Fährverkehr nach Skandinavien

Fährverkehr nach Skandinavien Der schnellste Weg nach Norden Viele Wege führen nach Skandinavien. Doch nicht jeder kommt für die Spedition infrage. Eine weitere Alternative im Fährverkehr nach Skandinavien zeichnet sich mit der geplanten Fehmarnbeltquerung ab. Kommt der Supertunnel von Deutschland nach Dänemark – und vor allem wann? Diese Frage treibt alle Spediteure um, die regelmäßige Verkehre nach Skandinavien betreiben. Tatsächlich wäre der Tunnel unter dem Fehmarnbelt ein echter Superlativ: Insgesamt 18 Kilometer Tunnel müssten an Land gebaut und dann im Meer versenkt werden – bislang gibt es auf der Welt keinen Absenktunnel mit vergleichbaren Ausmaßen. Für die Logistik wäre die Querung ein Segen, weil dann der Fährtransport über die sogenannte Vogelfluglinie zwischen Puttgarden und dem dänischen Rödby wegfiele – eine enorme Zeitersparnis. Allerdings brauchen Spediteure, wie es aussieht, noch etwas Geduld. Momentan ist die Eröffnung des Supertunnels für 2021 geplant und Bauverzögerungen sind so gut wie sicher. Bis dahin führt der Weg nach Norden weiter über die bekannten Routen, wobei sich nicht pauschal sagen lässt, welche die beste ist. „Das hängt schon davon ab, wie lange der Fahrer unterwegs ist“, erklärt Matthias Gödecke, Spediteur aus Lübeck. Sein Betrieb verfügt über einen Fuhrpark von über 100 Fahrzeugen und ist auf Transporte nach Skandinavien spezialisiert. Gödecke gibt zu bedenken: Ist der LKW schon einige Stunden auf der Straße, wenn er in Hamburg ankommt, kann es Sinn machen, von Kiel aus eine Fähre nach Göteborg zu nehmen. So kann sich der Fahrer während der 14-stündigen Überfahrt erholen. Startet der Transport dagegen mit einem frischen Fahrer in Hamburg, ist es auch möglich, durch Dänemark nach Schweden zu fahren – also über die Belt- und Öresund-Brücke nach Malmö. Dennoch wählen nur wenige deutsche Speditionen den Landweg nach Skandinavien. „Die Brücken kommen nur infrage, wenn der Transport zeitkritisch ist“, bestätigt Wilbert Herff, Head of European Network bei der Spedition Emons, Köln. Der Standard-Weg nach Norden bleibt seiner Meinung nach die Fähre, etwa von Travemünde nach Trelleborg (Malmö). Dort übernimmt meist ein neuer Fahrer den LKW und steuert ihn zu seinem Bestimmungsort. Für das Entladen des unbegleiteten Trailers verlangen die Reedereien zwar einen Zuschlag (bei der TT Line sind es 75 Euro), doch den Fahrer für die Zeit der Überfahrt weiter zu bezahlen wäre noch deutlich teurer. Rabatte von 25 Prozent und mehr In der Summe kostet es rund 1000 Euro, einen 17-Meter-LKW per Fähre von Hamburg ins schwedische Göteborg zu transportieren (inklusive der Straßenkilometer, siehe Beispielrechnung Seite 54). Das ist allerdings nur ein Schätzwert. Wie hoch die Kosten genau ausfallen, hängt von vielen Faktoren ab, zum Beispiel, wie eilig der Transport ist und wie lange die Wartezeiten in den Häfen sind. In Travemünde (Lübeck) etwa legen sieben Mal täglich Fähren nach Schweden ab, während Kiel nur eine Verbindung pro Tag anbietet. Hinzu kommt, dass die Raten der Reedereien stark von der Nachfrage des Kunden abhängen. Große Logistikkonzerne, die viele tausend Überfahrten pro Jahr buchen, bekommen Rabatte von 25 Prozent und mehr. Insgesamt lässt die Preistransparenz bei den Reedereien zu wünschen übrig. Konkrete Raten gibt es oft nur auf Anfrage. Der Anbieter Finnlines zum Beispiel wollte sich auf Nachfrage der VerkehrsRundschau überhaupt nicht zu Preisen äußern. Man sei nicht befugt, diese zu veröffentlichen, hieß es aus der Vertriebsabteilung. Außerdem machten es diverse, monatlich schwankende Zuschläge schwierig, den finalen Preis genau abzuschätzen. Daneben berichten Spediteure, die nur gelegentlich eine Überfahrt benötigen, von langen Bearbeitungszeiten. Im Gegensatz zum Personenverkehr, wo eine Überfahrt in Sekunden buchbar ist, lassen sich die Reedereien bei Frachtkunden mitunter einige Stunden Zeit, bis der nötige Buchungscode zugestellt wird. Der Grund: Anfragen von Unternehmenskunden werden einzeln von einem Mitarbeiter bearbeitet. Abhilfe versprechen hier Fähragenturen wie etwa Pique Ferry, bei denen es Preisauskünfte am Telefon oft schneller gibt als bei den Reedereien selbst. Zu den klassischen Verbindungen über die norddeutschen Häfen gibt es zunehmend eine Alternative – den Fährverkehr über Polen. Polferries beispielsweise fährt 13 mal die Woche zwischen Ystad (Schweden) und der polnischen Grenzstadt Świnoujście. Und die deutsche TT Line will ab Sommer eine neue Verbindung von Świnoujście nach Trelleborg (Malmö) anbieten. Experte Gödecke bezweifelt allerdings, dass es sich für deutsche Speditionen rechnet, den Umweg nach Osten in Kauf zu nehmen, um so von der billigeren Überfahrt zu profitieren: „Schon Rostock lohnt oft nicht.“ Der Tenor unter Experten: Allenfalls für Spediteure aus dem östlichen Süddeutschland sowie Österreich kann die Ostschiene interessant sein. Vertreter der Reederei Scandlines verweisen außerdem auf die relativ langen Überfahrtzeiten. „Das verträgt sich nicht mit dem Trend zu Schnelligkeit und Just-in-time“, betont Morten Haure-Petersen, Chief Customer Officer vom Wettbewerber Scandlines. Allerdings könnten die Karten im skandinavischen Fährverkehr bald neu gemischt werden. Der Grund: Die Europäische Union hat im September letzten Jahres die Grenzwerte für Schwefel im Schifftreibstoff stark verschärft. Ab 2015 soll der Ausstoß bei 0,1 Prozent liegen, aktuell ist er noch fünfmal so hoch. Einige Experten gehen davon aus, dass die Treibstoffkosten durch den neuen Grenzwert um 25 Prozent steigen. „Das wird den Wettbewerb zugunsten der fixen Verbindungen verschieben“, erwartet Experte Gödecke. Reedereien investieren in Umweltschutz Die Reedereien sehen den neuen Regeln überwiegend gelassen entgegen. Scand-lines etwa hat sich bereits mit einem Bündel von Maßnahmen vorbereitet, die die Umwelt schonen und zugleich Kraftstoff sparen: Neue Schiffsschrauben und Partikelfilter wurden installiert, wenn möglich wird mit schadstoffärmerem Marine-Diesel gefahren. „Wir rechnen damit, dass es nach den Investitionen in Batterien, Propeller und Scrubber sogar eine Nettoersparnis geben könnte“, sagt Scandlines-Vorstand Haure-Petersen. Und was passiert, wenn wirklich der Supertunnel zwischen Deutschland und Dänemark kommt? Selbst wenn der Zeitplan eingehalten wird – was mehr als fraglich ist – bedeutet eine fixe Fehmarnbeltquerung nicht automatisch einen Nachteil für den Fährverkehr. Marktkenner Herff von Emons zieht die Parallele zum Ärmelkanaltunnel, der das Geschäft der Fähren keineswegs über Nacht zerstört hat: „Das hängt alles von den Preisen ab.“ Er verweist außerdem auf mögliche Restriktionen beim Transport von Gefahrgut. Herffs Fazit: „Der Tunnel wird vor allem für zeitkritische Transporte interessant sein.“ Die Reederei Scandlines kann gut abschätzen, was auf sie zukommt, schließlich tritt man auf der Route von Helsingör nach Helsingborg schon gegen einen Tunnel an. Entsprechend nüchtern sieht Haure-Petersen die Zukunft: „Vor allem die Spediteure werden weiter auf die Fähre setzen. Wir rechnen damit, dass wir 50 Prozent des Volumens behalten.“ ❙❚■ Constantin Gillies, freier Journalist Daten + Fakten Die feste Fehmarnbeltquerung Länge des Tunnels: 18 km Bestandteile: vierspurige Autobahn, zweigleisige Bahnstrecke Geplanter Baubeginn: 2015 Geplante Fertigstellung: 2021 Geschätzte Baukosten: Tunnel: 5,5 Milliarden Euro Hinterlandanbindung Dänemark: 1,1 bis 1,2 Milliarden Euro Hinterlandanbindung Deutschland: 840 Millionen Euro cd Den Landweg nach Skandinavien wählen nur wenige deutsche Speditionen Auch von Polen aus gibt es mehrere Angebote im Fährverkehr nach Skandinavien Beispielrechnung Fährverkehr (Hamburg-Göteborg) Reederei TT Line Scandlines Stena Fährstrecke Travemünde - Trelleborg Puttgarden - Helsingborg (via Rödby & Helsingör) Kiel - Göteborg Seefrachtrate 425 Euro 355 Euro 743,85 Euro Bunker- und Schwefelzuschlag 113,05 Euro 57,46 Euro 130,56 Euro Strecke bis zum Fährhafen 85 km 155 km 100 km Maut auf der Strecke 10 Euro 18 Euro 15 Euro verbleibende Strecke vom Zielhafen bis Göteborg 300 km 420 km 0 km Summe Kilometerkosten & Maut 433,5 Euro 650,5 Euro 125 Euro Summe Seefracht 538,05 Euro 412,46 Euro 874,41 Euro Gesamtsumme 971,55 Euro 1062,96 Euro 999,41 Euro Bemerkungen: Gilt für einen Transport von Hamburg nach Göteborg. Die Rechnung bezieht sich auf einen 17-Meter-Zug, pro LKW-Kilometer sind 1,10 Euro angesetzt, die Seefrachtraten für Großkunden sind deutlich niedriger, Fahrwassergebühr ist nicht berücksichtigt, Stand der Zuschläge: Mai 2013, Quelle: Gödecke Logistik, eigene Recherchen cg „Die Spediteure werden auch nach einer festen Querung weiter auf Fähren setzen“ Morten Haure-Petersen, Chief Customer Officer, Scandlines

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