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Geißler-Vorschlag zu Stuttgart 21 hat kaum Chancen

05.08.2011 17:01 Uhr
Geißler-Vorschlag zu Stuttgart 21 hat kaum Chancen
Heiner Geißler wollte einer gespaltenen Stadt Frieden bringen
© Foto: imago/Thomas Frey

Eine Woche Bedenkzeit ist vorbei: Der Vorschlag von Stuttgart-21-Schlichter Heiner Geißler findet kaum Anklang / Die Wichtigen halten sich bedeckt

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Stuttgart. Stuttgart-21-Schlichter Heiner Geißler wollte einer gespaltenen Stadt Frieden bringen - doch eine Woche nach seinem Vorstoß gibt es kaum Bereitschaft zu einem Kompromiss. Die Projektträger Stadt und Region Stuttgart sowie Flughafen Stuttgart haben bereits signalisiert, dass sie der Kombi-Lösung aus Tief- und Kopfbahnhofs keine Chancen einräumen.

Das Verkehrsministerium von Ressortchef und Stuttgart-21-Gegner Winfried Hermann (Grüne) wird die Bewertung der Geißler-Initiative bis kommenden Dienstag abschließen und sich danach in der Koalition mit der SPD abstimmen, hieß es am Freitag. Auch das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 will erst Anfang kommender Woche eine Bewertung des Vorstoßes abgeben. Gleichzeitig wird die Kritik an Geißler immer heftiger.

Für die Bahn begründete Projektsprecher Wolfgang Dietrich die bisherige Zurückhaltung. „Wir warten erst eine gemeinsame Stellungnahme der grün-roten Landesregierung ab - am besten keine unterschiedlichen Äußerungen." Die Grünen sind gegen Stuttgart 21, die SPD ist überwiegend dafür. Eine monatelange Prüfung des Vorschlags biete sich für die Bahn nicht an, wenn nicht klar sei, wie die Projektpartner dazu stünden, sagte Dietrich.

Beobachter gehen aber davon aus, dass die Bahn den schon vor fast 20 Jahren verworfenen Kompromiss ablehnen wird. Kritiker machen unter anderem geltend, dass es durch neue Planfeststellungsverfahren zu erheblichen Verzögerungen beim Bau des neuen Bahnknotens kommen könne. Die Bahn verweist auf eine Umfrage, nach der 54 Prozent der Stuttgarter und 47 Prozent der Baden-Württemberger Stuttgart 21 samt der geplanten Neubaustrecke nach Ulm befürworten.

Matthias von Herrmann, Sprecher der „Parkschützer", sagte, Geißler räume mit seinem Vorstoß ein, dass Stuttgart 21 „tot ist". Dennoch sei aus Sicht der «Parkschützer» K21, also die Erneuerung des Kopfbahnhofes, die bessere Alternative; denn sie komme mit der bestehenden Infrastruktur aus und verzichte auf Zerstörung der Natur, betonte der Anti-Stuttgart-21-Aktivist.

Darauf verweist auch der inzwischen zu den Stuttgart-21-Befürwortern gehörende „Vater" der Kombi-Lösung, Gerhard Heimerl. „Ich bin sicher, wenn der Vorschlag umgesetzt werden sollte, würden die Proteste in gleicher Weise weitergehen", sagte der emeritierte Professor des Instituts für Eisenbahn- und Verkehrswesen in Stuttgart der dpa. Der Vorschlag ziehe ebenso wie Stuttgart 21 Eingriffe in den Untergrund mit seinen Mineralwasservorkommen, die Beschädigung des Südflügels des Bonatzbaus und das Fällen von Bäumen nach sich.

Zudem schätzt Heimerl, dass die Variante mit bis 5 Milliarden Euro kostspieliger würde als das 4,1 Milliarden Euro teure Stuttgart 21. „Denn auf die Baukosten für den verkleinerten Tiefbahnhof von bis zu drei Milliarden Euro würden die Modernisierung des Kopfbahnhofes für bis zu 1,3 Milliarden Euro und 700 Millionen Euro wegfallende Grundstückserlöse noch oben drauf kommen", erläuterte er.

Geißler hat sich nach Ansicht der Generalsekretärin der Südwest-FDP, Gabriele Heise, überschätzt. „Seine Aufgabe war nicht, dass er alle glücklich macht, sondern dass er den Austausch von gegensätzlichen Meinungen moderiert." Den Konflikt um Stuttgart 21 lösen zu wollen, sei eine Überforderung. Eher hätte sie sich gewünscht, dass Geißler auf die Gegner eingewirkt und auf deren Akzeptanz des Stresstests für den Tiefbahnhof gepocht hätte.

Auch Stuttgart-21-Architekt Christoph Ingenhoven sagte der Financial Times Deutschland, Geißlers Plan vereinige die Nachteile beider Lösungen. „Er setzt das Ansehen, das er sich während der Schlichtung erworben hat, durch seinen fragwürdigen Vorschlag aufs Spiel. Dadurch gefährdet er sein Alterswerk."

Vize-Regierungschef Nils Schmid (SPD) hält das Schlichtungsverfahren für gescheitert. Die Stuttgarter Schlichtung sei extrem von der Person Geißlers abhängig gewesen, sagte er der Süddeutschen Zeitung. „Demokratien sollten aber ohne Erlöserfiguren auskommen. Auch hat Geißlers Sprachgebrauch - etwa "Friede für Stuttgart" oder "der totale Krieg" - ein rationales Verfahren erschwert", sagte der Finanz- und Wirtschaftsminister. Geißler sagte indes zu, das umstrittene Zitat aus der Stresstest-Präsentation „Wollt Ihr den totalen Krieg" nicht nochmals nutzen. (dpa) 

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