Green Truck 2021: Grün ist Trumpf

Ob den Verantwortlichen bei Scania einfach die Farbe gut gefiel oder sie schon vor dem Test zum Green Truck 2021 siegessicher waren? Schwer zu sagen, auf jeden Fall lackierten sie das Testfahrzeug passend in leuchtendem Grün, das sich übrigens unter dem Namen "Passion Green" in den Preislisten findet. Sollte man sich in Södertälje tatsächlich sicher gewesen sein, den begehrten Umweltpreis der VerkehrsRundschau zum fünften Mal in Folge einzufahren, so dürfte dieser Optimismus nach den Verbrauchsergebnissen des MAN TGX durchaus ins Wanken geraten sein. Denn, so viel sei jetzt schon verraten, der Löwe war etwas sparsamer auf der VR-Testrunde unterwegs als der Scania. Doch zunächst die Rahmenbedingungen der 2021er-Ausgabe des Green Truck. Für die ist eine fernverkehrstaugliche 4x2-Sattelzugmaschine vorgeschrieben. Heißt: Der Lkw muss neben einer Vollverspoilerung oben und seitlich auch über ein Fahrerhaus verfügen, in dem der Fahrer geeignete Platzverhältnisse für lange Touren vorfindet. Genormt ist ebenfalls die Transportaufgabe, die unser auf 24 Tonnen ausgeladener Testauflieger von Krone stellt. Das ergibt für den Sattelzug ein Gesamtgewicht von knapp 32 Tonnen und damit eine eher leichte Aufgabe, die ein Downsizing in Sachen Motorleistung nahelegt: Nicht weniger oder mehr als zwischen 400 und 440 PS fordert die Ausschreibung, welche wir selbstredend an alle sieben europäischen Hersteller versandten. Warum mit dem MAN TGX 18.430 GM, dem Mercedes-Benz Actros 1842 StreamSpace und dem Scania R 410 Highline nur drei Hersteller unserer Einladung folgten, vermögen wir nicht zu beurteilen - vielleicht ist es schlicht fehlendes Vertrauen ins eigene Produkt? Denn die drei Teilnehmer legen ohne Frage ein hohes Niveau an den Tag! Überraschend kurz übersetzt Wobei die Abstimmung des Scania durchaus überrascht. In einer Zeit, wo die Gesamtübersetzungen aufgrund immer höherer Drehmomente scheinbar nicht lang genug ausfallen können, rollt der Schwede mit einer 2,59er-Hinterachse zum Test. Ergibt bei Marschtempo 85, das beim Green Truck auf der Autobahn gilt, ein Drehzahlniveau von verhältnismäßig hohen 1200/min. Das beschert dem Scania souveräne Fahrleistungen. Er benötigt an keinem Anstieg der 343 Kilometer langen VR-Testrunde eine steigungsbedingte Rückschaltung und legt außerdem ein hohes Durchschnittstempo an den Tag, das schließlich neben dem Gewicht des Testfahrzeugs und natürlich dem Dieselverbrauch ebenfalls in die Green-Truck-Bewertung einfließt (siehe Tabelle unten). Beim Verbrauch dürfte die Wahl der kurzen Übersetzung allerdings kleinere Nachteile zur Folge haben. Eine Flanke, die der MAN TGX nutzt und seinem schwedischen Konzernbruder immerhin 0,1 l/100 km abnimmt. Dabei setzt er auf eine gegenteilige Abstimmung, deren Devise möglichst lang lautet. Soll heißen: Die Münchener wählten mit der 2,31er-Hinterachse die längstmögliche Übersetzung ihres Portfolios, die das Drehzahlniveau bei Testreisetempo auf nur knapp über 1000 Touren senkt. Die goldene Mitte wählt hier der Mercedes-Benz Actros, bei dem mit seiner 2,41er-Hinterachse 1100/min bei 85 km/h anliegen. Weniger wäre beim Stern allerdings auch gar nicht drin, denn längere Hinterachsübersetzungen finden sich im Actros-Programm bis dato nicht. Der Scania ist schnell und leicht In der Mitte platziert sich der Mercedes-Benz auch bei der Geschwindigkeitswertung. Mit 79,94 km/h ordnet er sich zwischen dem schnellen Scania und dem MAN ein. Sein hohes Tempo hilft dem Scania, wichtige Punkte gutzumachen, wie auch in der Gewichtswertung, in der er sich ein Kopfan-Kopf-Rennen mit dem Mercedes-Benz liefert. Beide Zugmaschinen wurden gekonnt auf niedriges Gewicht konfiguriert. Gekonnt deshalb, weil die Diät in beiden Fällen nicht auf Kosten des Fahrers geschieht - oder zumindest im verschmerzbaren Rahmen. So dürfte das Fehlen der Zusatzscheinwerfer im Highline-Hochdach des Scania den wenigsten überhaupt auffallen, es hat aber eben ein paar Kilogramm Gewichtsvorteil zur Folge, weshalb die Waage dem Scania leichte 7,28 Tonnen bescheinigt und dem Daimler lediglich zehn Kilogramm mehr. Und der MAN TGX? Der wäre ohne Frage zu ähnlichen Abspeckkuren fähig. Das Testfahrzeug präsentierte sich allerdings mit einer reichhaltigen Ausstattung, weshalb die Münchener hier wertvolle Punkte liegen lassen. Was eben seinen Beitrag dazu leistet, dass es dem Scania R 410 Highline am Ende doch noch gelingt, sich gegen die beiden Konkurrenten aus Deutschland durchzusetzen und sich den Titel "Green Truck 2021" zu sichern, womit die Trophäe zum fünften Mal ins schwedische Södertälje geht. Wahrscheinlich war es doch nicht nur allein Sympathie für Grün, die die Scania-Verantwortlichen zu dieser Farbe greifen ließ? Mehr zum Thema finden Sie unter #GreenTruck www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Bei den Testfahrten zum Green Truck ist wie immer auch das redaktionseigene Referenzfahrzeug in Form unseres MB Actros 1845 mit Curtainsider von Schmitz Cargobull dabei. Der Sattelzug ist für den Wetterabgleich zuständig und ermöglicht so die Vergleichbarkeit der einzelnen Testfahrten untereinander. Green Truck 2021 Hersteller/Typ Euro-Norm Verbrauch Geschwindigkeit Gewicht Wirtschaftlichkeit* CO2e 1. Scania R 410 Euro 6d 22,81 l/100 km 80,60 km/h 7285 kg 1,263 724 g/km 2. MAN TGX 18.430 Euro 6d 22,71 l/100 km 79,50 km/h 7350 kg 1,246 721 g/km 3. MB Actros 1842 Euro 6d 23,33 l/100 km 79,94 km/h 7295 kg 1,232 740 g/km Verbräuche ohne AdBlue-Anteil, *Durchschnittsgeschwindigkeit / (2 x Verbrauch) + (0,25 x Leergewicht), CO2e = CO2-Äquivalente

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