Intralogistische Leistungsschau

Simplexity. The Art of Smart Solutions" - unter diesem Motto lud Intralogistikspezialist Linde Material Handling vom 4. bis 15. Juni zur nunmehr dritten World of Material Handling (WoMH). Mehr als 7500 Besucher aus über 50 Ländern reisten zum Mannheimer Maimarktgelände, um sich vom Hausherrn, dessen Kion-Konzernschwester Dematic und 15 weiteren Intralogistik-Anbietern aufzeigen zu lassen, "wie man komplexe Anforderungen durch den Einsatz moderner Technologie beherrschbar macht". So jedenfalls umreißt Christophe Lautray, Chief Sales and Services Officer bei Linde Material Handling, seine Interpretation des aus Simplicity (Einfachheit) und Complexity (Komplexität) zusammengesetzten Kunstworts "Simplexity". Es sei wichtig, auf der Messe nicht einfach nur neue Fahrzeuge zu präsentieren. "Bei der WoMH wollen wir einen Eindruck davon vermitteln, was im Zusammenspiel von Fahrzeugen, Technologien und Lösungen alles möglich ist", so Lautray. Das gelte insbesondere für den E-Commerce: "Wenn Hunderttausende Produkte innerhalb weniger Stunden lieferbar sind, müssen die Abläufe im Hintergrund wie ein präzises Uhrwerk funktionieren." Auf der rund 13.000 Quadratmeter großen Eventfläche waren denn auch jede Menge Live-Demonstrationen typischer Kundenanwendungen zu sehen, vom Be- und Entladen von Lkw über das Einlagern und die Kommissionierung bis hin zu automatisierten Fahrzeugen. Daneben konnten sich Besucher bei Fachvorträgen und individuellen Beratungsgesprächen informieren und vor allem viele Geräte selbst ausprobieren. Gegliedert wurde die Kundenmesse in sogenannte Solution Fields: digitale Lösungen, Energie, Intralogistik/Automatisierung und Sicherheit. Taxi-Ruf für Stapler Zu den neuen digitalen Lösungen, die Linde jüngst einführte, zählt die Truck Call-App, mit der sich insbesondere ungeplante Fahraufträge - etwa bei Verspätungen des zu entladenden Lkw - digital zuweisen lassen. "Im Prinzip funktioniert das Ganze wie bei einem Taxi-Ruf", so Marietta Landsmann, Senior Manager Digital Products bei Linde Material Handling. Übertragen auf die Truck Call-App bedeutet dies: Der Flottenmanager legt im Webportal oder App die Fahrzeuge samt Ausstattung und Eigenschaften an. Parallel wird die App auf den Smartphones der Fahrer installiert. Das System schickt Transport- oder Kommissionieraufträge dann an alle infrage kommenden Fahrer. Ein weiterer digitaler Helfer im Linde-Ökosystem ist die Flottenmanagement-Software Linde Connect, die neuerdings für sämtliche Flurförderzeuge verfügbar ist und sich auch auf Geräten anderer Hersteller installieren lässt. Kurz vor der Markteinführung steht eine GPS-basierte Funktion zur weltweiten Fahrzeug-Lokalisierung. Einen Ausblick auf zukünftige Serviceangebote gab der Staplerhersteller zudem mit einer Ferndiagnose für Flurförderzeuge. Mietkonzept für Li-Ionen-Batterien Einen großen Raum auf der WoMH nahm freilich die Lithium-Ionen-Technik ein, für die Linde ein flexibles Batterie-Mietkonzept vorstellte. "Egal, ob die betreffenden Geräte gekauft, geleast oder gemietet sind: Unsere Kunden können die Lithium-Ionen-Batterien künftig unkompliziert dazumieten", sagt Jürgen Kupka, Financial Services Sales Support bei Linde Material Handling. Die Batterie-Investitionen richten sich demnach nach dem Energieverbrauch und verteilen sich auf monatliche Raten. Kommen weniger oder mehr Betriebsstunden zusammen als ursprünglich veranschlagt, lasse sich der Vertrag anpassen. Im Rahmen der Batteriemiete kümmert sich der betreuende Netzwerkpartner um Wartung und Service sowie um die Rücknahme am Ende der Mietlaufzeit. "Wir bieten unseren Kunden bei neueren Staplermodellen sogar die Option, eine Lithium-Ionen-Batterie nachzurüsten", so Kupka. Umgekehrt bestehe bei Staplern, die mit Lithium-Ionen-Batterie ausgeliefert wurden, jederzeit die Möglichkeit, auf Blei-Säure zurückzuwechseln und die Mietbatterie vorzeitig zurückzugeben. AutoStore am Start Geht es um Lagerautomatisierung, hat der Kion-Konzern mit seinen Unternehmen Linde und Dematic vor allem den E-Commerce im Visier. Linde zeigte automatisierte Lösungen am Beispiel des autonomen Hochhubwagens L-Matic, der auf Geonavigation basiert. Das System nutzt dabei Strukturen wie Regale, Wände, Einrichtungen und Maschinen, um eine zweidimensionale Karte zu erstellen. Indem die Fahrzeuge mit einem Navigationslaser diese Referenzkarte mit den vorgefundenen Strukturen abgleichen, kommen sie ganz ohne zusätzliche Infrastruktur aus. Automatisierungslösungen für intralogistische Prozesse gab es selbstverständlich auch seitens Dematic zu sehen. So wurde AutoStore, ultra-kompaktes Lager und Ware-zur-Person-Kommissioniersystem zugleich, in Mannheim demonstriert. Roboter fahren dabei auf der Oberseite des Lagers, um auf die Waren zuzugreifen, die in den darunterliegenden Fächern gestapelt sind. Die Behälter werden nach Bedarf ein- und ausgelagert und zu den Arbeitsplätzen geliefert. Im Vergleich zur herkömmlichen Lagerdichte kann AutoStore bis zu viermal mehr Inventar auf gleicher Fläche lagern. Für die optimierte Bestellabwicklung bei der Einzelstückkommissionierung hatte Dematic zudem die sogenannte PutWall im Gepäck. Das System funktioniert nach dem Prinzip der Arbeitsteilung: Ein Mitarbeiter scannt die Produkte zunächst auf seiner Seite der PutWall. Ein Licht weist dem Produkt anschließend ein Fach zu, die Ablage des Produktes im Fach wird per Knopfdruck bestätigt. Sind nicht genug Stückzahlen an der PutWall verfügbar, kann per Knopfdruck Nachschub angefordert werden. Auf der anderen Seite der PutWall sorgt ein weiterer Mitarbeiter schließlich für Verpackung und Versand der zusammengestellten Waren. Andreas Krinninger, CEO Linde Material Handling, und Dematic-CEO Jeff Moss zogen auf der WoMH selbstredend eine positive Bilanz aus der seit Ende 2016 bestehenden Zusammenarbeit. Als ein Beispiel der Partnerschaft der Konzernschwestern wurde die auf Geschenkbänder spezialisierte Firma Pattberg angeführt, bei der Dematic eine AutoStore-Anlage installierte, während Linde einige autonome Fahrzeuge aus der L-Matic-Reihe beisteuerte. "Egal wie ein Projekt aussieht - vergleichsweise simpel und mit kleinem Volumen oder hochkomplex mit großem Volumen -, Kions Vision ist, die Materialflussanforderungen der Kunden stets zu verstehen und die beste Lösung zu liefern", so Krinninger. Rezept gegen unebene Böden Unübersehbar in der Messehalle und im Außenbereich war auf der WoMH schließlich der Faktor Sicherheit. Während Ende des vergangenen Jahres mit Dynamic Reach Control eine Lösung eingeführt wurde, die Mastschwankungen beim Einund Auslagern reduzieren soll, ist das jüngste Stapler-Assistenzsystem von Linde die sogenannte Active Stability Control. Diese macht Schmalganggeräte unempfindlicher gegen Bodenunebenheiten. "Interessant ist die neue Technologie auch für Kunden, die in einer angemieteten Halle arbeiten und an der Bodenbeschaffenheit wenig ändern können", erklärt Anna Keilbach, Produktmanagerin Schmalgang bei Linde Material Handling. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier "Gabelstapler" www.verkehrsrundschau.de/dossiers Blockchain in der Intralogistik Lückenlose Wartungshistorie Die Blockchain gehört zweifellos zu den auch in der Logistik heiß diskutierten Themen. Schließlich wird der Technologie - auch abseits von Kryptowährungen wie dem berühmt-berüchtigten Bitcoin -großes Veränderungspotenzial für die gesamte Supply Chain zugeschrieben. Grundsätzlich kann die Blockchain als eine Art elektronisches Register für digitale Datensätze, Ereignisse oder Transaktionen bezeichnet werden, die durch die Teilnehmer eines verteilten Rechnernetzes verwaltet und authentifiziert werden. Auch Linde Material Handling beschäftigt sich mit der Frage, wie das Prinzip der dezentralen Datenbank in Zukunft auch die Intralogistik verändern könnte. Roger Campbell, Leiter Intralogistic Service bei Linde, brachte auf einem Vortrag bei der World of Material Handling etwa das Thema Fahrzeugwartung als naheliegenden Anwendungsfall ins Spiel: Schließlich könnten auch alle Wartungsvorgänge unveränderbar in einer Blockchain gespeichert werden. "Kunden und Servicetechniker könnten die komplette Wartungshistorie ihres Fahrzeuges nachvollziehen", so Campbell. Dies könnte auch dem Markt für Gebrauchtfahrzeuge zugutekommen: Käufer von Gebrauchtstaplern hätten künftig zuverlässige Daten zum tatsächlichen Wartungsverlauf zur Verfügung. Dank der Datenbasis lasse sich überdies möglicherweise ein höherer Wiederverkaufswert erzielen. Darüber hinaus sieht Campbell im Bereich des Vertragswesens und digitaler Rechte mögliche Anwendungen der Blockchain für die Intralogistik. mh

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