Bad Griesbach. Zwei „dramatische Jahre", die „an Gegensätzlichkeit kaum zu überbieten waren", bilanzierte Präsident Heinrich Doll auf der im zweijährlichen Turnus stattfindenden Mitgliederversammlung des Landesverbands Bayerischer Spediteure LBS in Bad Griesbach. Nach dem Krisenjahr 2009 habe man sich 2010 Auftragsschwankungen gegenübergesehen, auf die sich „kein uns bisher bekanntes Muster oder System anwenden" ließe, so Doll. Dies sei - selbst für die flexibel agierende Speditions- und Logistikbranche - eine echte Herausforderung gewesen. Doll betonte, dass sich die Spediteure zu modernen Full-Service-Dienstleistern entwickelt hätten, die Warenströme vernetzten und Logistik als Tagesgeschäft betrieben: „Wir haben es geschafft, uns in industrielle Produktionszyklen einzubinden und ganze Logistikketten mit zu gestalten." Der LBS-Präsident bezeichnete dies als „Entwicklungen von enormer Tragweite".
In die Kategorie „Zukunftsmarkt" ordnete Stefan Rommerskirchen von Prograns dann auch den Bereich der Logistikdienstleistungen ein. Für die Entwicklung des Güterverkehrs brauche es viel Gestaltungskreativität, so der Verkehrswissenschaftler, um die Potenziale der Schiene und der Binnenschifffahrt besser zu nutzen. Die verladende Wirtschaft habe gute Argumente zum Outsourcen, Transport- und Logistikunternehmen müssten aber die richtige Größe und die richtige Marktnische finden, um das aufzugreifen und dem zunehmenden Wettbewerbe zu begegnen. Im Gegensatz zum allgemein prognostizierten Güterverkehrswachstum von 70 Prozent bis zum Jahr 2025 geht Rommerskirchen von einem 25- prozentigen Zuwachs aus. „Der Anteil der Straße wird dann auch noch bei rund 70 Prozent liegen", so seine Erwartungen. Einen Umschwung sieht er für den Schienengüterverkehr voraus: „Die Entwicklung der letzten drei Dekaden kann gestoppt, ja sogar umgedreht werden." Gründe seien unter anderem die Eisenbahnpakete der EU, die Möglichkeit des internationalen Netzzugangs und die zunehmende Wettbewerbsfähigkeit der Schiene.
Dabei würden generell Raum und Geld für die Verkehrsinfrastruktur immer knapper. Deshalb sei unter anderem eine intelligentere Nutzung vorhandener Verkehrswege notwendig. Vor dem Hintergrund des Verkehrswachstums man immer wieder den Infrastrukturausbau an, griff Doll das Thema auf. Bereits jetzt seien vielerorts die Kapazitätsgrenzen erreicht. Als Beispiel nannte er die völlig überlasteten Bahnterminals in Bayern. „Wir würden gerne mehr Güter auf die Schiene verlagern, aber ohne Terminals gehe das nicht, so Doll. Außerdem zeigte er den Ausbaubedarf auf der Rheinschiene Richtung ARA-Häfen, die Streckenführung über Hannover zu den deutschen Seehäfen, und die notwendige Elektrifizierung der Strecke zwischen Hof und Regensburg sowie „unser bayerisches Endlosthema , den Donauausbau" auf. „Wir wissen alle, Schüttgüter, Getreide, Düngemittel und Stahl gehören nicht auf der Straße transportiert, das sind typische Produkte für den Binnenschifffahrtssektor", erklärte er. Beim Straßengüterverkehr, dem „Rückgrat der Transportwirtschaft", werde beim derzeitigen Investitionsvolumen der Mangel letztlich nur verwaltet. Die Verbände forderten erneut zusätzliche Mittel, um den Investitionsstau im Straßenbau dauerhaft zu beseitigen, mahnte Doll an.
Für die Schiene werde man mehr im nächsten Jahr mehr Geld haben, bei der Straße und der Wasserstraße kämpfe man noch, gab Staatssekretär Andreas Scheuer einen Einblick in die politische Diskussion. Dem Thema Donauausbau habe sich eine Arbeitsgruppe auf EU-Ebene angenommen, die eine Analyse der Ausbauvarianten untersuche. Das Ergebnis werde in drei Jahren verkündet, kündigte Scheuer an.
Die Mitgliederversammlung des LBS wählte Heinrich Doll, Komplementär der Landauer Transportgesellschaft Doll KG erneut zu ihrem Präsidenten. Als Vizepräsidenten bestätigte sie Manfred-Jürgen Fichtl von der Fichtl Logistik-Services GmbH sowie Wolfgang Hinterberger von der TKB-Spedition GmbH in ihren Ämtern. (bb)