Logistikdienstleistern und IT-Unternehmen gibt es weitere Profiteure der Digitalisierung: die Bauunternehmen. Denn der Bauboom bei Logistikimmobilien hält nahezu ungebremst an. Treibstoff für die Aktivitäten in Beton und Stahl sind das wachsende E-Commerce-Geschäft und das im Markt reichlich vorhandene Kapital in Verbindung mit niedrigen Zinsen. Daher haben Investoren die Lagerhallen als attraktives Anlageobjekt entdeckt. "Wir bauen auch wieder spekulativ oder gehen in große Built-to-Suit-Projekte", berichtete Thomas Karmann vom Immobilienentwickler Prologis auf der Messe. Vor allem spekulative Bautätigkeiten waren mit der Wirtschaftskrise 2009 völlig zum Erliegen gekommen. Dennoch baut Prologis insgesamt weniger. Hat das Unternehmen 2008 weltweit noch 240 Lagerhallen errichtet, sind es aktuell etwa 80 Hallen im Jahr. "Früher wurde zu viel und an den falschen Orten gebaut." Das viele Geld im Markt bleibt nicht ohne Folgen: "Die Einkaufspreise für Logistikimmobilien sind richtig deutlich gestiegen", hat Jan Dietrich Hempel, Vorstand beim Logistikimmobilienentwickler Garbe, beobachtet. Für Spediteure dagegen gibt es gute Nachrichten, die Mieten würden im laufenden Jahr wenn, dann nur moderat steigen. -- Logistik International - Partnerland China Deutsche und chinesische Logistiker treffen sich Die Logistics Alliance Germany (LAG) hat ihre Veranstaltungsreihe "Logistik International" fortgeführt: Während der Messe Transport Logistic in München lud die Vermarktungsinitiative unter dem Stichwort "Partnerland China" Vertreter der chinesischen und deutschen Logistikwirtschaft ein, um über Kooperationsmöglichkeiten zu sprechen. Zur Eröffnung des Abends begrüßte die parlamentarische Staatssekretärin Dorothee Bär (CSU) rund 100 Teilnehmer. LAG-Projektleiter Stefan Schröder stufte die Veranstaltung als Erfolg ein: "Wir sind mit der Resonanz auf die Veranstaltung und der Qualität der Gespräche sehr zufrieden." Er betonte, dass es bereits zur Absprache konkreter Logistikprojekte gekommen sei. Gäste des Abends waren auch unter anderem Vertreter der China Investment Promotion Agency CIPA. Sie waren bereits während des ersten Messetages mit der Fachveranstaltung "Zusammenarbeit im Rahmen Neue Seidenstraße" bei den Messebesuchern auf Interesse gestoßen. bb Mindestlohn Stückgutspediteure diskutieren über Mehrkosten Dem deutschen Stückgutmarkt drohen mittelfristig Mehrkosten. Das machte eine Podiumsdiskussion zu den Auswirkungen des Mindestlohns und der kommenden Neustrukturierung der Lkw-Maut deutlich, die der Speditionsverband DSLV auf der Messe organisiert hatte. Das seit Januar 2015 geltende 8,50-Euro-Gesetz führt demnach insbesondere im Bereich der Verteilerfahrten des Nahverkehrs zu höheren Lohnkosten. Das bestätigte Professor Dirk Lohre, Leiter des Steinbeis-Beratungszentrums Spedition und Logistik, mit Verweis auf eine neue Studie, die er im Januar dieses Jahres präsentiert hatte. Demnach werden sich die Kosten einer Stückgutsendung aufgrund der Einführung des Mindestlohns um 1,2 Prozent verteuern. Michael Bargl, Geschäftsführer der IDS Logistik, unterstrich, dass sich bei einer durchschnittlichen Gewinnmarge von 2 bis 2,5 Prozent durch eine Verteuerung von 1,2 Prozent das Ergebnis der deutschen Stückgutunternehmen halbiere.Peter Baumann ergänzte, dass es sich lediglich um einen Mittelwert handele und wirtschaftlich schwächere Regionen vom Mindestlohn mitunter noch stärker betroffen seien."Wäre der Dieselpreis nicht so niedrig, hätten die Stückgutspeditionen in strukturschwachen Gebieten Deutschlands extrem zu kämpfen", betonte der Geschäftsführer von 24plus-Systemverkehre. Unterschiedlicher Ansicht waren die Referenten, was die angemessene Höhe der Frachtentgelte angeht. Während die Stückgutunternehmer hier Nachholbedarf sehen, wollte sich Eckhard Bergmann, Leiter des Geschäftsbereichs Supply Chain beim Papiergroßhändler Papier Union, auf keine Anpassungen einlassen. "Die Verlader und ihre Dienstleister müssen stattdessen weiterhin gemeinsam daran arbeiten, die Prozesskosten im Stückgutmarkt zu senken." ag