LKW-Fuhrpark: Am Scheideweg

LKW-Fuhrpark: Am Scheideweg Jahrelang reduzierten Trans-port- und Speditionsbetriebe die Zahl ihrer LKW oder schafften ganz ihren Fuhrpark ab. Warum jetzt exakt der Gegentrend einzieht und auf welche Fuhrparkpolitik die Verkehrsdienstleister setzen, lesen Sie hier. Qualität wird in der Schnellecke Gruppe seit jeher groß geschrieben. „Best in Class“ zu sein, lautet die Philosophie des Logistikdienstleisters mit zahlreichen Kunden in der Automobilindustrie – wer sich als Global Player mit weltweiten Transport- und Logistiklösungen und Standorten in vier Kontinenten sieht, muss jede einzelne Aufgabe als Herausforderung betrachten und für diese Spielregeln entwickeln. Das gilt auch für den Einsatz von fremden und eigenen Fahrzeugen. „Haben wir einen neuen Kunden gewonnen, zeigen wir erst einmal mit eigenen Fahrern Flagge“, sagt Jörg Kratzke, Fuhrparkchef am Stammsitz Braunschweig – das Unternehmen müsse mit dem frisch gewonnenen Auftraggeber erst auf Tuchfühlung gehen und seine Geschäftsabläufe kennen lernen. Sind diese bekannt, werden auch Subunternehmer eingesetzt. „Das geschieht aber stets in Abstimmung mit dem Kunden, der sein Einverständnis geben muss“, betont Kratzke. Im Zweifelsfall eigene Kapazitäten Ansonsten setzt Schnellecke eigene und fremde LKW entsprechend ihrer tagesaktuellen Verfügbarkeit ein – hier gibt es dem Fuhrparkleiter zufolge keine klaren Kriterien. Im Zweifelsfall kommen eigene Fahrer zum Zuge – Kratzke kann auf 130 Schnellecke- und 75 Subunternehmer-LKW zurückgreifen. Deren Zahl soll aber noch steigen: Denn die Spedition sucht derzeit Fremdunternehmer im Jumbobereich für Europaverkehre, die idealerweise schon eigene Megatrailer haben. Jahrelang war Outsourcing ein Trendthema. Viele Speditionen, die sich mit logistischen Services eine neue Kernkompetenz aufbauen wollten, erhielten von Unternehmensberatern den Rat, ihren Fuhrpark ganz oder zumindest in großen Teilen auszulagern. Die Vorteile lagen auf der Hand: Der Unternehmer sparte Kosten und Risiken von Festanstellungen und eigenem Equipment; er konnte sich auf sein Kerngeschäft konzentrieren und die Fachkompetenz externer Partner nutzen, was vor allem in Wachstums- und Schrumpfungsphasen von Vorteil war – vor wenigen Jahren noch konnten Subunternehmer relativ leicht engagiert und wieder gekündigt werden. Subunternehmer unter der Lupe Weitblickende Verkehrsdienstleister haben aber auch auf dem Höhepunkt der Outsourcing-Diskussion Ende der 90er-Jahre da-rauf verzichtet, ihren Fuhrpark vollständig auszulagern. „4PL-Kompetenz kann nur mit 3-PL-Kompetenz überzeugend kommuniziert werden“, lautete die Schlussfolgerung von Logistikunternehmen wie Dachser oder Rudolph. Wer eigene Netze hat und diese sogar mit eigenen LKW bedient, kann Kunden auch in saisonalen oder auftragsabhängigen Spitzenzeiten Kapazitäten sichern und damit in jedem Fall das Funktionieren von logistischen Ketten gewährleisten. Auch Unterfrachtführer, die mit langfristigen Kontrakten gebunden werden, bieten diese Vorteile nicht. Heute gibt es nicht mehr allzu viele Speditions- und Logistikbetriebe, die Transporte ausschließlich Drittfirmen überlassen. Das Nebeneinander von eigenen und externen LKW gehört zum Alltag, allerdings gibt es vielerorts keine klaren Kriterien, wann eigene Fahrer und wann Subunternehmer eingesetzt werden. Selbst bekannte Branchenbetriebe wie die Fiege-Gruppe in Greven können darauf auf Anfrage keine eindeutige Antwort geben. Die Westfalen verknüpfen gerade das 2006 aufgekaufte TTS-Netz, das mittlerweile mit weiteren LKW verstärkt wurde, mit den Networks ihrer vier Distributionspartner. „Wir können nun zwischen den einzelnen Netzen dynamisch umschalten“, erklärte Fiege- Vorstand Jens Meier kürzlich in der VerkehrsRundschau (s.VR 21/07). Über die Fuhrparkplanung entscheidet Fiege also offenbar von Fall zu Fall. Bleibt nur die Frage, ob jeder Kunde hier mitspielt. Viele Verlader sehen das Thema Outsourcing inzwischen selbst viel kritischer als vor wenigen Jahren, mancher holte mittlerweile ins Ausland ausgelagerte Kapazitäten wieder nach Deutschland zurück, weil die erwarteten Kosteneinsparungen nicht eintraten oder die Qualität der Produkte oder Services zu wünschen übrig ließ. Solche Kunden werden Subunternehmer, die regelmäßig ihren Standort anfahren, besonders kritisch unter die Lupe nehmen. Diese Erfahrung machte offenbar auch die C.E. Noerpel GmbH, die fast ausnahmslos mit fremden LKW fährt. Am Stammsitz in Ulm gibt es 25 eigene LKW, die ausschließlich im innerdeutschen Verkehr unterwegs sind. „Einige Kunden fordern ausdrücklich den Einsatz von fest angestellten Fahrern“, betont ein leitender Mitarbeiter des Unternehmens – Key Accounts sind aber nicht darunter. Kundenwünsche sind zu respektieren – sie können aber nicht das alleinige Entscheidungskriterium sein. „Der Unternehmer muss darauf achten, dass sowohl die Unterfrachtführer als auch der eigene Fuhrpark wirtschaftlich arbeiten“, betont Klaus-Peter Niehof, Prokurist der SVG-Zentrale in Frankfurt – die wirklich attraktiven Strecken sollten also möglichst gleichmäßig verteilt werden, was eine genaue Kenntnis der Betriebskosten voraussetzt. „Das ist ein hoch emotionales Thema, das in jedem Betrieb anders entschieden werden muss“, betont Niehof. Ansonsten ist aufs Detail zu achten – wenn etwa die Subunternehmer mit Fahrzeugen unterwegs sind, die Logo und Corporate-Identity-Farben des Auftraggebers tragen, sollten die eigenen LKW nicht unliebsam auffallen. „Subunternehmer gehen mit Fahrzeugen häufig sorgfältiger als fest angestellte Fahrer um“, weiß Götz Dittmer, Geschäftsführer der Unternehmensberatung UFM in Lübbecke. Auch das hängt aber vom Einzelfall ab – Transportbetriebe mit motivierten Truckern können andere Erfahrungen machen. „Die jeweilige Entscheidung für oder gegen den fest angestellten Fahrer ist letzten Endes auch eine Vertrauensfrage“, sagt Dittmer – komplexe Frachten für Key Accounts sollten im Zweifelsfalle besser von eigenen Mitarbeitern gefahren werden, die mit dem Handling vertraut sind und außerdem die Empfindlichkeiten des Auftrag-gebers kennen. „Die Kundenorientierung von fest angestellten Fahrern ist häufig höher“, weiß der Berater. Und bei Beschwerden kann ein Unternehmer weit effektivere Sanktionen treffen, wenn eigene Mitarbeiter im Brennpunkt stehen. Der richtige Erfolgsmix Solche Erfahrungen machte auch Heinrich Doll. „Für einen Großkunden wie BASF setze ich nur fest angestellte Fahrer ein“, sagt der Geschäftsführer der Landauer Transportgesellschaft (LTG) in Garching, die 80 eigene LKW hat. Allein die Orientierung auf dem zehn Quadratkilometer großen Konzerngelände des Chemieriesen in Ludwigshafen falle Subunternehmern und ihren Fahrern schwer. Zudem erfordere die Logistik spezielles Equipment wie Doppelstock-Auflieger, Thermoeinheiten und Megaliner, die von erfahrenen Mitarbeitern sachkundig bedient werden müssten. „Wir machen Nischengeschäfte“, betont Doll. Für die 25 Subunternehmer bleiben konventionelle Sammelgutverkehre sowie tagesaktuelle Transporte zu festen Zielen übrig. Betriebe mit Linienverkehren müssen zusätzliche Akzente setzen. „Hub-Hub-Verkehre und einzelne Nahdestinationen bedienen wir ausschließlich mit unseren 60 Fahrzeugen“, sagt Gianluca Crestani, Geschäftsführer der Andreas Schmid Kontraktlogistik in Gersthofen, – feste Destinationen, die in jedem Fall gefahren werden müssen, bleiben die Domäne der angestellten Fahrer. Dazu gehören Shuttle-Verkehre für Logistikkunden wie MAN Diesel in Augsburg, die nicht planbar sind und ausschließlich im Nahbereich anfallen. Weitere Grenzen setze die Zertifizierung nach DIN EN ISO 9001 im Jahre 2005. „Unsere Subunternehmer müssen unsere Qualitätsansprüche überzeugend darstellen“, sagt Crestani. Weil das offenbar nicht alle 100 Partner garantieren können, bleiben ihnen klassische Abhol- und Verteilerverkehre sowohl für Stückgut- als auch Teilladungen sowie der verstärkte Einsatz bei Auftragsspitzen. „Wir haben Schwankungen bis weit über 30 Prozent“, sagt Crestani Auch zwischen Subunternehmern kann es Arbeitsteilungen geben. 40:60 lautet hier die Erfolgsformel von Seifert Logistics in Ulm, die 180 eigene Fahrzeuge hat. 60 Prozent der Verkehre im Linien- und im Chartersegment werden den 280 Partnern überlassen. Davon sind 180 ausschließlich im Chartergeschäft tätig, die übrigen 100, die mit langfristigen Verträgen gebunden sind, machen auch Linienverkehre. Zudem gibt es eine 100-prozentige Domäne der Vertragspartner – die internationalen Verkehre. „Hier können wir aus preislichen Gründen keine angestellten Fahrer einsetzen“, sagt Fuhrparkchef Martin Fresemann. ❙❚■ Stefan Bottler Speditionen im Zweifel: Was tun mit den eigenen LKW- Kapazitäten Checkliste Welche Fragen Sie klären sollten, bevor Sie sich für Fahrer oder Subunternehmer entscheiden: Sind wichtige Kunden mit unüberschaubaren Standorten und schwierigem Equipment zu bedienen? Arbeitet der Kunde in seiner Branche selbst mit Subunternehmern zusammen? Wenn ja, was hat er für Erfahrungen gemacht? Arbeitet Ihr Fuhrpark wirtschaftlich? Ermitteln Sie in jedem Fall seine Kennzahlen. Arbeitet der Subunternehmer wirtschaftlich? Hat er seine Kennzahlen ermittelt? Wechseln die Fahrer beim Subunternehmer auffallend häufig? Hat der Kunde in jüngster Zeit Reklamationen oder Beschwerden über eigene Fahrer oder Subunternehmer geäußert? Fährt der Subunternehmer mit Ihrem Logo und Ihren CI-Farben? Wenn ja, was machen seine Fahrzeuge äußerlich für einen Eindruck? Ist der Kunde neu? Sind Ihnen seine betriebswirtschaftlichen Abläufe genau bekannt? Die Qual der Wahl: Eigene Fahrer versus Subunternehmer Feste Destinationen: Nach wie vor die Domäne der fest angestellten Fahrer