Die durchschnittlichen europäischen Vertragsfrachtraten für den Straßengüterverkehr stiegen laut den Daten der IRU im dritten Quartal 2022 sogar auf ein Allzeithoch (129,7 Indexpunkte), und zwar um 5,4 Punkte gegenüber dem Vorquartal und um 19,6 Punkte gegenüber dem Vorjahr. Auf dem Spotmarkt hätten die Raten 142,6 Punkte erreicht, ein Anstieg um 6,0 Punkte im Quartalsvergleich und um 26,4 Punkte im Jahresvergleich.
Als Grund für die Steigerungen nennt die IRU die hohen Dieselpreise, den Fahrermangel, aber auch die Trockenheit in Europa. Die Dieselkosten machen laut IRU normalerweise ein Drittel der gesamten betrieblichen Transportkosten aus, doch angesichts des Anstiegs könnten sie nun 50 Prozent der Kosten ausmachen. Zudem wird erwartet, dass der Fahrermangel bis Ende 2022 weiter zunehmen wird, mit einem geschätzten Anstieg der unbesetzten Lkw-Fahrerstellen um 40 Prozent, so der europäische Verband.
Allerdings würden die Daten vom Ende des Quartals zeigen, dass die Preise gegen Ende des dritten Quartals nachgegeben haben. Der Markt stelle sich auf höhere Kosten ein: Die geringeren Ratenerhöhungen in diesem Quartal sowohl im Spot- als auch im Kontraktgeschäft deuten laut der IRU darauf hin, dass „sich der Markt auf die höheren Kosten eingestellt hat, während die höheren Produktionskosten und die geringere Kaufkraft der Verbraucher den nachfrageseitigen Aufwärtsdruck auf die Raten zu verringern beginnen“.
Fahrermangel verschärft sich
Mit Blick auf Deutschland würden die Daten zeigen, dass steigende Energiekosten und Unsicherheiten bei der Energieversorgung der deutschen Industrie zu schaffen machen. Der Einkaufsmanagerindex des verarbeitenden Gewerbes in Deutschland ist im dritten Quartal auf einen Durchschnittswert von 48,7 gefallen, was einem Rückgang von 5,1 Punkten gegenüber dem Vorquartal entspricht. „Damit befindet sich das verarbeitende Gewerbe in Deutschland fest im Bereich der Schrumpfung“, so der Quartalsbericht der IRU. Dies sei ein erstes deutliches Anzeichen dafür, dass „die deutsche Industrie immer weniger Straßengüterverkehr nachfragen wird“, da die fertigende Industrie weniger Leistung nachfragen und weniger Zwischen- und Endprodukte herstellen werde.
Mit Blick auf den Fahrermangel schreibt die IRU, dass in großen europäischen Ländern wie Frankreich, Spanien, Deutschland, Rumänien und Polen die Nachfrage nach Fahrern zwischen Januar und September 2022 kontinuierlich angestiegen ist (+44 Prozent). Prognosen zufolge werde sich der Mangel bis zum Jahr 2026 deutlich verschärfen, mit einem Multiplikatoreffekt von bis zu sieben im Fall von Frankreich, so die IRU. (tb)