Istanbul. Teile des neuen Flughafens in Istanbul sind noch mitten im Bau. Davon bekommen die TV-Zuschauer bei der Eröffnungsfeier am Montag jedoch nichts mit. Präsident Recep Tayyip Erdogan flimmert über die Fernsehbilder, der sich mit seiner Frau Emine in einen Flughafenwagen setzt und sich im Schneckentempo durch das Flughafengebäude bewegt. Dahinter sind Schilder in mehreren Sprachen zu sehen: „Willkommen Zuhause“, steht darauf. In seiner Eröffnungsrede verkündet Erdogan dann stolz: „Istanbul ist nicht nur unsere größte Stadt, sondern auch die wertvollste Marke unseres Landes.“ Man habe dem Flughafen für die „unbezahlbare Stadt“ deshalb den Namen Istanbul Airport gegeben.
Der neue Mega-Flughafen am Schwarzen Meer ist ein Prestigeprojekt Erdogans und ein Symbol für seine neue, starke Türkei. Richtig in Betrieb geht der neue Istanbul Airport aber erst Ende Dezember - in einer ersten Phase mit einer Kapazität von 90 Millionen Reisenden im Jahr. Er soll später weiter ausgebaut werden und nach Angaben der Betreibergesellschaft IGA in zehn Jahren eine Kapazität von 200 Millionen Reisenden im Jahr haben.
Ähnlich groß wird auch der Frachtumschlag gedacht: Nach der letzten Bauphase in zehn Jahren soll der Flughafen eine Kapazität für 5,5 Millionen Tonnen Facht haben. Das würde ihn nach jetzigem Stand zum größten Flughafen der Welt machen. Den Spitzenplatz für Frachtumschlag besetzt derzeit der Flughafen Hongkong mit fünf Tonnen. Der Flughafen Atlanta in den USA hält derzeit den Rekord des höchsten Passagieraufkommen mit knapp 104 Millionen Reisenden.
Kritik an den Baumaßnahmen
Der neue Airport in Istanbul wurde in einer Rekordzeit von etwas mehr als vier Jahren aus dem Boden gestampft. Der Berliner Flughafen ist nach jahrelangen Verzögerungen dagegen noch immer nicht im Betrieb. Doch das Tempo in Istanbul hat offenbar seinen Preis. Nach Angaben der Bauarbeitergewerkschaft Dev-Yapi-Is sind seit Beginn der Arbeiten mindestens 37 Menschen auf der Baustelle ums Leben gekommen. 30 Todesfälle habe es gegeben, gibt IGA-Chef Samsunlu zu. Vorwürfe der Arbeiter, dass die Unfälle unter anderem wegen Sicherheitsmängeln passierten, weist er jedoch zurück. „Sie müssen eben aufpassen, was sie tun“, sagt er.
Die Arbeiter dagegen kritisieren Produktionsdruck, mangelnde Sicherheitsvorkehrungen und schlechte Unterkünfte und streikten deshalb im September. Die Polizei nahm Arbeiter fest und erstickte damit den Protest im Keim. Samsunlu dagegen sagt, die Streikenden hätten nicht friedlich protestiert. Noch immer sitzen laut Human Rights Watch 30 Bauarbeiter in Untersuchungshaft, darunter der Gewerkschaftschef Özgür Karabulut, der selbst auf der Flughafenbaustelle schuftete. (dpa/stm)