Mit 17 in die Kabine?

In Kürze Die EU-Kommission plant, das Alter für den Erwerb des Lkw-Führerscheins für Berufskraftfahrer in allen Ländern der EU zu senken. Während Branchenverbände den Vorschlag befürworten, sind sich die Parteien uneins. Bis entsprechende Gesetze kommen, könnte es aber ohnehin noch dauern. Es war eine langjährige Forderung der Branche - jetzt ist es soweit: Die EU-Kommission hat vorgeschlagen, das Alter für den Erwerb des Lkw-Führerscheins für Berufskraftfahrer überall in der EU zu senken. Ab 18 Jahren sollen junge Menschen alleine einen Lkw fahren dürfen. Wenn ein erfahrener Lkw-Fahrer mit im Führerhaus sitzt, soll sogar schon 17-Jährigen erlaubt sein, schwere Lkw fahren. Aktuell gilt in der EU ein empfohlenes Regelalter von 21 Jahren, um einen Lkw der Klassen C und CE zu fahren. Ausnahmen sind zugelassen, werden aber laut einer Übersicht des Europäischen Verkehrs-sicherheitsrats ETSC nur von wenigen EU-Ländern in Anspruch genommen. Die Kommission begründet ihren neuen Vorschlag damit, wirksame Maßnahmen gegen den großen Mangel an Lkw-Fahrern in Europa ergreifen zu wollen. Zuspruch von den Verbänden Bei den Branchenverbänden kommt das gut an. "Der Vorschlag macht unmissverständlich deutlich, dass 18 Jahre das Mindestalter für das Fahren eines Lkw ist", äußerte sich die International Road Transport Union (IRU) bereits kurz nach Veröffentlichung der Pläne. Auch das Fahren ab 17 Jahren begrüßt die IRU. Je früher junge Menschen die Chance bekämen, sich für den Beruf des Berufskraftfahrers zu entscheiden, umso besser. Der gleiche Tenor herrscht beim Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL): Lkw-Fahren mit 17 Jahren sei ein wirksames Mittel, um dem Fahrermangel zu begegnen. "Junge Menschen erlernen den Beruf des Lkw-Fahrers, können aber unter Umständen die ersten drei Jahre keinen Lkw fahren", erklärt BGL-Vorstandssprecher Dirk Engelhardt. Immer wieder sei zu beobachten, dass diese jungen Menschen ihre Ausbildung dann "frustriert aufgeben" und andere Berufswege einschlagen. Angesichts der Menge an fehlenden Lkw-Fahrern sei dies auch im öffentlichen Interesse zu verhindern, betont Engelhardt die BGL-Unterstützung für die Vorschläge der EU-Kommission. Doch die Freude der Verbände und die Pläne der EU-Kommission sind noch keine gültigen Gesetze. Die werden jetzt vom EU-Parlament und den Verkehrsministern aus den EU-Mitgliedsländern im EU-Rat auf Grundlage der Kommissionsvorschläge ausgearbeitet. Das wird Monate dauern. Vor Frühjahr nächsten Jahres ist mit abschließenden Entscheidungen eher nicht zu rechnen. Während die Vorschläge beim Ministerrat bislang noch nicht behandelt wurden, hat der Verkehrsausschuss im EU-Parlament (TRAN) mit der Arbeit bereits begonnen. Ende März fand ein Austausch mit einer Vertreterin der EU-Kommission statt. Dabei ging es um das gesamte Paket zur Verbesserung der Straßenverkehrs-Sicherheit, in das die Neuerungen für den Lkw-Führerschein eingebettet sind. Die Maßnahme alleine reicht nicht Der Austausch zeigte, dass die Änderungen zum Lkw-Führerschein zurzeit kein zentrales Thema sind. Das wenige, was trotzdem dazu gesagt wurde: eine sicher sinnvolle Maßnahme, um gegen den Fahrermangel vorzugehen. Doch genügen werde das nicht. Auch die Gehälter der Fahrer müssten attraktiver werden. Außerdem müsse die Frage geklärt werden, wer den Führerschein bezahlen solle. Mit 17 Jahren hätten wohl wenige junge Menschen das Geld, das aus eigener Tasche zu bestreiten. Leichte Skepsis gibt es auch bei Ismail Ertug (SPD), verkehrspolitischer Sprecher der Sozialdemokraten im EU-Parlament. "Zunächst ist gegen eine Senkung des Mindestalters für den Lkw-Führerschein nichts einzuwenden", sagt er gegenüber der VerkehrsRundschau (VR). Ziel sei es ja, den aktuell massiven Fahrermangel zu beheben. Je früher jüngere Menschen sich deshalb für die "Karriere als Lkw-Fahrer oder -Fahrerin entscheiden und so wertvolle Fahrerfahrung sammeln" könnten, umso besser sei das. Aber auch Ertug gibt zu bedenken, dass nur die Absenkung des Führerschein-Alters das Problem des Fahrermangels nicht lösen könne: "Es braucht bessere Arbeitsbedingungen, etwa eine bessere Bezahlung, eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben und bessere Arbeitsbedingungen mit mehr sicheren Rastplätzen." Ungeteilte Unterstützung erfahren die Kommissionsvorschläge von Jens Gieseke (CDU), verkehrspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Gruppe im EU-Parlament: "Das begleitete Fahren ab 17 Jahren im Pkw-Bereich ist in Deutschland ein absolutes Erfolgsmodell. Dass dieses Modell nicht nur auf die europäische Ebene gehoben werden, sondern auch auf die Klasse C erweitert werden soll, ist begrüßenswert." Auch Gieseke sieht darin eine gute Maßnahme, um für Nachwuchs in der Branche zu sorgen. "Durch die frühe Einbindung in den Berufsalltag können junge Menschen bereits frühzeitig praktische Erfahrungen sammeln und ihre Fähigkeiten im Umgang mit schweren Nutzfahrzeugen verbessern." Zweifel bei den Grünen Entscheidenden Einfluss auf die Bearbeitung des Kommissionsvorschlags werden im EU-Parlament die Grünen bekommen. Sie werden die geplanten Neuerungen zum Mindestalter von Lkw-Fahrern zusammen mit den anderen geplanten Führerschein-Neuerungen in TRAN federführend bearbeiten. Und bei der Partei scheinen Zweifel zu bestehen. Warum, so heißt es auf VR-Anfrage aus dem Büro von TRAN-Mitglied Anna Deparnay-Grunenberg (Grüne), solle man Maßnahmen unterstützen, um dem Fahrermangel im Straßengüterverkehr entgegenzuwirken, wo doch auch im Bahnverkehr händeringend Lokführer gesucht würden? Und ob jüngere Fahrer unbedingt einen Beitrag zu mehr Sicherheit im Straßenverkehr leisten würden, müsse sicher auch noch einmal genau betrachtet werden.

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