Berlin. Die Deutsche Bahn sollte sich aus Sicht von Koalitionspolitikern auf ihr Kerngeschäft konzentrieren und den internationalen Logistiker DB Schenker möglicherweise verkaufen. Der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Torsten Herbst, verwies auf die hohen Schulden der Bundeskonzerns und den Investitionsstau im deutschen Schienennetz. „Deshalb sollten Beteiligungen an Unternehmen, die wie DB Schenker ihre Umsätze überwiegend im Ausland erzielen, veräußert werden.“
Der Grünen-Verkehrspolitiker Matthias Gastel regte den Verkauf oder die Neuaufstellung von Tochterfirmen an, die kaum Berührungspunkte zum unmittelbaren Bahngeschäft haben und die für einen zuverlässigeren Schienenverkehr nicht benötigt werden. Die SPD-Fraktion wollte sich auf Anfrage der dpa nicht äußern.
Bisher keine Entscheidung getroffen
Nach Angaben der Bundesregierung gibt es noch keine Entscheidung über einen Verkauf. Auch der Konzernbetriebsrat hat nach eigenen Angaben keine konkreten Informationen zu dem Thema. Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG sprach sich dagegen aus, Schenker abzustoßen.
Zuletzt hatte sich auch Bahnchef Richard Lutz zurückhaltend geäußert. Die Logistik-Tochter habe zwei fantastische Jahre hinter sich und stabilisiere den Konzern finanziell mit Rekordumsätzen und Rekordgewinnen, hatte Lutz im Januar der Deutschen Presse-Agentur gesagt. „Was die Zukunft bringt, das wird man sehen. Derzeit bin ich jedenfalls heilfroh, dass wir Schenker haben.“
74.200 Beschäftigte an 2100 Standorten
DB Schenker bietet international Transporte für Industrie und Handel zu Land, zu Wasser und in der Luft an. 74.200 Beschäftigte arbeiten weltweit an 2100 Standorten. Im vergangenen Jahr machte Schenker nach Angaben aus Aufsichtsratskreisen im laufenden Geschäft einen Gewinn von deutlich über einer Milliarde Euro. Der Logistiker profitiere vom hohen Bedarf an stabilen weltweiten Lieferketten, hieß es. Mit der Eisenbahn in Deutschland machte die Bahn dagegen Verlust.
In den vergangenen Wochen gab es wieder vermehrt Spekulationen über einen Verkauf von Schenker. In Medienberichten wurden ein Kaufpreis von bis zu 20 Milliarden Euro und mehrere internationale Finanzinvestoren als Kaufinteressenten genannt. Keines dieser Unternehmen wollte sich auf Anfrage äußern.
„Wir haben die Medienberichte zur Kenntnis genommen, können diese aber nicht bestätigen“, teilte der Bahnbeauftragte der Bundesregierung, Michael Theurer (FDP), mit. „Wie alles werden wir auch diese Entscheidung daran messen, ob sie die Bahn insgesamt attraktiver macht.“
FDP und Grüne fordern mehr Transparenz und geringere Kosten
„Die Ampel-Koalition hat sich vorgenommen, die bundeseigene Deutsche Bahn effizienter und transparenter aufzustellen“, sagte Gastel. Sie sei zu komplex, das Geflecht aus Hunderten von Tochterunternehmen und Beteiligungen kaum zu durchschauen und schwer zu führen.
Der FDP-Politiker Herbst kritisierte: „Seit vielen Jahren geht die Deutsche Bahn AG mit der finanziellen Sicherheit eines Staatsunternehmens weltweit auf Einkaufstour.“ Gleichzeitig stiegen die Schulden und damit die Risiken für die deutschen Steuerzahler auf immer neue Höhen. Die Bahn solle sich darauf konzentrieren, den Schienenverkehr im Inland zu verbessern.
EVG gegen einen Verkauf
Auf Arbeitnehmerseite werden jedoch mögliche Vorteile betont, die Schenker der Bahn bringen könnte. „Allen die sich mit der Zukunft von DB Schenker befassen, kann ich nur empfehlen, sich das genau anzusehen“, mahnte EVG-Vize Martin Burkert. Noch sei es nicht gelungen, die Güterbahn DB Cargo und Schenker besser zu verzahnen. „Die Kunden im Güterverkehr verlangen eine durchgehende Logistikkette. Im Sinne der Klimaziele ist das der bessere Weg, als ein Verkauf, der die finanziellen Löcher der DB kurzfristig verbessert.“ (dpa/sn)