München. Es fehlt dem Staat das notwendige Geld für die Verkehrsinfrastruktur. Das wurde auf einer Diskussionsrunde der VerkehrsRundschau deutlich. Unter dem Motto „Verkehrspolitik trifft Logistik" trafen sich zur Abschlussveranstaltung der Messe Transport Logistic hochkarätige Vertreter aus Politik und Praxis.
Der parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Andreas Scheuer, gestand ein, dass die finanziellen Mittel angesichts des tatsächlichen Bedarfs knapp sind. „Die Engpassbeseitigung, die Sanierung und den Um- und Ausbau: Das wird unsere erste Priorität sein.", sagte Scheuer. In dieser Hinsicht war er sich zwar einig mit Anton Hofreiter, verkehrspolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen. Aber Hofreiter kritisierte die Kriterien für die Auswahl der vorrangigen Projekte. „Ich nenne hier nur das Stichwort ‚Wahlkreisabgeordneter'", stichelte Hofreiter.
Prof. Herbert Baum vom Institut für Verkehrswirtschaft an der Universität Köln belegte die Unterfinanzierung mit Zahlen: Alleine die Unterdeckung für den Straßenbereich bezifferte er auf jährlich zwei bis drei Milliarden Euro. Der Wissenschaftler kritisierte die Bundesregierung, dass zwar die Mittel aus der LKW-Maut für den Straßenbau genutzt werde, parallel jedoch die allgemeinen Haushaltsmittel für die Straße gekürzt werden. Sein Vorschlag, um die Finanzlücke zu schließen: Zehn Prozent der Mittel aus dem Mineralölsteueraufkommen für Investitionen in die Straßeninfrastruktur zu verwenden.
Herbert Götz, Geschäftsführer der Jura-Spedition, hingegen befürwortete die Einführung einer PKW-Maut: „Dann müssen wir zwar auch die bittere Pille schlucken und LKW unter 12 Tonnen bemauten. Aber dass heute schon an Sonntagen Kolonnen von 7,5-Tonner aus Osteuropa ohne LKW-Führerschein und Maut unterwegs sind mit billigen Löhnen für die Fahrer, das kann einfach nicht sein." Daher lautete die Forderung des Präsidenten des Bundesverband Wirtschaft, Verkehr und Logistik (BWVL): „Wir müssen die Maut durchgängig machen". Hierzu lautet die Antwort von Scheuer als Staatssekretär: „Die Koalition hat die PKW-Maut im Koalitionsvertrag nicht berücksichtigt. Damit steht sie nicht auf der Tagesordnung der Bundesregierung." In seiner Funktion als CSU-Bundestagsabgeordneter jedoch wies er darauf hin, dass seine Partei sich für die Einführung einer PKW-Vignette bei gleichzeitiger Reduzierung der Mineralölsteuer ausgesprochen habe.
Scheuer betonte, dass sein Ministerium an dem Feldversuch zum Lang-LKW festhalten werde. Ismail Ertug (SPD), Mitglied des Europäischen Parlaments und Mitglied im Ausschuss für Verkehr und Tourismus, lehnte den Feldversuch zum Lang-LKW rundherum ab. Er befürchtet, dass die günstigeren Transportkosten zu einer Abnahme der Lagerhaltung führen werden und die neue Attraktivität des Lang-LKW für mehr Verkehr sorgt anstatt für weniger. Jörg Mosolf, geschäftsführender Gesellschafter der Horst Mosolf Internationale Spedition, Kirchheim/Teck, hielt dem ein Beispiel aus seinem Unternehmen entgegen. Demnach könnte er mit dem Lang-LKW von Daimler-Werk in Sindelfingen drei PKW mehr in die Umschlaganlage nach Freiburg transportieren, von wo aus die PKW per Bahn nach Italien befördert würden. Somit würden die PKW-Transporte per Bahn durch den LKW attraktiver gemacht. Zurückhaltend äußerte sich der Grünen-Politiker Hofreiter zum Lang-LKW: „Es gibt Argumente für und wider. Ich halte es aber nicht für das entscheidende Thema, wie man Verkehrspolitik vernünftig organisiert." (cd)