Nur mit CSR gedeiht das Geschäft noch

Ressourcen schonen, Qualitätsstandards setzen, Prozesse sicher gestalten. Solche Grundsätze sind für Logwin selbstverständlich. Acht internationale Zertifizierungen kann der Logistikkonzern aus dem luxemburgischen Grevenmacher vorweisen, darunter die Sicherheitsnorm SQAS der Chemieindustrie, der Standard VDA 6.2 der Automobilhersteller, das Umweltmanagementsystem ISO 14000 und das Hygienehighlight HACCP der Lebensmittelwirtschaft. Zudem hat Logwin im Februar 2016 erstmals einen Compliance-Codex veröffentlicht. Auf acht Seiten, die alle sechs Vorstandsmitglieder unterzeichnet haben, versichert das Unternehmen, dass Menschenrechte respektiert, Umwelt-, Sozial- und Sicherheitsstandards beachtet, Korruption bekämpft und wettwettbewerbsrechtliche Absprachen nicht geduldet werden. Ausführlich wird der Umgang mit Geschenken und Einladungen sowie Regelungen von Interessenkonflikten mit Mitarbeitern beschrieben. So dürfen Angestellte keine Geldgeschenke, nur sozialadäquate Sachgeschenke annehmen und sich mit höchstens fünf Prozent an Wettbewerbern beteiligen. Logwin betont, das Papier sei für alle 4200 Mitarbeiter an den 190 Standorten verbindlich. "Mit regelmäßigen Schulungen und Audits stellen wir die Einhaltung sicher", versichert Unternehmenssprecherin Anja Richter. Die Luxemburger reagieren mit dem Codex auf neue Vorgaben der Europäischen Union (EU) zum Thema Corporate Social Responsibility (CSR) - also der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen vor allem für ökologische und soziale Fragen. In Zukunft müssen alle kapitalmarktorientierten Konzerne mit mehr als 500 Mitarbeitern, aber auch weitere Hersteller und Dienstleister dieser Größenordnung, welche international tätig sind und - laut Richtlinientext - von Verbrauchern wie Investoren genau beobachtet werden, in ihrer jährlichen Berichterstattung "nichtfinanzielle Aspekte ihrer Geschäftstätigkeit" öffentlich machen. Mit diesem Begriff umschreibt die CSR-Richtlinie alle möglichen Nachhaltigkeitsthemen. Sie fordert präzise Informationen, wie Umwelt-, Arbeitnehmer- und andere soziale Belange berücksichtigt, Menschenrechte eingehalten sowie Korruption und Bestechung unterbunden werden. Wer nicht berichtet, muss zahlen Ende 2014 haben das Europäische Parlament und der Rat die CSR-Richtlinie verabschiedet. Spätestens am 6. Dezember 2016 müssen der Bundestag und die anderen nationalen Parlamente in der EU diese in nationales Recht umsetzen. Die berichtspflichtigen Unternehmen sollen demnach schildern, mit welchen Konzepten sie sich gegen Nachhaltigkeitsrisiken absichern und anhand welcher Indikatoren sie dies überprüfen. Bei Nichtbeachtung drohen einem ersten Gesetzentwurf zufolge, den das Bundesjustizministerium im Frühjahr vorlegte, empfindliche Geldbußen. Als börsennotiertes Unternehmen muss Logwin in jedem Fall die Vorgaben der CSR-Richtlinie erfüllen. "Aber auch auf Logistikdienstleister, welche nicht unmittelbar betroffen sind, wird das neue Gesetz Auswirkungen haben", warnt Hendrik Fink, Partner der Unternehmensberatung PricewaterhouseCooper (PwC). Vor allem Branchenunternehmen, welche für ihre Auftraggeber aus Industrie und Handel Supply Chains organisieren, müssen mit Nachfragen zu ihrer CSR rechnen und gegebenenfalls einen Compliance-Bericht vorlegen. Ausdrücklich verweist Fink auf den ersten Gesetzentwurf der Bundesregierung. Wenn Supply Chains von großer Bedeutung für die Geschäftsmodelle sind, sollen die Unternehmen demnach "entlang der Lieferkette" berichten. Das mache Sinn. Wenn nämlich die Supply-Chain-Partner beim Umweltschutz schlampen oder korrupte Mitarbeiter beschäftigen, kommen sie als Geschäftspartner von Auftraggebern mit CSR-Berichtspflicht kaum infrage. Andernfalls müssten sich diese vorwerfen lassen, dass sie zumindest indirekt Vorteile aus Vorfällen ziehen, welche mit einer überzeugenden Nachhaltigkeitsstrategie nichts zu tun haben. "Auf alle Unternehmen entlang von Lieferketten wird der Berichtsdruck zunehmen", ist Fink deshalb überzeugt. Der Nachhaltigkeitsexperte rät solchen Betrieben bereits jetzt zu einer kritischen Bestandsaufnahme. Wenn nötig, sollen sie Gegenmaßnahmen noch diesen Herbst treffen. Dann nämlich können ihre Auftraggeber diese bereits in ihrer ersten Berichterstattung im nächsten Jahr berücksichtigen. Mancher Industriekonzern macht bereits deutlich, dass er an seine Logistikdienstleister erhöhte Anforderungen in puncto CSR stellen wird. "Jeder Dienstleister muss vor Abgabe eines Angebots bestätigen, dass er unsere Nachhaltigkeitsanforderungen kennt und über seine Auskunft gibt", teilt der Autobauer Audi mit. "Außerdem fordern wir unsere Geschäftspartner auf, die Einhaltung unserer Nachhaltigkeitsanforderungen auch bei ihren Lieferanten und Dienstleistern sicherzustellen." Die Marke mit den Ringen im Kühlergrill setzt sich unter anderem für den Pakt UN Global Compact ein, den die Vereinten Nationen 1999 mit großen internationalen Unternehmen abgeschlossen haben und der die Einhaltung der Menschenrechte, den Kampf gegen Korruption und Kinderarbeit, die Nutzung von Umwelttechnologien und sechs weitere Ziele zum Inhalt hat. Als Konsequenz der Audi-Anforderung müssten Dienstleister auch von Subunternehmern Nachhaltigkeitsnachweise verlangen, wenn sie diese auf den Supply Chains ihrer Auftraggeber einsetzen. Wesentlich weiter geht DHL. Der ebenfalls berichtspflichtige Logistikkonzern hat seinen Verhaltenscodex zum Bestandteil aller Verträge mit Subunternehmern gemacht. "Vor den Verhandlungen können sich unsere Partner mit einem interaktiven Lernmodul in vier Sprachen mit unseren Standards vertraut machen", sagt Christof Ehrhart, Direktor Konzernkommunikation und Unternehmensverantwortung. Der Global Player reagiert so auf die veränderten Marktanforderungen. "Viele Kunden nutzen unsere CSR-Aktivitäten zum Beispiel für umweltfreundliche Transportleistungen als Auswahlkriterium für die Auftragsvergabe", sagt Ehrhart. Jetzt fürchtet manches Branchenunternehmen jede Menge Papierkram vor allem dann, wenn mehrere Auftraggeber berichtspflichtig sind und im Grunde alle immer die gleichen Fragen stellen. Allerdings schreiben weder Richtlinie noch Gesetzentwurf Standards für die Berichterstattung vor. Die Unternehmen können also wählen, ob sie einen eigenen Bericht schreiben oder vorhandene Vorlagen im Markt verwenden. Vorlagen helfen beim Berichten Mit dem Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK) existiert bereits eine erste Vorlage. Der von der Bundesregierung eingesetzte "Rat für nachhaltige Entwicklung" hat hier 20 Kriterien zusammengefasst, welche nach Meinung des Bundesjustizministeriums den Vorgaben der CSR-Richtlinie genügen. Über 130 Unternehmen haben den DNK bis jetzt unterschrieben. Außer nahezu allen Autoherstellern nutzen unter anderem BASF, Bayer, Deutsche Bahn, Evonik, Interseroh, Linde, Otto und Siemens diesen Standard. "Auch kleine und mittlere Logistikunternehmen können mit dem DNK Berichtswünschen ihrer Auftraggeber nachkommen", sagt DNK-Projektleiterin Yvonne Zwick. Kann der Antragsteller einzelne Kriterien nicht erfüllen, soll er offen sagen, ob er dies nachholen wird oder aber ob dieses Kriterium für ihn nicht relevant ist (siehe Kasten oben). Trotz des DNK als Orientierungshilfe gibt es für Logistikdienstleister, die CSR-Berichtswünschen ihrer Verlader nachkommen müssen, noch jede Menge zu tun. Sie müssen zahlreiche Daten im Betrieb erfassen, was Tage oder gar Wochen dauern kann. Auch die Integration von Subunternehmern und Lieferanten kostet erfahrungsgemäß Zeit. "Sie ist jedoch für den Erfolg eines solchen Projekts entscheidend", weiß DHL-Mann Ehrhart. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Nachhaltigkeit www.verkehrsrundschau.de/dossiers Regelwerk für Nachhaltigkeit Ein Kodex hilft Nachhaltigkeit zu dokumentieren 15 Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Kirchen und Umweltverbänden gehören dem von der Bundesregierung berufenen Rat für nachhaltige Entwicklung (RNE) an. Im Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK) nennt dieses Gremium 20 Kriterien für Strategie, Prozessmanagement, Umweltschutz und gesellschaftliches Engagement. Jedes Unternehmen, das zu diesen Kriterien Stellung nimmt, kann den DNK nutzen. "Der Kodex soll nicht die Performance, sondern die Transparenz eines Unternehmens anzeigen", sagt Projektleiterin Yvonne Zwick. Wenn ein Unternehmen Lücken feststellt, soll es diese einräumen und mitteilen, ob und wie diese überwunden werden. Der aus Steuermitteln finanzierte DNK ist international anerkannt und kann kostenfrei genutzt werden.Von Deutsche Bahn inklusive DB Schenker, HHLA und einigen Flughafengesellschaften abgesehen haben kaum Verkehrs- und Logistikunternehmen den DNK übernommen. "Die DNK-Kriterien stimmen mit unseren Nachhaltigkeitskriterien nahtlos überein", so Ingo Anspach, Sprecher des Flughafens München. Zwei Mitarbeiter konnten den DNK-Fragebogen innerhalb von wenigen Stunden ausfüllen. Andere Unternehmen bräuchten länger. bot CSR bei der BLG Konkrete Ziele setzen und überprüfen Ökologische Nachhaltigkeit, faire Entlohnung, Arbeitsschutz, Gesundheitsmanagement, Aus- und Weiterbildung, Chancengleichheit: Als die Stabsstelle Nachhaltigkeit und neue Technologien von BLG Logistics sich erstmals mit der CSR-Richtlinie beschäftigte, stieß sie auf eine Fülle von Themen. "Wir setzen uns konkrete Ziele und überprüfen diese", sagt Yvonne Bonventre, BLG-Projektmanagerin Nachhaltigkeit. Hierbei müssen Daten von acht Geschäftsfeldern mit weltweit 100 Standorten erhoben werden. Der Aufwand lohnt sich jedoch. "Wiederholt ließen Kunden unsere CSR-Leistungsfähigkeit durch externe Dienstleister prüfen", berichtet Bonventre. "Ein Kunde hat uns sogar aufgefordert, seine CSR-Guidelines for Suppliers zu unterzeichnen." Mit der neuen CSR-Richtlinie gibt sich offenbar nicht jeder Verlader zufrieden.bot

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