Die andere Messe

Das war allen Beteiligten klar: Das digitale Format der Messe Transport Logistic konnte den realen Event nicht ersetzen. Aber immerhin 8500 Teilnehmer lockte die Messe München in den drei Tagen Anfang Mai mit den über 80 Veranstaltungen vor die Bildschirme. Neben Unternehmenspräsentationen konnten sich die Teilnehmer kostenlos verschiedenste Diskussionsforen ansehen und sich über die Chatfunktion daran beteiligen oder mit anderen Teilnehmern in Kontakt treten. "Wir haben der Branche damit die Möglichkeit gegeben, wieder zusammenzukommen, Kontakte zu knüpfen und sich über die aktuellen Themen auszutauschen", zog Stefan Rummel, Geschäftsführer der Messe München, ein positives Fazit zu der Online-Ausgabe der Transport Logistic. Auch die Verkehrs-Rundschau hatte sich mit vier Sessions beteiligt (siehe Kästen Seite 18 bis 21). Wie sich das für einen solchen Branchen-Event gehört, wurde die Messe von dem Bundesverkehrsminister eröffnet. Andreas Scheuer lobt die Branche für ihre Leistungen. "Die Logistik ist für die meisten Menschen unsichtbar. Das ist ein gutes Zeichen, denn dann funktioniert die Logistik reibungslos", sagte der Minister. Doch zugleich kritisierte er die Branche, dass sie zu wenig in der Öffentlichkeit präsent ist. "Mir ist die Logistik häufig zu still", sagte der Minister. Ein Appell an die Branche, mehr auf die Bedeutung der Güterströme und Logistik für den wirtschaftlichen Wohlstand hinzuweisen. Klimaziele sind das große Thema Scheuer ließ keinen Zweifel daran, was eine der ganz großen Aufgaben in der Logistik sein wird: die Vermeidung von CO2. "Das große Thema vor Corona war und nach Corona wird sein: das Erreichen der Klimaziele", sagte der Minister. Der Verkehrssektor sei immerhin für 19 Prozent aller CO2-Emissionen verantwortlich. "Davon fällt ein Drittel auf den Güterverkehr." Das bisherige Tempo bei der Vermeidung von Emissionen sei nicht ausreichend. Er forderte eine "neue und noch mehr Dynamik". Sein Haus versuche mit verschiedenen Maßnahmen, die Akteure zu unterstützen. Er nannte das Innovationsprogramm 2030, verschiedene Förderprogramme zur Elektrifizierung sowie Entwicklung neuer Techniken zum Einsatz von E-Fuels und Wasserstoff. Dazu gehört aber auch die Verlagerung von Transporten von der Straße auf die Verkehrsträger Schiene und Binnenschiff. "Wir wollen mehr Güterverkehr auf die Schiene verlagern", sagte Scheuer. "Bis 2030 soll der Marktanteil des Schienengüterverkehrs von derzeit 18 Prozent auf 25 Prozent steigen. Aber der Güterverkehr könne niemals komplett auf die Schiene verlagert werden. Daher werde das Thema Flottenerneuerung ein zentrales Thema im Straßengüterverkehr bleiben. "Wir wollen die Unternehmen und die Nutzfahrzeugindustrie für neue Technologien begeistern", sagte Scheuer. Auf die Frage von Axel Plaß, Präsident des Bundesverbandes Spedition und Logistik (DSLV), was Scheuer einem Unternehmer raten würde, der heute vor der Investition in einen neuen Lkw steht, sagte Scheuer: "Das ist die One-Million-Dollar-Frage." Eine klare Antwort blieb der Minister schuldig: "Es bleibt dabei: Das Verkehrsministerium ist technologieoffen." Er habe auch keine andere Wahl, weil es falsch sei, eine Ein-Antriebs-Technologie zu verfolgen. So könne man zum Beispiel die Elektromobilität bei schweren Lkw oder Schiffen nicht umsetzen. Deshalb wollte er sich nicht auf eine Technologie festlegen. Aber so viel sagte er schon einmal: "Der fossile Verbrenner wird 2035 auslaufen." Und in Richtung der Nutzfahrzeughersteller appellierte er: "Ich fordere die Hersteller auf, jetzt massentaugliche Produkte auf den Hof zu stellen, um sie testen zu können." Ein Dorn im Auge war ihm ganz offensichtlich, dass "in Asien viel mit Wasserstoffantrieben passiere, die wir in der Schweiz sehen" - aber nicht in Deutschland. Neben Scheuer hatten aber auch noch andere Verkehrspolitiker einen Auftritt im Rahmen der Messe. Auf einer Veranstaltung des Bundesverbandes Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) gab der Bundestagsabgeordneter Udo Schiefner, für die SPD Mitglied im Verkehrsausschuss, bekannt, dass noch in dieser Legislaturperiode ein Gesetz auf den Weg gebracht werden soll, dass die Nutzung von Daten der Lkw-Maut bei Grenzübertritt erlaubt. "Wenn wir das umsetzen, haben wir ein wichtiges Instrument geschaffen, das das Bundesamt für Güterverkehr zur Kontrolle der Kabotage nutzen kann", sagte Schiefner. Auch Karl Holmeier, CSU-Bundestagsabgeordneter, zeigte sich sehr zuversichtlich, dass eine solche Öffnung der Mautdaten ermöglicht wird. Er geht davon aus, dass das neue Gesetz am 1. Oktober 2021 in Kraft treten könnte, nachdem es vorher im Kabinett beschlossen und vom Bundestag genehmigt wurde. Der BGL wie auch der Bundesverband Möbelspedition und Logistik (AMÖ) und der Bundesverband Wirtschaft, Verkehr und Logistik (BWVL) begrüßten die Ankündigung. Sie erhoffen sich davon, dass sich so die sogenannte illegale Kabotage besser kontrollieren lässt. cd Klimaneutralität – man kann schon jetzt viel für einen besseren Carbon-Footprint machen 813! So viele Teilnehmer hatte die digitale Session „Klimaneutralität im Transport und Logistikgewerbe“ der VerkehrsRundschau. Das zeigt, welche enorme Bedeutung das Thema hat – mit wachsender Tendenz. Interessierten sei der Podcast-Beitrag auf „VRFUNK“ empfohlen (https://verkehrsrundschau.podigee.io/88-tl-klimafreundlicher-transport), in dem die Referenten ihre Kernaussagen zusammengefasst haben. Als Gäste referierten Maximilian Schäfer, Managing Director der digitalen Spedition InstaFreight, Sönke Kewitz, Geschäftsführer des Immobilien-Entwicklers P3 Logistic Parks, Sascha Hähnke, Geschäftsführer von Rhenus Logistics, sowie Jan Teschabai-Oglu von ClimatePartner. Wie kann eine digitale Spedition dabei helfen, CO2 zu reduzieren? Maximilian Schäfer: Unser Matching-Algorithmus analysiert die Daten unserer Frachtführer und kann so Leerfahrten um 30 bis 50 Kilometer pro Transport reduzieren. Zudem machen wir eine Evaluation der Flotte und bestimmen die Umweltfreundlichkeit. Nicht zu vergessen, analysieren wir das Potenzial, durch Intermodal-Transporte Kosten und Emmisionen zu reduzieren. Woran erkennt man eine nachhaltige Logistikimmobilie? Sönke Kewitz: Da gibt es eine Menge Indizien. Wichtig wären eine Fotovoltaik-Anlage und wo möglich eine Dachbegrünung. Es gehören aber auch fugenlose Bodenplatten, eine smarte Beleuchtung, Tore auf thermischer Ebene sowie eine reduzierte Infiltration dazu – und natürlich ganz wichtig: ein geringer Wasserdurchfluss. Gibt es den einen alternativen Antrieb, der alle Probleme löst? Sascha Hähnke: Aus meiner Sicht gibt es den nicht. Bei Rhenus probieren wir alles aus, von der Hybridtechnik über E-Trucks – übrigens auch mit 44 Tonnen Gesamtgewicht – bis hin zum Oberleitungs-Lkw und demnächst auch Brennstoffzellen-Trucks. Jede Technik hat ihre spezifischen Stärken und Schwächen und es kommt sehr auf den Einsatz an. Der Schlüssel für hohe Umweltfreundlichkeit bei den E-Fahrzeugen ist aus meiner Sicht der Lebenszyklus der Traktionsbatterie. Was sind die wichtigen Faktoren bei der CO2-Kompensation? Jan Teschabai-Oglu: Dass man im Unternehmen seriös analysiert, wo Treibhausgas-Emissionen entstehen, etwa entlang der Wertschöpfungskette des Produkts. Der daraus entstehende CCF ermöglicht das Ableiten von Reduktions- und Vermeidungsmaßnahmen. Wenn Sie neugierig geworden sind, können wir Ihnen die Präsentationen unserer Referenten zur Verfügung stellen. Schicken Sie dazu bitte ein Mail an: gerhard.gruenig@springernature.com Steigende Tendenz bei den Frachtraten Wenn es nach den Aussagen der Unternehmensvertreter auf der Veranstaltung zum Thema Transportpreise geht, ist künftig mit steigenden Transportentgelten zu rechnen. Laut Christian Dolderer von TIM Consult steigen die Spotmarkt-Frachtraten seit Jahresbeginn bis April wie auch die Entgelte im Kontraktmarkt. Auch nach den Aussagen der Teilnehmer des VR-Index, den Moderator und VR-Redakteur Michael Cordes vorstellte, ist mit steigenden Preisen in denkommenden Monaten zu rechnen. Das Risiko schwankender Mengen und Preise liegt nach Ansicht von Kornelia Reifenberg vor allem bei den Dienstleistern. Die Partnerin der Unternehmensberatung Simon Kucher & Partners stellte Lösungen vor, wie es Dienstleistern gelingt, dieses Risiko stärker auf die Auftraggeber abzuwälzen. Gerhard Pusch, Head of Transport bei Pfleiderer Deutschland, versucht die Preisschwankungen aus dem Spotmarkt über feste Verträge mit Dienstleistern abzufedern. Horst Kottmeyer, Geschäftsführer der gleichnamigen Spedition, strebt Jahresverträge mit festen Jahrespreisen an, um so eine gleichmäßige Auslastung zu realisieren. cd Corona-Krise 2020: Was waren die Herausforderungen, wie geht es den Betrieben heute und was half ihnen? Was waren im Corona-Jahr 2020 für die Transport-, Speditions- und Logistikbetriebe die Herausforderungen, und welche Maßnahmen halfen? Das diskutierte VR-Redakteurin Eva Hassa mit Experten auf der Online-Session „Stark durch den Wandel: Was können wir für künftige Krisen von der Corona-Pandemie lernen?“ Als Gäste referierten Klaus van Marwyk, CFO von Schnellecke Logistics, Maximilian Meyer, CEO von Meyer & Meyer, Stephan Peters, Vorstand der Rhenus Group, Roland Rüdinger, Inhaber der Rüdinger Spedition, und Bernhard Rieger, Inhaber von BR Consulting. Was waren im Corona-Jahr 2020 die größten Herausforderungen? van Marwyk: Größte Herausforderung war die Radikalität der Entwicklungen, wir hatten zum Beispiel im April 80 Prozent weniger Umsatz als im Vorjahreszeitraum. Alles stand da still, und die Kontraktlogistik ist nun mal sehr personalintensiv. Das mussten wir lösen. Rüdinger: Größte Herausforderung war, dass viele Kunden 2020 auf Sicht gefahren sind, was uns die Planung unserer Kapazitäten erschwert hat. Meyer: Durch die Corona-Pandemie sind teilweise Supply Chains komplett zusammengebrochen. Denn von heute auf morgen waren in vielen Ländern die Läden zu. Da mussten wir Lösungen für unsere Kunden schaffen, etwa Lagerkapazitäten bieten und ihnen zusätzliche Vertriebskanäle erschließen helfen, damit sie weiter verkaufen konnten. Wie läuft es aktuell? van Marwyk: Zum Jahresanfang 2021 rechnete jeder in der Automobilindustrie mit Aufholeffekten im zweiten Halbjahr 2021. Davon redet derzeit keiner mehr. Denn es fehlen nach wie vor Chips, und dieser Mangel wird uns noch eine Zeit lang begleiten. Die Schwankungen an unseren Standorten sind also enorm. Bei Umsatz und Ertrag sind wir dennoch im Plan. Meyer: Für unsere Fashion-Kunden in Innenstädten ist es noch schwierig. Mit den steigenden Impfquoten bin ich aber zuversichtlich, dass die Branchen, die noch am Boden liegen, nachhaltig in Gang kommen. Peters: Wenn es so weitergeht, sind wir schon wieder auf dem Weg der Überhitzung. Es werden derzeit Paletten, Kartonagen und Verpackungsmaterial knapp. Auch Lieferzeitzusagen sind schwer zu bekommen. Auf wirtschaftlicher Seite sehen wir die Krise also nicht mehr. Was sind durch Corona die Lessons Learned? Peters: Wir erleben derzeit sehr kurzfristige und enorme Schwankungen im Markt. Das ist der neue Normalzustand, auf den sich die Wirtschaft in Zukunft einstellen muss. Rüdinger: Die Akzeptanz und Bedeutung der Digitalisierung ist allen Unternehmen in der Corona-Krise klargeworden. Auch Kunden, die da bislang fallweise noch gebremst haben und am Papier festhalten, denken nun um. Rieger: Die Logistik kann Corona-Krise. Die Firmen haben in der Pandemie viel gelernt, z. B. wie man virtuell miteinander kommuniziert. Fachkräfte von morgen finden: Ausbilden wird wichtiger Auch wenn die Ansätze in den Unternehmen verschieden sind: Einig waren sich die Unternehmensvertreter auf der Veranstaltung der VerkehrsRundschau, dass die Nachwuchsgewinnung zunehmend schwieriger und anspruchsvoller wird. Isabelle Rottzoll, Ausbildungsleiterin Region Ost bei der Nagel-Group, gab einen Einblick in die Anwerbung von neuen Fachkräften: „Die Nagel-Group wirkt unter anderem in Arbeitskreisen von Schulen mit und kontaktiert Sportvereine.“ Ein Problem bei der Suche nach neuen Auszubildenden sei jedoch das immer noch schlechte Image der Logistikbranche. Die Unternehmen müssen sich auch mehr auf die neue Generation einstellen, sagte Philipp Doll von der Landauer Transportgesellschaft Doll. Flache Hierarchien sowie Homeoffice- und Teilzeit- Möglichkeiten wären bei Bewerbungsgesprächen oft ein Thema. Unter anderem mit einem modernen Internetauftritt versucht die Spedition Dischner bei den Jugendlichen zu punkten. Geschäftsführer Wolfram Dischner appelliert an seine Kollegen: „Wir müssen mehr ausbilden!“ In Kürze Die Einhaltung der Klimaziele wird ein vordringliches Ziel im Güterverkehr bleiben. Das war die Botschaft von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer auf der Messe Transport Logistic. Doch wie das erreicht werden soll, darüber wurde auch in den Diskussionsforen der VerkehrsRundschau diskutiert. 8.500 Teilnehmer zählte die Messe Transport Logistic im digitalen Format in diesem Jahr

Schwerpunktkontrollen: Viele Verstöße von Lkw und Bussen

BGA: Situation im Großhandel ist schlecht

Luftfracht: DHL Express und Shell kooperieren

Konjunktur: KfW Research senkt Wachstumsprognose

Export: USA bleiben wichtigster Handelspartner

Alle Schlagzeilen

Die andere Messe

HASHTAG

#Landverkehr

Die Zukunft im Blick

UTA kooperiert mit Tankstellenbetreiber Liquind 24/7

Weitere Vollsperrung der A 40 bei Mülheim

MEISTGELESEN

Emons Spedition siedelt sich am c-Port an

Bund und Länder fördern Brennstoffzellen-Lkw von Daimler Truck

Fiege baut Logistikzentrum bei Leipzig

STELLENANGEBOTE

Area HR Business Partner

Koordinator (m/w/d) Intralogistik mit Teamleitungsfunktion

Head of Logistics (w/m/d) mit fundierter Erfahrung im internationalen Versand

Schichtleiter (w/m/d) Logistik - Warenausgang

Leiter (w/m/d) Logistik Teilbereich Warenausgang

WEITERLESEN

NEWSLETTER