Berlin. Autofahrer müssen sich nach Einschätzung der deutschen Wettbewerbshüter mit dem heftigen Auf und Ab der Preise an den Zapfsäulen abfinden: Der Präsident des Bundeskartellamtes, Andreas Mundt, sieht im Kampf gegen überzogene Spritpreiserhöhungen keine geeignete Handhabe. "Den Stein der Weisen hat noch keiner gefunden", sagte Mundt dem Berliner "Tagesspiegel" (Montagausgabe).
Die Branche koordiniere sich offenbar über stillschweigende Übereinkünfte, nicht über verbotene Absprachen. Das Kartellamt ist schon länger der Ansicht, dass die Autofahrer hierzulande den fünf großen Tankstellenketten - Aral/BP, Shell, Jet, Esso und Total - ausgeliefert sind. Die Fünf änderten ihre Preise häufig nahezu zeitgleich und nach einem immer wiederkehrenden Muster.
Zuletzt hatte Mundt am vergangenen Dienstag unterstrichen, dass die großen Ketten ein "wettbewerbsloses Oligopol" bildeten und damit den Markt beherrschten, die Mittel der Wettbewerbshüter dagegen aber nicht ausreichten.
Der rheinland-pfälzische Verbraucherschutzminister Jochen Hartloff (SPD) verlangte am Samstag eine gesetzliche Regelung: "Was man derzeit an den Tankstellen beobachten kann, ist schlicht der Missbrauch einer umfassenden Marktmacht." Er nannte als Beispiel Preisgenehmigungsverfahren ähnlich wie bei Strom und Gas - sowie das sogenannte österreichische Modell. Danach dürfen die Konzerne die Preise an den Tankstellen nur noch einmal am Tag anheben, jedoch mehrfach am Tag senken. Dieses Modell sollte laut Hartloff ausprobiert werden. Er gehe dabei zunächst nicht von einer Spritpreissenkung aus, hoffe aber auf mehr Transparenz.
Solche gesetzlichen Eingriffe beurteilt Mundt skeptisch. "Es ist umstritten, ob das in der Praxis etwas bringt", sagte er dem "Tagesspiegel". "In Westaustralien müssen die Tankstellen dem Staat eine Erhöhung oder Senkung am Vortag mitteilen - auch das sorgt aber nicht notwendigerweise für ein niedrigeres Preisniveau."
Auch Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) hatte kürzlich gewarnt, eine Regelung wie in Österreich würde den Anreiz verstärken, den Preis stärker zu erhöhen als im Wettbewerb nötig, um ihn dann in zahlreichen kleinen Schritten wieder fallen zu lassen. Laut EU-Statistikbehörde Eurostat hätten sich die Nettopreise in Österreich seit Einführung der Preisregelung stärker erhöht als in Deutschland. Rösler will jedoch den großen Konzernen gesetzlich verbieten, an freie Tankstellen Benzin zu einem höheren Preis verkaufen zu können, als sie selbst an ihren Tankstellen verlangten, um so die Konkurrenz zu schwächen. (dpa)
Rolf Kues