"Kaufen, um zu bleiben"

Der Logistik-Investmentmarkt brummt: Alleine im ersten Quartal 2019 betrug das Transaktionsvolumen 1,32 Milliarden Euro und erreichte damit das viertbeste jemals registrierte Ergebnis, meldete unlängst BNP Paribas Real Estate. Dabei handelte es sich mitnichten nur um Portfolio-Transaktionen und Mega-Deals: Mit 724 Millionen Euro lagen kleinere und mittelgroße Abschlüsse bis zu einem Volumen von 50 Millionen Euro rund vier Prozent über dem vergleichbaren Vorjahreswert. Das Interesse aufseiten der Investoren an Logistikimmobilien aller Größenordnungen ist also ausgesprochen hoch. Gleichzeitig ist die Eigennutzerquote im vergangenen Jahr leicht gesunken, laut BNP Paribas Real Estate von 41,6 Prozent im Jahr 2017 auf 39,6 Prozent in 2018. Sale-and-Lease-Back im Trend? Ist Eigentum nicht mehr "in"? Ein Immobilien-Deal, der im März für einiges Aufsehen sorgte, war der Fall Nagel Group: Der Foodlogistikriese hat 34 Logistik-Immobilien in Deutschland und Dänemark an Investoren verkauft, um sie anschließend langfristig anzumieten. Ebenfalls im März vermeldete RLI Investors eine Sale-and-Lease-Back-Transaktion mit der BLG Handelslogistik. Hier wechselte eine Immobilie in Melle mit 28.000 Quadratmetern den Besitzer. Das sogenannte Sale-and-Lease-Back-Modell hat offenbar seinen Reiz: Gebundene Vermögenswerte können freigesetzt und für Investitionen, etwa in Digitalisierung oder Expansion, fließen. Ein Modell, das sich laut Immobilienexperten zum Trend entwickeln könnte. Wie einer Marktanalyse von JLL Germany aus 2018 zu entnehmen ist, habe sich das Volumen an Sale-und-Lease-Back-Transaktionen hierzulande in den vergangenen fünf Jahren nahezu verdoppelt. Bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) allerdings hat der Eigentumsgedanke nach wie vor einen hohen Stellenwert. Thomas Schilke von JLL Industrial Investment Berlin führt dies auch auf den Traditionsgedanken zurück, der bei KMU noch großgeschrieben werde. "Entsprechend fest ist die Überzeugung, dass sich die Immobilie auch weiterhin im Eigentum befinden muss", so der JLL-Experte. Kaufen statt Mieten Um Freude an eigenen Assets zu haben, muss man sie aber auch erst mal besitzen. Dass auch eigene Lagerhallen ihren Reiz haben, zeigt die Transco-Gruppe: Der europaweit tätige Logistikdienstleister mit Hauptsitz im baden-württembergischen Singen setzt künftig auf eigene Logistikimmobilien anstelle der Anmietung. Dazu wurde mit Transco Immobilien eine Immobiliengesellschaft gegründet. Die neue Immobilienfirma soll unter Führung von Tania Mel Alvarez künftig das Immobilienportfolio der mittelständischen Logistikgruppe, die insgesamt rund 30 Standorte in acht europäischen Ländern betreibt, verwalten und vergrößern. Im ersten Schritt erwarb Transco Immobilien im Industriepark Gottmadingen, wo Transco mit 70.000 Quadratmetern einen der größten Logistikstandorte der Bodenseeregion betreibt, vier Gebäude mit einer Gesamtnutzfläche von 25.000 Quadratmetern. Drei der vier Immobilien werden von der Transco Süd Internationale Transporte als Logistikstandort genutzt. Die vierte Immobilie, ein knapp 3000 Quadratmeter großes Bürogebäude, ist an verschiedene Unternehmen vermietet. Situation am Finanzmarkt günstig "Das Motto der Transco lautete lange Zeit: Kein Geld in Steine", erinnert sich Christian Bücheler, Geschäftsführer Transco Süd Internationale Transporte. Warum der Mittelständler nun mit dieser Tradition bricht, begründet er folgendermaßen: Erstens sei die Situation am Finanzmarkt aktuell relativ günstig. Zweitens miete die Transco einen Teil der Immobilien, die nun durch die Transco Immobilien gekauft wurden, schließlich wieder an. "Alles in allem ist das ein sinnvolles Konzept, da wir uns damit ein Stück weit unabhängig vom Immobilienmarkt machen können", sagt Bücheler. Völliges Neuland sind Immobilienkäufe für Transco übrigens nicht. "Wir haben bereits vor der Gründung der Immobiliengesellschaft im Ausland Käufe getätigt, etwa in Tschechien", erklärt Bücheler. Dort wurde im vergangenen Jahr zudem ein Bürogebäude saniert, in dem auch Flächen an andere Unternehmen vermietet werden. Die Logistikflächen am Standort D\&{ecaron};\&{ccaron};ín sind aktuell komplett an Transco vermietet. Auch künftig werde Transco Immobilien vorrangig an Unternehmen der Gruppe vermieten, betont Geschäftsführerin Mel Alvarez. "Wir bieten aber auch Gewerbeflächen auf dem freien Markt an", ergänzt sie. An den Standorten in Gottmadingen und auch im Ausland befänden sich demnach schon heute Flächen, die an Dritte untervermietet werden, etwa an produzierende Unternehmen. Nur nachhaltige Investments Und wie entscheidet Transco, welche bislang zur Miete genutzten Immobilien der Gruppe auch als Eigentümer gut stehen könnten? Dies hängt laut Bücheler vor allem vom Standortfaktor ab. "Wir investieren nur in nachhaltige und damit wertbeständige Flächen", sagt der Transco-Geschäftsführer. Gottmadingen sei mit seiner strategisch wichtigen Lage an der Schweizer Grenze sowie mit der guten Anbindung an Autobahn und Schiene ein Topstandort. "Als wir die Möglichkeit bekamen, zu kaufen, fiel die Entscheidung daher nicht schwer", sagt Bücheler. Eine Immobilie auf der grünen Wiese zu kaufen, komme dagegen nicht infrage. Dass der Ausbau der Eigennutzerquote bei der schwierigen Lage auf dem Logistikimmobilienmarkt nicht von alleine geht, weiß auch Bücheler. "Wir sind zwar grundsätzlich daran interessiert, den Eigennutzeranteil weiter auszubauen, aber dafür braucht man erst einmal die entsprechenden Angebote", räumt er ein. "Entweder haben die Standortfaktoren nicht hundertprozentig zu unserer Strategie gepasst, nur Investments mit hohem Werterhalt zu tätigen", erklärt Bücheler. Andererseits seien bei besonders attraktiven Standorten die Vermieter logischerweise selten dazu bereit, Immobilien zu verkaufen. Weitere Zukäufe eher im Ausland Grundsätzlich gehört zur neuen Transco-Strategie aber auch, dass das Unternehmen an anderen Standorten weiterhin Mieter ist, etwa in Großbeeren bei Berlin oder am Standort Lübeck. "Das Verhältnis von Eigennutzung zur Miete muss stimmen", sagt Bücheler. Am Hauptstandort Gottmadingen strebe Transco an, einen Eigennutzeranteil von 60 Prozent zu erreichen. "Wir verfolgen als Mittelständler eine Politik der kleinen Schritte. In Gottmadingen haben wir jetzt einen großen Step gemacht, der nächste Immobilienkauf wird aber wohl eher im Ausland erfolgen", sagt Bücheler. Mel-Alvarez betrachtet den Kauf von Immobilien immer auch als ein Signal für Kunden und Mitarbeiter: "Wir kaufen, um zu bleiben." Von kaufmännischen Aspekten abgesehen ist für Bücheler das eingangs erwähnte Zusammenspiel zwischen Tradition und Eigentum nicht unerheblich: "Es klingt vielleicht sentimental, aber es ist etwas anderes, durch eigene Hallen zu gehen. Umso schöner ist es, wenn sich Sentimentalität rechnet." Mehr zum Thema im Dossier Logistikimmobilien www.verkehrsrundschau.de/dossiers Unternehmensporträt Europaweite LogistiklösungenDie Transco-Gruppe bietet Transporte zu Lande, zu Wasser und in der Luft an. Die Lagerlogistik erstreckt sich vom Blocklager über Teilelager, Konsignations- und Hochregallager bis hin zum Lebensmittel- und Pharmalager. Mit 70.000 Quadratmetern gedeckter Lagerfläche größter Standort in Deutschland ist der Industriepark Gottmadingen in der Bodenseeregion. Neben den Lagerflächen in Schweizer Grenznähe bewirtschaftet das Unternehmen im Inland an vier weiteren Standorten zusammengenommen 30.000 Quadratmeter Lagerfläche. Im Ausland ist Transco mit eigenen Niederlassungen in der Schweiz, Italien, Großbritannien, Polen, Tschechien, Slowakei, Russland, Ukraine und Iran vertreten.Als Gesellschafter des ELVIS-Netzwerkes ist Transco zudem in den Aufbau des neuen Warehouse-Netzwerkes involviert."Ich halte es für außerordentlich wichtig, dass Transportlogistiker auch hinsichtlich Lagerflächen ihre Interessen bündeln", sagt Geschäftsführer Christian Bücheler. mh

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