Digital statt real

Schon früh im Jahr fiel die Entscheidung: Am 12. Januar 2021 gab die Messe München bekannt, dass die Transport Logistic (tl) 2021 als Präsenzmesse nicht stattfindet. Stattdessen gibt es ein umfangreiches digitales Kongressprogramm, das sich über drei Tage vom 4. bis 6. Mai erstreckt. Es gibt 88 Konferenz-Sessions und 30 Company-Sessions, gestaltet von Unternehmen. Die Teilnahme ist kostenlos. Man muss sich nur unter www.transportlogistic.de/tickets registrieren. Die VerkehrsRundschau hat mit Robert Schönberger gesprochen, bei der Messe München zuständig für die tl. Die Absage der Transport Logistic 2021 als Präsenzmesse: War das im Nachhinein die richtige Entscheidung oder bereuen Sie es nicht ein bisschen? Die Entscheidung war absolut richtig. Wenn wir das derzeitige Infektionsgeschehen beobachten, dann hätte eine Messe Anfang Mai einfach nicht stattfinden können. Aber: Persönlich, vom Herzen her bereuen wir es zugleich schon, weil wir viel Arbeit in die Vorbereitung gesteckt haben. Die Lage damals im Januar ließ uns jedoch keine andere Wahl. Warum haben Sie die Messe nicht verschoben, wie das viele Organisatoren von Veranstaltungen gemacht haben? Das hatten wir überlegt. Aber im Herbst 2021 sind bereits große andere Messen geplant. Da gab es keinen Slot. Das gleiche gilt für das Frühjahr 2022. Der frühestmögliche Termin wäre im Sommer 2022 gewesen. Dann wären wir schon ziemlich nahe an die Messe im Jahr 2023 herangerückt. Das hätte keinen Sinn ergeben. Wie weh tut es der Messe München, dass die Transport Logistic nur digital stattfindet? Das ist ein weiterer Wermutstropfen im Gesamtpaket der Veranstaltungen, die die Messe München bislang bereits absagen musste. Für die Messe München ist der Ausfall dieser Messen finanziell ein schwerer Schlag, weshalb wir auch gezwungen sind, etwa 170 Mitarbeiter abzubauen. Die tl hat immer einen Teil beigetragen zum Gesamterfolg der Messe. Dieser Teil fehlt jetzt. Statt einer Präsenzmesse findet nun eine digitale Konferenz statt. Was sind die Highlights der Transport Logistic online? Das Konferenzprogramm wird getragen von vielen Verbänden, Vereinen, Verlagen und sonstigen Partnern. Dazu gehört auch die VerkehrsRundschau, die sich schon in den Konferenzprogrammen der letzten Jahre stark engagiert hat. Im Programm gibt es viele Sessions, die sich um die Corona-Krise drehen: Was haben wir daraus gelernt, was können wir besser machen? Es werden Fragen der Nachhaltigkeit diskutiert wie alternative Antriebe. Aber natürlich sind auch sämtliche Verkehrsträger, von der Bahn über das Binnenschiff bis hin zur See- und Luftfracht Thema in der Konferenz. Eröffnet wird die Transport Logistic Online von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer am 5. Mai, der in seiner Sequenz auch für Fragen und Antworten zur Verfügung stehen wird. Neben diesen Sessions gibt es einige Unternehmen, die eigene Veranstaltungen anbieten. Mit wie vielen Teilnehmern rechnen Sie für das Konferenzprogramm? Die Teilnahme ist ja nach einer Anmeldung kostenlos. Wir würden uns freuen, wenn in Summe an den drei Tagen etwa 5000 Besucher an den Veranstaltungen teilnehmen und sich einloggen. Gibt es etwas, was die Messe München lernt aus dieser nicht so schönen Corona-Zeit und was man dann 2023 bei der nächsten Transport Logistic anders macht? Wir haben für uns zunächst mal gelernt: Wir müssen kurzfristiger planen. Umgekehrt bedeutet das mehr Flexibilität für die Aussteller. Die langen Vorlaufzeiten mit Stornierungsfristen werden angepasst. Wir wollen die Teilnahme sowohl für die Aussteller wie auch für die Besucher vereinfachen. Das bedeutet beispielsweise, dass wir die Registrierung leichter machen werden. Ein anderes Beispiel: Wir sind mittlerweile digitale Konferenzen gewohnt. Die Möglichkeit wollen wir auch unseren Ausstellern anbieten, wenn sie auf der Messe eine Konferenz planen und dazu digital einen Kunden dazuholen wollen. Da müssen wir sicherstellen, dass auf unserem Gelände die Bandbreiten für die Leitungen ausreichend sind, wenn mehrere Aussteller gleichzeitig solche Konferenzen abhalten. Das ist eine digitale Erweiterung, die eine Lehre aus der Corona-Krise ist. Besteht die Gefahr, dass im Zeitalter der Digitalisierung einige Aussteller und Besucher feststellen: Moment mal, eine Messe brauche ich gar nicht. Ich kann mich mit meinen Partnern auch prima digital treffen. Das kann man nicht pauschal beantworten. Wir haben auch in der Vergangenheit immer wieder erlebt, dass Messen sich überlebt haben. Die Cebit ist vielleicht das bekannteste Beispiel der letzten Jahre. Andere Messen sind in der Vergangenheit stetig gewachsen. Die Transport Logistic zählt dazu. Da war also schon immer Bewegung zu beobachten. Eine andere Frage, die sich stellt: Braucht es Weltleit-Messen? Oder sind nicht Nischen-Messen die Lösung? Braucht es andere Zyklen, weil die Innovationsgeschwindigkeit in der Branche hoch ist? Letztlich hängt es immer von der jeweiligen Branche ab. Wie fällt Ihre Antwort für die tl aus? Bei der Transport- und Logistikbranche bin ich der Überzeugung, dass der persönliche Austausch weit im Vordergrund steht, die Akteure sich danach sehnen und daher Events, wo man sich treffen und austauschen kann, nach wie vor einen hohen Stellenwert haben. Insofern ist mir nicht bange um die Transport Logistic. Ich glaube, sie wird auch 2023 eine große Anziehungskraft ausüben. Aber wir müssen die Entwicklung genau beobachten. Es wird auch in Zukunft Messen geben, die erfolgreich sind und sich durchsetzen. Wir werden alles dafür tun, dass die tl dazu gehört. Die Transport Logistic ist ja keine klassische Neuheiten-Messe, sondern vor allem ein Branchentreff. Haben solche Veranstaltungen bessere Chancen? Ja, das liegt an der Branche: Das Logistikgewerbe ist vor allem eine Dienstleistungsbranche. Es werden viele kundenindividuelle Lösungen vorgestellt oder gemeinsam erarbeitet. Da gibt es viele enge Beziehungen zwischen Kunden und Auftraggeber. Dafür sind solche Veranstaltungen wie die tl oder Logistikkongresse ideal und notwendig. Daher bin ich mir sicher, dass alle Marktteilnehmer sich freuen, wenn solche Veranstaltungen wieder möglich sind. Mehr zum Thema finden Sie unter #TransportLogistic www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Das größte Event des Jahres in der Logistikbranche - die Messe Transport Logistic - findet coronabedingt 2021 nur digital statt. Robert Schönberger, zuständig für die Transport Logistic, über die Folgen dieser Änderung für die Messe München und darüber, welche Lehren die Messe aus der Corona-Krise zieht. Vita Robert Schönberger hat an der Technischen Universität Darmstadt studiert und bei Professor Hans-Christian Pfohl in Darmstadt promoviert. Nach Stationen in Bremen, Frankfurt und Augsburg ist der 43-jährige "Logistik-Netzwerker" seit sechs Jahren bei der Messe München für die Themen-Cluster der Transport Logistic und der Cera-mitec-Messe zuständig.

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