Viele Brücken in Nordrhein-Westfalen weisen einen alarmierenden Sanierungsbedarf auf. Das hat eine aktuelle Bauwerksprüfung des Landesbetriebs Straßen.NRW ergeben.
Derzeit haben 296 Brücken in NRW maßgeblichen Sanierungsbedarf, wie NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) am 24. Februar bei einem Besuch der ebenfalls betroffenen Wipperbrücke Ohl auf der B 256 berichtete.
Demnach sind 205 Ersatzneubauten, 22 Brückenverstärkungen und 69 Instandsetzungen erforderlich, um „Defizite im Tragverhalten“ auszugleichen. Der Kostenrahmen wird auf gut 1,8 Milliarden Euro beziffert.
Darüber hinaus seien in NRW laut Bundesverkehrsministerium 873 Brücken-Teilbauwerke an Autobahnen besonders sanierungsbedürftig, berichtete Krischer. „Wir haben uns jahrzehntelang zu wenig um die vorhandene Infrastruktur gekümmert. Das holt uns jetzt mit kaputten Brücken ein.“ Ihr Erhalt sei „vielerorts akut gefährdet“.
Knappe Ressourcen für Brückenbau und -sanierung
Krischer äußerte sich angesichts zu knapper Finanz- und Personalressourcen besorgt, dass sich der Zustand vieler Bauwerke im Sanierungsstau der nächsten Jahre weiter verschlechtern werde. Laut der jüngsten Bauwerksprüfung hat etwa die Hälfte der untersuchten Brücken sowohl auf Landes- als auch auf Bundesstraßen die Zustandsnote 2,0 bis 2,4 erreicht. Dies wird als „befriedigender Bauwerkszustand“ bewertet.
Dass der Großteil der geprüften Bauwerke noch im grünen Bereich liegt, kann die Fachleute angesichts der absehbaren Bugwelle an dringenden Sanierungsarbeiten nicht beruhigen. Die Rahmedetalbrücke an der A45 war jahrelang mit derselben Note 3,0 (nicht ausreichender Bauwerkszustand) bewertet worden, bevor sie im Dezember 2021 wegen neuer alarmierender Befunde plötzlich voll gesperrt werden musste.
„Ein großer Teil der Brücken in Nordrhein-Westfalen wurde in den 60er und 70er Jahren gebaut“, erläuterte Krischer. Viele hätten mindestens die Hälfte ihrer rechnerischen Nutzungsdauer längst hinter sich gelassen. Eine weitere Verschlechterung ihres Zustands sei angesichts des stark gestiegenen Güterverkehrs mit schweren Lastwagen absehbar.
Sanierungsstau auch bei Straßen
Vor ganz ähnliche Probleme sehen sich die Städte und Gemeinden gestellt. „Der Sanierungsstau bei den Straßen ist hoch“, sagte der Geschäftsführer des Städtetages NRW, Helmut Dedy, der Deutschen Presse-Agentur. Für NRW gehe man von etwa 10 Milliarden von bundesweit fast 40 Milliarden Euro aus.
Baumaterial sei teuer und Personal sowohl in den Straßen- und Tiefbauämtern als auch auf den Baustellen knapp, erläuterte er. Hinzu komme die hohe Inflation. „Auch wenn die Städte einen großen Teil ihres Investitionsetats in die Straßen stecken, kommen bei steigenden Preisen unter dem Strich weniger sanierte Straße heraus.“
Reinhold Paul