Neue AGB: Das Schwere erleichtern

VR: Warum geben BSK und BGL jetzt neue AGB heraus? Draaf: Das ist einfach zu beantworten. Die letzte allgemeine Geschäftsbedingung zum Thema Begleitung von Großraumund Schwertransporten stammt aus dem Jahr 2001 - ist also 20 Jahre alt und heißt noch "AGB BSK Sicherung". Sicherung ist per se der falsche Ausdruck, weil gesichert werden die Verkehrsteilnehmer. Der Schwertransport wird begleitet. Zum anderen ist das Portfolio der Service-Dienstleister, die ja nicht nur Begleitung machen, mittlerweile so groß und umfangreich, dass inzwischen sieben verschiedene Tätigkeitsmuster herausgearbeitet wurden. Dafür mussten wir uns neue AGB überlegen. Belger: An der Stelle möchte ich ergänzen, dass im Aufgabenportfolio auch das Nachlenken kommt. Da gab es die Frage, ob der Nachlenker einen CE-Führerschein braucht. Wir haben dazu von Professor Müller ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben. Das können wir beim Inhalt der AGB näher ausführen. VR: Wer kann die neuen AGB anwenden? Draaf: Alle Unternehmen, die das genannte Portfolio oder Teile des Portfolios anbieten. Die 'AGB Begleitung und Geschäftsbesorgung' stehen dabei nicht nur BSK-Mitgliedern zur Verfügung, sondern allen am Markt Beteiligten, um entsprechende Marktdurchdringung zu bekommen. Das bietet auch Sicherheit für unsere Mitgliedsunternehmen, die im Bereich Großraum und Schwertransporte unterwegs sind und fremde Unternehmen für Dienstleistungen einsetzen. Die englische Version, ebenso wie die Kommentierung der neuen AGB, stellen wir allerdings nur den Mitgliedsbetrieben der BSK zur Verfügung. VR: Nichtmitglieder können die englische Version und die Kommentierung aber erwerben? Draaf: Konkret bekommen BSK-Mitglieder eine Kommentierung der AGB kostenfrei zur Verfügung gestellt. Nichtmitglieder können die Kommentierung kaufen. Das Wording der AGB steht natürlich jedem, der sie haben oder anwenden will, kostenfrei zur Verfügung. Belger: Wir hinterlegen die AGB außerdem auf der BSK-Website zum Download. VR: Letztlich ist der Service für Mitglieder, die sich kostenfrei 'bedienen' können, und Nichtmitgliedern - die kaufen -, aber identisch? Belger: Ja. Die neuen AGB sind allgemeine Geschäftsbedingungen, die jeder für seine Zwecke anpassen kann. Und die deutsche Version ist im Sinne der Marktverbreitung kostenlos abrufbar. Mitglieder der BSK haben darüber hinaus jederzeit einen Ansprechpartner. Heißt, als Verfasser der AGB haben wir eine Art Deutungsnotwendigkeit den Mitgliedsbetrieben gegenüber. Diesen Service haben Nichtmitglieder nicht. Draaf: Ich würde noch ergänzen, dass diese AGB für die Begleitung auf dem Markt einzigartig sind. Denn kein anderes Werk führt die tatsächliche Ausführung und die rechtlichen Rahmenbedingungen zusammen. VR: Kommt man ohne Kommentierung gar nicht klar? Belger: Wichtig ist, dass man nicht sehenden Auges etwas unterschreibt, was man nicht versteht. Dazu dienen die Erläuterungen. Und wir haben einige Sonderkapitel integriert - ich nenne mal Begleitungen, Rechtsgrundlagen oder auch den Einsatz des Verwaltungshelfers - wo Kommentierungen hilfreich sind. Salzmann: Betonen darf ich in diesem Zusammenhang, dass es ein Wesensmerkmal dieser AGB ist, dass Haftung und Versicherung in vielen Details verbindlich geregelt werden. Die besondere Risikosituation von Begleitfahrzeugen wird hier entsprechend berücksichtigt. Geregelt wird die Haftung für Vermögensschäden sowie die Option des Auftraggebers, diese im Wege der Höherwertdeklaration ergänzend zu gestalten. Draaf: Hier ist der Verwaltungshelfer ein gutes Beispiel. Der Verwaltungshelfer kommt anstelle der Polizei zum Einsatz. In Bundesländern wie Bayern findet inzwischen kaum noch Polizeibegleitung statt. Extrem große Transporte ziehen entsprechend große Absperrmaßnahmen nach sich. Das Thema Verwaltungshelfer ist im Grunde nicht geregelt, weil er der verlängerte Arm einer Straßenverkehrsbehörde ist. Er speist sich aus einer anderen Rechtsgrundlage. Ich habe also konkret die Kommentierung genutzt, um beim Sonderkapitel 'Einsatz von Verwaltungshelfern' den Finger in die Wunde zu legen, was draußen alles passiert, was falsch gemacht wird oder wie die Rechtsgrundlage für den Verwaltungshelfer eigentlich zu bewerten ist. Das war mir ein Anliegen - und gleichwohl ist der Verwaltungshelfer Gegenstand der AGB. Belger: Ebenso haben wir Tipps gegeben, was in der Anwendung der AGB zu beachten ist. Etwa die Information der Vertragspartner auf dem Schriftwege. Vielleicht noch eine praktische Ergänzung zum Thema Nachlenken: Das ist de facto nichts anderes als das zusätzliche Lenken der Achsen am Trailer. Einer sitzt hinten und lenkt mit der Fernbedienung bei niedrigschwelliger Geschwindigkeit. Da stand in der Vergangenheit die Frage im Raum, ob der, der nachlenkt, einen CE-Führerschein braucht - auch die Polizei, etwa in Bayern, hat diese Auffassung vertreten. Deshalb haben wir bei Professor Müller, seines Zeichens Straßenverkehrs-Rechtsexperte, ein Gutachten in Auftrag gegeben, das einmal rechtlich zu prüfen. Er kommt zum Schluss, und das haben wir auch in der Kommentierung Ziffer 2.6 in den AGB hinterlegt, dass man fürs Nachlenken keinen entsprechenden Führerschein braucht. VR: Wie rechtsverbindlich ist so eine Aussage beziehungsweise Kommentierung? Belger: Wenn es zwei Rechtsmeinungen gibt, kann es rechtsverbindlich nur durch das Gericht geklärt werden. Käme es aber zu einem Verfahren, so kann man auf das Gutachten von Professor Müller verweisen. So oder so sind das die einzigen Ausführungen, die man auf dem juristischen Markt zum Thema Nachlenken findet. Bislang hat sich noch niemand so explizit damit auseinandergesetzt. VR: Inwiefern nehmen die neuen AGB auf bundesländerspezifische Befindlichkeiten Rücksicht? Draaf: Grundsätzlich ist das Thema Schwertransport, mit Ausnahme von Kleinigkeiten, Sache der Länder. Seit dem 1. Januar 2021 ist der Bund über die Autobahn GmbH in Genehmigungsverfahren involviert. Und natürlich haben wir bei 16 Bundesländern und den involvierten Behörden Verkehr und Inneres konkrete Schwierigkeiten, die fallweise vielen Meinungen unter einen Hut zu bringen. Die allgemeinen Geschäftsbedingungen versuchen, allgemeingültige Aussagen zu treffen zwischen den Vertragsparteien Auftraggeber und Auftragnehmer. Transportunternehmer und Begleiter können diese unterschiedlichen Sichtweisen natürlich nicht berücksichtigen. Gleichwohl muss eine ganze Reihe von Dingen zwischen den Vertragsparteien geregelt werden, um den größtmöglichen Verkehrssicherheitsgedanken umzusetzen. VR: Was wären denn Paradebeispiele für die Neuerungen der jetzt vorgestellten AGB? Draaf: Schwerpunkt der alten AGB war hauptsächlich die Begleitung von Großraum- und Schwertransporten. Die Art der Geschäftsbesorgung, sprich Genehmigungsservice für Dritte, kam relativ rudimentär zur Sprache. In den neuen AGB haben wir die Definitionen des Tätigkeitsprofils von Begleitunternehmen dezidiert aufgelistet. Dabei haben wir zum Beispiel zwischen einer Fahrtwegeprüfung und einer Fahrtwegerkundung unterschieden. Bei der Fahrwegerkundung im Vorfeld eines Antrags wählt ein Servicebetrieb eine Strecke aus und dokumentiert diese für eine Antragstellung. Bei der Fahrtwegeprüfung ist im Grunde genommen die Genehmigung erteilt. Es wird dann nur noch einmal nachgesehen, ob der Fahrtweg frei und geeignet ist. So sieht es die Auflage in einem Genehmigungsbescheid vor. Dann sind natürlich, wie schon erwähnt, der Begriff Nachlenken und das Einweisen in den neuen AGB hervorzuheben. Das Einweisen durch externe Personen, die natürlich den Transportunternehmen zuzurechnen sind, hat in den letzten Jahren extrem zugenommen. Denken Sie nur an Windenergie- oder Anlagentransporte mit bis zu 80 Metern Länge. Die kann der Fahrer ohne nachlenken nicht fahren. Ergo eine Tätigkeit, die es 2001, zu Zeiten der alten AGB, so noch nicht gab. Wir widmen uns auch den Themen selbst angetriebener Trailer beziehungsweise denen mit hydrostatischem Antrieb. Werden Anhängerachsen bis zu einer bestimmten Geschwindigkeit angetrieben, ergibt sich daraus eine ganz andere Konstellation. Da ist es aus unserer Sicht eindeutig, dass man einen CE-Führerschein braucht. Aber für eine nicht angetriebene Achse ist das eben nicht der Fall. Gleichwohl ist es natürlich die Pflicht des Unternehmers beziehungsweise Begleitunternehmers, sein Personal auf diese Anhängerart zu schulen. Und die Pflicht des Auftraggebers ist es natürlich, darauf zu achten, dass diese Schulung erfolgt ist. VR: In welchen Bereichen bringen die aktualisierten AGB noch Neuerungen? Belger: Da würde ich in jedem Fall die Einbeziehungshinweise nennen wollen. Keine Neuerung, aber dennoch wichtig: Die Haftungshöhen haben sich im Vergleich zu den alten AGB nicht verändert. Nicht zu vergessen ist die Ziffer zehn, also das Thema Versicherung. Salzmann: Im Abschnitt zwei werden hohe Deckungssummen für die Kfz-Haftpflicht-, die Betriebs- und Umwelthaftpflicht- und Berufshaftpflicht-Versicherung verbindlich für Begleitung und Geschäftsbesorgung definiert. Hierdurch ergibt sich für den Auftraggeber Rechts- und Kalkulationssicherheit auch in Schadenfällen. Draaf: Stimmt, Ziffer 10.3, die Berufshaftpflichtversicherung. Die greift beim Verwaltungshelfer. Insofern haben wir die Verwaltungshelfer in den AGB versicherungsrechtlich erwähnt. Für den Fall, dass ein Begleiter als Verwaltungshelfer auftritt, braucht er die Berufshaftpflichtversicherung. Wir haben das auch dementsprechend kommentiert. Es gibt im Markt ja abstruse Behauptungen, etwa, dass die Betriebshaftpflicht-Versicherung den Verwaltungshelfereinsatz abdeckt - was nicht stimmt. Mehr zum Thema finden Sie unter #Schwerlaster www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Aktuell hat die Bundesfachgruppe Schwertransporte und Kranarbeiten (BSK) e. V. die allgemeinen Geschäftsbedingungen aktualisiert und um zeitgemäße Themen ergänzt.

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