Green Truck 2025: Effizienteste Fernverkehrs-Lkw im Vergleich

Mit überschwänglichem Lob halten wir uns bei unseren Fahrzeugtests normalerweise zurück. Doch was diese drei Sattelzugmaschinen, die sich hier zum Green-Truck-Vergleich versammeln, in Sachen Verbrauch abliefern, darf man schon als sensationell werten! Alle drei Testfahrzeuge bleiben auf unserer 343 Kilometer langen Testrunde deutlich unter der 22-Liter-Grenze - da dürften nicht nur die Fahrer/innen manch großer SUV-Pkw ungläubig staunen. Wie wir das geschafft haben? Natürlich durch den Einsatz modernster Technik, aber eben auch mittels konsequenter Konfiguration, einer entsprechenden Fahrweise und nicht zuletzt durch kalkuliertes Downsizing. Aber der Reihe nach: Beim Green Truck küren wir jährlich die effizienteste und damit umweltfreundlichste Fernverkehrs-Sattelzugmaschine. Neben dem Diesel- und AdBlue-Konsum zählen dabei zusätzlich die auf der VR-Testrunde erreichte Durchschnittsgeschwindigkeit sowie das Leergewicht des Testfahrzeugs. Damit uns die Hersteller nun kein karg ausgestattetes "Kassengestell" vor die Tür stellen, bei dem das Fahrpersonal zu Recht die Nase rümpft, sind neben einer raumspendenden Hochdachkabine auch gewisse Ausstattungen Pflicht, die unserer Meinung nach in einen Fernverkehrs-Lkw gehören. Pflicht ist ebenfalls eine Vollverspoilerung und zwecks der Vergleichbarkeit müssen alle Zugmaschinen auf dem gleichen Reifentyp rollen. Ausdrücklich erlaubt sind zudem alle Spritsparhelfer, die der jeweilige Hersteller anbietet und auf den Testfahrten gilt Höchsttempo 85 mit einer Hysterese von plus/minus 5 km/h beim GPS-Tempomaten. Die Transportaufgabe stellt für alle Test-Sattelzugmaschinen unser Krone-Curtainsider, der auf 24 Tonnen ausgeladen für ein Zuggesamtgewicht von knapp 31 Tonnen sorgt. Test mit Referenz-Lkw Auch beim Green Truck geht nichts ohne Referenz-Fahrzeug. Unser Volvo FH 460 I-Save mit Curtainsider von Schmitz Cargobull begleitete jede Testfahrt. Im Vorfeld haben wir die Testrunde unter guten Wetterbedingungen abgefahren. Verändern sich die Werte beim Test, wissen wir, dass das Testfahrzeug andere Wetterbedingungen hatte. Über das Verhältnis der Veränderungen beziehen wir die Werte der Test-Lkw auf eine Basis. So werden die verschiedenen Fahrten miteinander vergleichbar. DAF, Scania und Volvo treten an Neben DAF und dem Titelverteidiger Scania nimmt auch Volvo Trucks die Herausforderung an. Warum die anderen fünf europäischen Lkw-Produzenten verzichten, entzieht sich unserer Kenntnis, vielleicht ahnte man in den Firmenzentralen bereits, welche Werte Eindhoven, Södertälje und Göteborg vorlegen würden? Das fängt beim Gewicht an: Scania und Volvo Trucks orientieren sich hier streng am Regelwerk und schicken Testfahrzeuge mit abgespeckter Ausstattung ins Rennen. Niedrige 7128 beziehungsweise 7152 Kilogramm sind die Folge. Der über mehr Optionen verfügende DAF wiegt 100 Kilo mehr als der leichte Scania, bleibt vom Prädikat "Schwergewicht" also ebenfalls weit entfernt. Trotzdem verschenkt der niederländische Hersteller, der sich mit Sicherheit auf ein ähnliches Niveau wie Scania und Volvo "hungern" könnte, hier wertvolle Punkte. Umso mehr soll es der kürzlich intensiv überarbeitete Antriebsstrang des XF 430 richten. Unter anderem stellten die niederländischen Ingenieure das Einspritzverfahren des bekannten 12,9 Liter großen MX-13-Sechszylinders auf das Miller-Verfahren um. Bei dem schließt das Einlassventil bewusst später, also erst dann, wenn sich der Kolben bereits wieder in seiner Aufwärtsbewegung befindet. Neben einem geringeren Widerstand befindet sich auf diese Weise weniger Luft im Zylinder. Und weniger Luft bedeutet geringere Stickoxide im Abgas, wodurch DAF nach eigenen Angaben die Rate der verbrauchstreibenden Abgasrückführung deutlich reduzieren kann. Zusätzlich verordnete DAF ein weiteres Feature und das ist am Steuer ungleich stärker zu bemerken. Die Rede ist von der neuen 2,05er-Hinterachsübersetzung, die für eine radikale Absenkung der Drehzahlen bei Autobahntempo sorgt. Lediglich 940 Umdrehungen pro Minute (/min) liegen bei Reisetempo 85 an. Die macht der MX-13-Motor überraschend gut mit und zögert steigungsbedingte Rückschaltungen sogar bis 900 Touren hinaus. Das kann allerdings nicht verhindern, dass der Niederländer an den Bergen der VR-Testrunde insgesamt deutlich öfter seine automatisierte ZF-Traxon-Schaltbox bemühen muss und an mancher Stelle sogar der zehnte Gang fällig wird. Green Truck 2025 Hersteller/Typ Euro-Norm Verbrauch Verbrauch AdBlue Geschwindigkeit Gewicht Wirtschaftlichkeit* CO2e Volvo FH Aero 420 Euro 6e 21,20 l/100 km 1,28 l/100 km 80,14 km/h 7152 kg 1,324 673 g/km Scania 420 R Super Euro 6e 21,50 l/100 km 2,31 l/100 km 80,18 km/h 7128 kg 1,309 682 g/km DAF XF 430 Euro 6e 21,59 l/100 km 0,98 l/100 km 79,79 km/h 7230 kg 1,299 685 g/km * Durchschnittsgeschwindigkeit / (2 x Verbrauch) + (0,172 x AdBlue-Verbrauch) + (Leergewicht/400), CO2e = CO2-Äquivalente Scania setzt auf Overdrive Den spart der Scania 420 R Super an allen Autobahnsteigungen unserer Strecke komplett aus. Und das, obwohl der Schwede eine Effizienz-Waffe einsetzt, die man bei DAF im Rahmen der jüngsten Überarbeitung wieder eliminierte. Die Rede ist von der Drehmoment-Reduzierung, die Scania im Eco-Modus hinterlegt. Anders als früher bei DAF ist die Reduzierung aber dynamisch geregelt. Das bedeutet, dass die Elektronik für jede Steigung neu berechnet, wie viel Moment für eine effiziente Überwindung des jeweiligen Berges sinnvoll ist. Wobei neben dem aktuellen Gewicht auch die Windverhältnisse mit in die Berechnungen einfließen. Was sich erst mal nach einem "Dynamik-Killer" anhört, wirkt sich in der Praxis deutlich weniger dramatisch aus. Denn um mehr als 15 Prozent beschneidet der Scania sein Leistungsvermögen grundsätzlich nicht. In Sachen Fahrdynamik liegt die Reduzierung deshalb unserer Meinung nach im Bereich von kaum spürbar. Ganz anders soll es beim Verbrauch aussehen, hier führe die Drehmoment-Reduzierung zu einer deutlichen Verbesserung, wie Scania-Mitarbeiter versichern. Ähnlich äußert man sich bei Volvo Trucks, schließlich hat der Test-Lkw aus Göteborg ein ähnliches System an Bord. Bleiben wir zunächst beim Scania und wenden uns dem Getriebe zu. Hier hält die G25-Schaltbox aus hauseigener Produktion 14 Vorwärtsgänge bereit. Während der Crawler als Anfahrhilfe für schwere Bedingungen dient, soll die zusätzliche Overdrive (OD)-Funktion der Fahrstufe 12 den Verbrauch senken. Die kommt beim aktuellen Testfahrzeug wieder häufiger zum Einsatz. Nutzte die automatisierte Opticruise-Schaltbox den Overdrive bislang vorrangig in mäßigen Bergabpassagen, um den Scania mit wenig Antriebswiderständen und mit Nullverbrauch dahinrollen zu lassen, ist der OD-Modus beim Test-Scania der neuesten Generation auch in der Ebene öfter aktiv und senkt das Drehzahlniveau auf dann 830/min bei 85 km/h ab. Die Technik ist beim Scania also fraglos auf Topniveau. Was für den optischen Auftritt des 420 R Super dagegen nur noch bedingt gilt. Scania möge uns diese Spitze verzeihen, aber mittlerweile wirkt der seit seiner Einführung im Jahr 2016 optisch unveränderte Greif vergleichsweise unmodern. Das liegt daran, dass DAF und Volvo Trucks die Aerodynamik ihrer Modelle schon per keilförmigen Frontverlängerungen verbessern und die herkömmlichen Außenspiegel längst standardmäßig gegen moderne Kamerasysteme ersetzen. Bei Scania befindet sich beides aktuell gewiss in der Entwicklung, ist aber eben noch nicht lieferbar. Aerofront plus Turbocompound Beim Volvo FH Aero 420 I-Save soll die 24 Zentimeter nach vorne gezogene Front bis zu fünf Prozent Verbrauchseinsparung einfahren. Kleinere Neuerungen, wie neue Windleitelemente im Bereich der A-Säule und per Gummilippe zum Auflieger hin verlängerte Flaps, schob der Hersteller pünktlich zum Test nach. Sie sollen den FH Aero noch geschmeidiger durch den Fahrtwind gleiten lassen. Zusätzlich setzt Volvo Trucks einmal mehr auf das I-Save-Paket, das unter anderem die Turbocompound-Technik umfasst. Die erhöht das maximale Drehmoment im Vergleich zum "normalen" 420er-FH um 300 auf insgesamt 2400 Newtonmeter. Womit der Volvo hier den höchsten Wert mit auf die Strecke nimmt und das entsprechend zu nutzen weiß. Regelmäßig zieht der 420er-FH unseren Krone-Trailer mit knapp 930 Touren im zwölften Gang über Bergkuppen, mehr als 1200/min liegen im Volvo zu keinem Zeitpunkt an. Dabei hilft auch die Angasfunktion, bei der am Fuße von Steigungen das Tempo auf 90 km/h erhöht wird, um möglichst viel Schwung mitzunehmen. Diesen Trick setzt auch der Scania regelmäßig ein, wohingegen man bei DAF keinerlei Sparpotenzial darin sieht. Volvo mit neuem Spritspar-System Unumstrittenes Sparpotenzial offenbart dagegen das neueste Spritsparsystem des Volvo, das auf den Namen "I-Roll with Engine Start/Stop" hört und ab sofort Teil des optionalen I-Save-Pakets ist. Bei diesem wird der D13-Reihensechszylinder in Rollphasen komplett abgeschaltet, weshalb der bisherige Leerlaufverbrauch im Eco-Roll-Modus wegfällt. Verbräuche und Tempo Volvo FH Aero 420 I-Save Scania 420 R Super DAF XF 430 1. Etappe 74,3 km medium l/100 km: 20,62km/h: 84,62 l/100 km: 21,43km/h: 84,79 l/100 km: 21,40km/h: 84,13 2. Etappe 80,8 km hügelig l/100 km: 21,94km/h: 83,86 l/100 km: 22,50km/h: 83,85 l/100 km: 22,96km/h: 83,28 3. Etappe 100,2 km Rolletappe l/100 km: 20,99km/h: 84,26 l/100 km: 21,62km/h: 83,93 l/100 km: 21,32km/h: 83,95 4. Etappe 50,5 km Landstraße l/100 km: 19,36km/h: 62,45 l/100 km: 18,95km/h: 62,78 l/100 km: 19,26km/h: 62,40 5. Etappe 37,0 km leicht l/100 km: 23,97km/h: 84,47 l/100 km: 22,78km/h: 84,67 l/100 km: 23,03km/h: 84,03 Gesamt 342,8 km l/100 km: 21,20km/h: 80,14 l/100 km: 21,50km/h: 80,18 l/100 km: 21,59km/h: 79,79 Verbräuche ohne AdBlue-Anteil, Test-Gesamtgewicht: ca. 31 Tonnen Wer nun denkt, dass das kaum ins Gewicht fällt: Auf der 343 Kilometer langen VR-Testrunde hat der Volvo-Motor mehr als 70 Minuten Pause. Entsprechend läppert sich das Sparpotenzial des neuen Systems über die Kilometer zusammen. Und trägt seinen Anteil dazu bei, dass dem FH Aero 420 I-Save der Sieg in diesem Jahr nicht zu nehmen ist. Er legt den niedrigsten Verbrauch vor, legt ein hohes Durchschnittstempo vor und baut trotz seiner nachträglich implementierten, 60 Kilo schweren Frontverlängerung erfreulich leicht. Womit die Trophäe erstmals in der Geschichte des Green-Truck-Awards an Volvo Trucks geht. Eine schöne Bestätigung für die findigen Fahrzeugentwickler im schwedischen Göteborg! Fazit Immer effizienter unterwegs Es mag abgedroschen klingen, aber eigentlich dürfen sich alle drei Teilnehmer des diesjährigen Green-Truck-Awards als Sieger fühlen. Zunächst einmal, weil sie sich - anders ihre Wettbewerber - hier an den Start trauten. Vor allem aber, weil Volvo Trucks, aber auch Scania und DAF eindrucksvoll unter Beweis stellen, wie effizient sich moderne Lastwagen heute bewegen lassen, wenn man alle technischen Raffinessen der Fahrzeuge, wie den GPS-Tempomaten oder die dynamische Drehmomentreduzierung ihre Arbeit machen lässt. Und nach wie vor scheint die Entwicklung in Sachen Dieselmotor auch im Jahr 2025 noch lange nicht am Ende zu sein. Die neue automatische Motorabschaltung des Volvo ist dafür nur ein Beweis. Gut möglich, dass in den kommenden Monaten mancher Wettbewerber hier ein ähnliches System nachlegen wird? jan.burgdorf@tecvia.com