Interview Langer DP World: Freie Kapazitäten

Herr Langer, Sie sind Geschäftsführer bei DP World Intermodal in Deutschland. Wie verlief das Jahr 2022? Da wir auch in der Seefracht tätig sind, hatte der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine einen deutlichen Einfluss auf unser Tagesgeschäft. Hinsichtlich der Produktionsprozesse mussten sich viele unserer Kunden neu orientieren und umstrukturieren. Die ausgefallenen Zulieferoptionen aus Osteuropa führten zu Verzögerungen für die Auftraggeber, da das Rohmaterial fehlte, was wiederum zu Verzögerungen im Versand führte. Gemeinsam mit unseren Kunden haben wir jedoch bereits einige gute Lösungen hinsichtlich dieser Problematik erarbeitet. Was uns letztes Jahr stark beschäftigt hat, waren darüber hinaus die steigenden Energiepreise, von denen der gesamte Standort Europa betroffen war. Wie wirken sich die gestiegenen Energiepreise auf die zwölf DP-World-Standorte in Europa aus? Die hohen Energiepreise haben einen Einfluss auf die Attraktivität Europas als Produktionsstandort. Bei unseren Kunden, aber auch generell bei Vertretern aus der Industrie, sehen wir, dass Produktionen verlagert werden - auch in Deutschland ist dieser Trend ersichtlich. Inwiefern trägt die Vielfalt an Verkehrsträgern, die an die drei trimodalen DP-World-Terminals in Deutschland anschließen, zur Erreichung Ihrer Klimaziele bei? Durch die Möglichkeiten des Kombinierten Verkehrs (KV) konnten wir vieles an Gütern auf das Binnenschiff und die Schiene verlagern. Der Anteil der Lkw-Transporte als Direktverbindung zwischen Seehafen und Kunden liegt aktuell bei weniger als fünf Prozent. Trotzdem bin ich der Meinung, dass man noch wesentlich mehr auf das Binnenschiff holen könnte, wenn die deutsche Politik - und dabei spreche ich explizit von Bündnis 90/Die Grünen - dies stärker fördern würde. Meiner Meinung nach könnte das Binnenschiff als Zukunftsträger im KV weiter ausgebaut werden, als derzeit ermöglicht wird. Generell wäre durch vermehrte politische Unterstützung sehr viel mehr möglich, gerade auch im Bereich der Bundeswasserstraßen. Was fordern Sie deshalb von der Politik? Wenn wir dem Klimawandel wirklich entgegenwirken möchten, dann ist mehr Engagement nötig. Gelder müssen in Wasserstraßen fließen, bevor diese irgendwann einmal nicht mehr zur Befahrung verfügbar sind. Wir wissen genau, dass das Volumen, das mit dem Binnenschiff befördert wird, nicht auf die Schiene verlagert werden kann. Man könnte jedoch vieles vom Lkw auf die Schiene verlagern, gerade die zeitkritischen Transporte. Mehr zeitunkritische Ware muss gleichzeitig von der Schiene auf die Wasserstraße verlagert werden, denn hier stehen noch freie Kapazitäten zur Verfügung. Ich denke, dass bei der Transport-verlagerung noch einiges machbar ist. Was wäre klimatechnisch gesehen durch DP World machbar? Unser Ziel ist es, all unsere Umschlagmöglichkeiten bei DP World zu elektrifizieren. Für die Prozesse, die für uns elektrisch umsetzbar sind, setzen wir bereits an all unseren Standorten Ökostrom ein. Für unsere Reachstacker schauen wir uns aktuell nach Hybrid-Lösungen um, bewegen uns jedoch auch in die Richtung pflanzlicher Kraftstoffe wie HVO (Hydrotreated Vegetable Oil). Arbeiten Sie bei DP World in Deutschland mit CO2-Zertifikaten? Nein, das machen wir nicht. Was ist der Grund dafür? Ich finde, dass die Bevölkerung damit verarscht wird. Wenn ich mich mit "grüner Logistik" betiteln möchte, dann möchte ich auch tatsächlich etwas tun, statt mich freizukaufen. Daher bin ich kein Freund von CO2-Zertifikaten. Wir versuchen stattdessen jede Technologie, die neu auf den Markt kommt, eingehend zu prüfen und zu bewerten und auch mal den einen oder anderen Testballon starten zu lassen. Wie steht es aktuell um den Aus- und Umbau im DP-World-Terminal Stuttgart? Die Lager- und Umschlagkapazitäten sind für die Stuttgarter Region wie zuvor begrenzt. Der Aus- und Umbau im DP-World-Terminal Stuttgart ist eines der wichtigsten Projekte für das Jahr 2023, da mit dem Umgestaltungsplan die Kapazität des Terminals um 45 Prozent erhöht wird. Wegen der Corona-Pandemie musste das Thema neu bewertet werden. Wir halten jedoch an unserem Plan fest. Die finalen Entscheidungen werden in der zweiten Hälfte dieses Jahres getroffen, um zeitnah, spätestens aber Anfang 2024, das Bauprojekt zu beginnen. Wir rechnen in Stuttgart mit einer Bauphase von knapp drei Jahren. Über DP World Der Hafenbetreiber unterhält weltweit 78 Terminals. In Europa bietet das Unternehmen über zwölf Inlandterminals rund um die Uhr intermodale Verbindungen, die das Binnenschiff, den Lkw und Transporte auf der Schiene einbinden; drei davon sind in Deutschland aktiv. Im europäischen Inlandnetz gilt der Standort Germersheim, neben Mannheim und Stuttgart, als das größte trimodale Terminal mit Anbindung an die Tiefseehäfen in Rotterdam, Antwerpen und Wilhelmshafen per Binnenschiff und eigenen Schienenanlagen. Während das Unternehmen DP World bis zum Jahr 2040 plant, CO2-neutral zu operieren, soll bis zum Jahr 2050 die Netto-Null-Emission für das gesamte Netz erreicht werden. saku/eh Dieser Artikel erschien zuerst in unserer Partnerzeitschrift SUT, dem Magazin für Schifffahrt und Technik, Ausgabe 3/2023.

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