Regeln, Normen und Richtlinien, die Lkw und andere Nutzfahrzeuge betreffen, sind aufgrund technischer Veränderungen regelmäßig zu überprüfen. Darum untersuchen die Fachhochschule Dortmund und ihre Partner im Projekt „CargoSec“ die Auswirkungen wachsender Dynamik durch höhere Antriebs- und Bremskräfte bei Nutzfahrzeugen zur Ableitung der Kräfte, die auf die Bordwände wirken.
Unfallprävention durch Forschung
„Wir beobachten in unseren Simulationen Belastungsspitzen, die auf die Lkw-Aufbauten wirken“, sagt Alexander Lampkowski, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachbereich Maschinenbau der FH Dortmund. „Sie treten insbesondere dann auf, wenn der Reibbeiwert wechselt.“ Vereinfacht gesagt: Ändert sich die Haftung zwischen Reifen und Fahrbahn – etwa, weil Laub oder Schnee auf der Straße liegen oder Starkregen den Reibbeiwert verändert –, führt dies bei einem Übergang auf die trockene Fahrbahn, je nach Fahrmanöver, zu erhöhten Kräften auf die Bordwände der beladenen Fahrzeuge beziehungsweise Fahrzeug-Auflieger. Überschreiten die Belastungen die Grenzwerte in den Vorgaben, kann es infolgedessen zu schweren Unfällen kommen. „Die geltenden Richtlinien und Normen für Nutzfahrzeugaufbauten gilt es darum, auf die besagten Parameter unter Einsatz modernster Technik zu aktualisieren“, erklärt Alexander Lampkowski. Auch Kräfte, welche bei Kombinationen von Lenkwinkeländerungen mit gleichzeitiger Vollbremsung wirken, spielten in den aktuellen Vorgaben derzeit keine Rolle.
An der FH Dortmund werden derzeit die verschiedenen Fahrmanöver durch Simulationen für unterschiedlichste Fahrzeugtypen vom Kleintransporter bis hin zum Zugfahrzeug mit Auflieger überprüft, um konkrete Gefährdungen zu identifizieren. Gemeinsam mit den „CargoSec“-Projektpartnern erfolgt daraufhin der konkrete Test der Grenzsituationen auf dem Forschungsgelände des Forschungs- und Technologiezentrums LaSiSe in Selm. Dort werden die witterungstechnischen Rahmenbedingungen mit den dazugehörigen Reibbeiwerten ermittelt und entsprechend dokumentiert, sodass später Überprüfungen von Aufbauten nach gleichen Vorgaben auch auf anderen Teststrecken in Europa durchgeführt werden können.
„Wir wollen den Gütertransport auf der Straße insgesamt sicherer machen und die geltenden Normen und Richtlinien durch präzise Messtechnik gegebenenfalls an den derzeitigen Stand der Fahrzeugtechnik anpassen “, betont Ralf Damberg, Geschäftsführer des Projektpartners LOG4-Consult aus Lünen. Dass dieses Thema für viele Branchen relevant ist, belegt der Beirat im CargoSec-Projekt. Vertreter aus der Getränkelogistik, dem Stahlhandel, der Verpackungsindustrie sowie Experten aus der Versicherungsbranche und dem Arbeitsschutz stehen dem Projekt mit ihren Expertisen zur Seite.
Einfluss von Assistenzsystemen moderner Zugmaschinen
Erste Fahrversuche belegen, dass Assistenzsysteme in modernen Zugmaschinen mit Aufliegern dazu beitragen, dass das Ausbrechen von Fahrzeugen und damit auch Spitzenbelastungen von Bordwänden, durch die Technik selbst vermieden werden. „Wir simulieren und testen darum mit einer Bandbreite von Fahrzeugklassen und -modellen“, sagt Ralf Damberg. Welche Fahrmanöver bei welcher Fahrzeugklasse zu erhöhten Gefährdungen führen, soll mit den Experten vom DIN und VDI diskutiert und gegebenenfalls in die Vorgaben und Normen eingebracht werden.
Dass bei der FH Dortmund eingesetzte Simulationsmodell soll zudem mit den Erkenntnissen der Fahrmanöver optimiert werden, sodass zukünftig Fahrzeug- und Aufbautenhersteller dieses für ihre Entwicklungen nutzen können. Damit könnten Normen und Richtlinien bereits in der Entwicklungsphase von neuen Fahrzeugaufbauten leichter berücksichtigt werden.
IAA Transportation in Hannover
Das Forschungsprojekt „CargoSec“ wird im September 2022 auf der IAA Transportation in Hannover (Halle 27, Stand E10) vorgestellt.
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