Straßenbahn-Zustellung: Nachhaltige Logistiklösung für Innenstädte?

Es sind stolze Zahlen: 4,18 Milliarden KEP-Sendungen haben die Kurier-, Express- und Paketdienste im vergangenen Jahr hierzulande zugestellt, wie der Bundesverband Paket- und Expresslogistik in seiner jüngsten KEP-Studie im Juli vermeldete. Pro Tag waren das im Schnitt 11,5 Millionen Sendungen. Pakete-Auslieferung per Drohne Um diese Mengen mit möglichst geringem CO2-Ausstoß den Empfängern zuzustellen, werden seit Jahren in vielen Städten interessante Logistiklösungen getestet. Fast zwei Drittel (64 Prozent) der Deutschen wäre die Paket-Auslieferung per Drohne am liebsten. Vor allem in Großstädten ist der Wunsch nach Drohnen-Zustellung (68 Prozent) ausgeprägt. Das zeigt eine aktuelle repräsentative Befragung unter 1005 Personen ab 16 Jahren im Auftrag des Digitalverbands Bitkom. Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder bremst indes: "Trotz Zuspruch und bestehender Pilotprogramme wird es noch einige Jahre dauern, bis solche Lieferungen in Deutschland alltäglich werden." Die Technologie sei zwar vorhanden. Noch seien aber viele Fragen unter anderem zur Luftraumintegration, zum Datenschutz und zur Schaffung sicherer Standards ungeklärt. Amazon testet Gütertram Um die riesigen Paketmengen hierzulande zuverlässig zustellen zu können, reichen Drohnen ohnehin nicht. Stattdessen rücken Straßenbahnen als mögliche CO2-freundlichere Alternative im Paketgeschäft näher. So testet Amazon in Frankfurt/Main gerade den Pakettransport mit der Straßenbahn. Hintergrund ist das Forschungsprojekt "LastMileTram RheinMain V" der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS) in Zusammenarbeit mit der Verkehrsgesellschaft Frankfurt am Main (VGF) und dem Unternehmen. Die Partner testen ein dreistufiges System aus Lastenrad, Straßenbahn und E-Transporter. Gefördert wird das Projekt vom Land Hessen. Die Amazon-Pakete werden dafür von einem Verteilzentrum des Handelsriesen in Raunheim mit E-Transportern zur Tram-Station in Stadtrandlage gebracht. Die Güterstraßenbahn der VGF befördert dann keine Fahrgäste, sondern ausschließlich Pakete von der Haltestelle "Stadion" zur Haltestelle "Zoo" sowie zum Betriebshof Gutleut. Von diesen Haltestellen aus werden die Pakete dann mit E-Lastenrädern an die Haustür der Endkunden geliefert. Einen Monat lang soll diese Form der innerstädtischen Zustellung im Realbetrieb getestet werden. Zusätzlich wird geprüft, ob sich auch Sperrgut per Straßenbahn transportieren lässt. Zudem soll der Einsatz von potenziell geeigneten Ladungsträgern zum Bündeln der Sendungen erprobt werden. Ob und wie eine reine Güter-Straßenbahn Innenstädte verkehrlich entlasten kann, diese Frage untersucht Hochschulpräsident Professor Kai-Oliver Schocke von der Frankfurt UAS seit Jahren. Inzwischen hat er dazu diverse Pilotprojekte aufgelegt. Zunächst in 2018/2019 bei einem Praxistest mit Paketdienst Hermes und der VGF. "Mit einem Belieferungskonzept wie im Projekt ,LastMileTram' in Frankfurt können wir die in den vorangegangenen Projektabschnitten gewonnenen Erkenntnisse und Prozesse endlich im Realbetrieb erproben und optimieren", freut sich Schocke. Die bisherigen Simulationsergebnisse der Frankfurt UAS hätten gezeigt, dass der dreistufige Prozess gegenüber der herkömmlichen einstufigen Belieferung ökonomische und ökologische Vorteile erzielen könne. Daher hoffe er, dass sich das LastMileTram-Konzept dauerhaft in Frankfurt etablieren könne und sich auch an anderen Standorten umsetzen lasse. Frankfurt ist nicht die erste Stadt, in der Gütertrams erprobt werden. So startete 2021 in Karlsruhe das Projekt "LogiKTram", an dem unter anderem das Karlsruher Institut für Technologie (KIT), die Albtal-Verkehrs-Gesellschaft (AVG), das FZI Forschungszentrum Informatik, Dachser, DPD und UPS beteiligt waren. Ende Juni 2024 wurde das Projekt abgeschlossen. Auf dem Abschluss-Event präsentierten die Beteiligten eine umgebaute Stadtbahn der AVG. Auf der Basis einer Zweisystem-Stadtbahn nach dem "Karlsruher Modell" entwickelten die KIT-Forscher ein technisches Konzept einer Gütertram, die sich technisch reibungslos in das schienengebundene ÖPNV-Netz der AVG integrieren lassen soll: Ein elektrisch unterstützter Fahrradanhänger fährt dafür selbstständig in den dafür vorgesehenen Bereich der Straßenbahn, um von dort aus in das Zustellgebiet transportiert zu werden. Künftig könnten dem KIT zufolge Pakete dort an einer Haltestelle zum Beispiel von Fahrradkurieren übernommen werden.

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