Die Bundesregierung hat sich am Donnerstag nach monatelangem Gezerre auf ein Strompreispaket geeinigt. Herzstück ist die Senkung der Stromsteuer von derzeit rund zwei Cent je Kilowattstunde auf das europäische Mindestmaß von 0,05 Cent, die für alle Unternehmen des produzierenden Gewerbes gelte soll. Darüber hinaus sollen die Hilfen für rund 350 Unternehmen, die am stärksten im internationalen Wettbewerb stehen, nochmals ausgeweitet werden. Die Reaktionen aus der Wirtschaft ließen nicht lange auf sich warten.
Tiefkühlwirtschaft sieht Forderungen bestätigt
Ausdrücklich begrüßt wurde die Ampel-Einigung zur Stromsteuer vom Deutschen Tiefkühlinstitut (dti). Der Verband vertritt überwiegend mittelständische Unternehmen aus allen Teilen der Tiefkühlkette von Industrie über Logistik und Handel. „Die geplante Absenkung entlastet alle Unternehmen in Deutschland sofort spürbar und unkompliziert - nicht nur die, die bisher einen Spitzenlastausgleich erhalten haben“, sagte dti-Geschäftsführerin Sabine Eichner. Die Tiefkühlwirtschaft hatte im Vorfeld mehrfach gefordert, die Stromsteuer auf den europäischen Mindestsatz abzusenken.
VDA: "Verpasste Chance für die Elektromobilität"
Der Verband der Automobilindustrie (VDA) äußerte in einem ersten Statement Lob und Kritik. So sprach VDA-Präsidentin Hildegard Müller von einem wichtigen Signal an die Industrie und auch die Unternehmen der deutschen Automobilindustrie. „Als VDA haben wir immer wieder darauf hingewiesen, dass unbedingt auch der Mittelstand beim Strompreis entlastet werden muss und begrüßen diesen Schritt deshalb.“ Zu bedauern sei jedoch, dass Privathaushalte nicht von der Absenkung der Stromsteuer erfasst sind. Dies sei eine verpasste Chance, zusätzliche Anreize zum Umstieg auf die Elektromobilität zu schaffen, so Müller. „Für uns unverständlich ist, dass bei der Ausweitung der Strompreiskompensation für sehr energieintensive Unternehmen offenbar gerade Zukunftstechnologien wie Batterien und Halbleiter außen vor bleiben“, kritisiert Müller einen weiteren Aspekt des Strompreispakets.
Teile des Handwerks und Handel fühlen sich übergangen
Auch aus dem Handwerk gab es kritische Stimmen. Wenngleich das Strompreispaket der Bundesregierung in die richtige Richtung gehe, fielen wichtige energieintensive Branchen aus dem Handwerk abermals durch das Raster, da sie formal nicht zum produzierenden Gewerbe gehören, erklärte Jörg Dittrich, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH). Darunter fänden sich etwa Betriebe des Kfz-Handwerks. „Eine Entlastung ist aber für alle energieintensiven Betriebe dringend notwendig, um eine drohende Existenzgefährdung abzuwenden“, so Dittrich, der entsprechende Nachschärfungen fordert.
Die Kritik von Peter Adrian, Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), geht in eine ähnliche Richtung: Auch die Betriebe in Handel und Dienstleistungen seien auf bezahlbare Strompreise angewiesen. "Daher ist es mehr als ein Wermutstropfen, dass die Stromsteuer nicht generell auf das Mindestmaß gesenkt wird“, so Adrian.
Der Handelsverband Deutschland (HDE) zeigt sich ebenfalls enttäuscht. „Es ist nicht zu verstehen, dass jetzt einige Unternehmen bei der Stromsteuer privilegiert werden sollen. Die Strompreise sind für alle hoch, deshalb braucht es eine Entlastung für alle“, so HDE-Präsident Alexander von Preen. Im Lebensmitteleinzelhandel etwa machten die Energiekosten früher ein bis eineinhalb Prozent vom Umsatz aus. Mittlerweile liege dieser Wert vier- oder fünfmal so hoch.
BDI: "Zukunftstechnologien bleiben außen vor"
„Das Strompreispaket der Bundesregierung bringt dringend notwendige Entlastungen für Unternehmen und ist ein wichtiger Schritt in Richtung mehr Wettbewerbsfähigkeit“, sagt derweil Tanja Gönner, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI). Der BDI begrüße, dass es mit der Senkung der Stromsteuer für das produzierende Gewerbe Entlastungen in der Breite der Industrie gibt. Gut sei auch, dass besonders betroffenen energieintensiven Unternehmen im internationalen Wettbewerb geholfen werden soll. Gönner äußerte aber auch Kritik: „Leider ist der Kreis der energieintensiven Unternehmen mit rund 350 Unternehmen sehr eng gewählt, wodurch viele Unternehmen und auch Zukunftstechnologien außen vor bleiben.“
Kerstin Andreae, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) sprach von einer „sehr guten Nachricht, dass die Bundesregierung keine Eingriffe in die Energiepreisbildung vornimmt.“ Ein regulierter Industriestrompreis hätte demnach die freie Preisbildung auf dem Markt beeinträchtigt und negative Auswirkungen auf den Stromgroßhandelsmarkt nach sich gezogen. Ein Wermutstropfen aber bleibe: So wäre es nach Ansicht des BDEW konsequenter gewesen, die Stromsteuer-Senkung nicht allein auf das produzierende Gewerbe zu beschränken. So würden auch umweltfreundliche Technologien wie beispielsweise die Elektromobilität wettbewerbsfähiger gegenüber fossilen Energieträgern wie Heizöl, Benzin oder Diesel.