Internationaler Transport: Welche Regeln für Verspätungen gelten

Selbst, wenn der Spediteur alles noch so gut organisiert hat: Die Zufriedenheit des Kunden hängt letzten Endes davon ab, ob der Frachtführer die Vorgaben planmäßig umsetzt. Liefert der Frachtführer trotz ausreichender Organisation beispielsweise verspätet ab, hat das auch für Spediteure Konsequenzen. Ein unzufriedener Kunde wird in Zukunft davon absehen, dasselbe Unternehmen nochmals zu beauftragen. Doch muss der Spediteur auf dem daraus resultierenden Vermögensschaden tatsächlich sitzen bleiben? Dies fragte sich auch ein Speditionsunternehmen, dessen Frachtführer am Liefertag nicht erschienen war. Pünktlichkeit war wichtig In dem aktuellen Fall schloss ein Speditionsunternehmen einen Vertrag mit einem Kunden aus dem Ausland, laut dem mehrere Frachtführer unterschiedliche Güter zu einem Fixtermin anliefern sollten. Geplant war, dass ein anderweitig bereits beauftragtes Unternehmen diese vom vereinbarten Lieferort weg weiter ins Ausland transportieren sollte. Dabei kam es dem Auftraggeber darauf an, dass die Frachtführer das Transportgut in einem festgelegten Zeitfenster übernehmen und abliefern. Für den Fall, dass der Transport erfolgreich verläuft, stellte der Auftraggeber bereits das nächste lukrative Geschäft in Aussicht. Am besagten Liefertag verspäteten sich aber einige der Frachtführer um mehrere Stunden, einer blieb völlig fern. Begründen taten sie dies mit Arbeitsüberlastung und damit, dass die vorangehenden Ladestellen wiederum überfüllt waren. Daraus entstand dem Spediteur ein Schaden in Höhe von mindestens 5000 Euro und auch vom Folgeauftrag konnte er sich verabschieden. Er suchte daraufhin anwaltliche Beratung auf, um zu klären, inwieweit er von den Frachtführern verlangen kann, den Schaden zu ersetzen. Bei dieser Frage sind verschiedene Aspekte zu berücksichtigen: Handelt es sich wie im Beispiel um einen internationalen Transport, sind die Haftungsvorschriften des CMR (Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im Internationalen Straßengüterverkehr) anwendbar. Hier regelt der Artikel 17 Absatz 1 zur Haftung des Frachtführers Folgendes: "Der Frachtführer haftet (...) für Verlust und für Beschädigung des Gutes (...), sowie Überschreitung der Lieferfrist." CMR: Haftung nicht in jedem Fall Voraussetzung ist: Die Parteien müssen einen Fixtermin für die Lieferung vertraglich vereinbart haben, damit ein Frachtführer für einen Verspätungsschaden haften muss. Dafür genügt nicht schon, dass die Parteien im Vertrag Datum und Uhrzeit der Be- und Entladung vermerken. Vielmehr muss der Auftraggeber schriftlich darauf hinweisen, dass es für ihn essenziell ist, pünktlich zu laden oder auch zu entladen. Dies gilt besonders, wenn die Parteien Rahmenverträge abschließen. Hinzu kommt, dass der Geschädigte innerhalb von 21 Tagen nach Ablieferung ankündigen muss, dass er sich Schadensersatzansprüche vorbehalte. Auch darf die Haftung des Frachtführers nicht ausgeschlossen sein. Dies ist unter anderem dann der Fall, wenn der Frachtführer die Lieferfristüberschreitung nicht verschuldet hat. Ein weiterer Grund ist, wenn für ihn unabwendbare Umstände dazu geführt haben, dass er sich verspätet. Im Praxisbeispiel könnte man davon ausgehen, dass sich die Frachtführer nur verspäteten, weil die vorigen Ladestellen nicht fristgerecht abluden. Im Rechtsstreit wäre es am Gericht, einzuschätzen, ob hier wirklich ein unabwendbares Ereignis vorliegt. Daher ist der Fall mit einem hohen Prozessrisiko verbunden. Zudem sieht das CMR - anders als das Handelsgesetzbuch (HGB) - keine Regeln für sonstige Vermögensschäden vor. Das schränkt die Haftung für Frachtführer in dieser Hinsicht grundsätzlich ein. Davon unberührt besteht im CMR aber die Option, weitergehende Haftungsregelungen individuell zu vereinbaren. Sonstige Vermögensschäden sind materielle Folgeschäden, die kein Sach- oder Personenschaden sind. Es kommt hier zum Schaden nicht dadurch, dass das Transportgut verloren geht, beschädigt ist oder der Transportführer die Lieferfrist überschreitet. Sondern darunter fallen beispielsweise Schäden, die dem Spediteur entstehen, weil der Kunde ihn zukünftig nicht mehr beauftragt. Dass der Frachtführer für sonstige Vermögensschäden haften muss, schreibt das HGB in Paragraf 433 vor. Dafür muss er eine frachtvertragstypische Haupt- oder Nebenpflicht verletzt haben. Das ist etwa der Fall, wenn er die vereinbarte Ladefrist überschreitet. Im Gegenzug muss der Spediteur sich aber das auf seinen Schaden anrechnen lassen, was er sich durch den geplatzten Transport an Aufwendungen erspart hat, sowie Ersatzverdienste aus Aufträgen, die er statt dem Ursprünglichen verwirklichen konnte. Höhe ist begrenzt Doch nicht jeder Schaden ist vollumfänglich ersetzbar. Denn der Gesetzgeber beschränkt die Haftung des Frachtführers auf das Dreifache der Fracht, wenn er die Lieferfrist überschreitet, oder auf die einfache Fracht nach CMR. Nur ausnahmsweise ist es im CMR möglich, dass ein Frachtführer weitergehend haftet. Dafür müssen die Parteien eine abweichende Regelung im Voraus im Vertrag festlegen, wofür der Auftraggeber ein zusätzliches Entgelt zu zahlen hat. Konkret regelt der Gesetzgeber in Artikel 26, dass - insofern eine Partei ihr besonderes Interesse an der Lieferung angegeben hat - auch weitere Schäden ersatzfähig sind, falls das Transportgut verloren geht, beschädigt oder die Lieferfrist überschritten wird. Darunter fallen auch sogenannte mittelbare Schäden wie beispielsweise der entgangene Gewinn. Voraussetzung für den Ersatz ist jedoch, dass der Geschädigte die konkrete Einbuße beweisen kann und die Haftung nicht ausgeschlossen ist. Auch wenn manche Fälle seitens des Spediteurs klar erscheinen, ist es ratsam, bevor man gerichtlich gegen den Frachtführer vorgeht, das Prozessrisiko durch einen Fachanwalt einschätzen zu lassen. Dabei kommt es vor allem darauf an, ob die Voraussetzungen für die Haftung nach Artikel 26 bestehen. Ist bereits kein fixer Termin vertraglich vereinbart, wird sich das Gericht regelmäßig schwertun, anzunehmen, dass der Frachtführer überhaupt eine konkrete Pflicht aus dem Frachtvertrag verletzt hat. Im Prozess: Beweise wichtig Um seine Erfolgschancen zu erhöhen, muss der Spediteur zudem sämtliche für ihn günstigen Tatsachen in einem Prozess beweisen können. Dazu zählen etwa die konkrete Höhe des Schadens, aber auch der ursächliche Zusammenhang zwischen den verletzten Pflichten und dem später eingetretenen Schaden. Möchte der Spediteur den Gewinn einer entgangenen voraussichtlichen späteren Beauftragung ersetzt haben, wird es ihm oft schwerfallen, eine konkrete Schadenshöhe zu benennen. Denn höchstwahrscheinlich bestand noch kein Vertrag. Kompliziert ist es zudem, wenn - wie im vorliegenden Fall - mehrere Frachtführer dafür verantwortlich sind, dass künftige Verträge mit dem Kunden nicht mehr zustande kommen. Hier muss der Spediteur konkret darlegen, welche Verspätung(en) von welchem oder welchen Frachtführer(n) ursächlich dafür war(en), dass der Folgevertrag ausgefallen ist. Geringe Chancen Egal, aus welchem Grund Vermögensschäden entstehen: Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Chancen des Spediteurs gering sind, sich über die gesetzlichen Haftungsbegrenzungen hinwegzusetzen. Wie gut die Chancen bei einem Gerichtsprozess wären, ist davon abhängig, inwieweit der Spediteur seinen Vermögensschaden darlegen kann. Um unnötige vorgerichtliche und Prozesskosten zu vermeiden, sollte man die Rechtslage im Voraus von einem Fachanwalt einschätzen lassen.

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