Wiesbaden/Berlin. Lichtblick für die Exportnation Deutschland: Nach einem Einbruch im Juni haben Deutschlands Exporteure im Juli dieses Jahres trotz internationaler Handelskonflikte wieder bessere Geschäfte gemacht. Waren „Made in Germany“ im Gesamtwert von 115,2 Milliarden Euro wurden in dem Monat ins Ausland verkauft, wie das Statistische Bundesamt am Montag mitteilte. Das waren nach Berechnungen der Wiesbadener Statistiker 3,8 Prozent mehr als ein Jahr zuvor und 0,7 Prozent mehr als im Juni 2019.
„Der deutsche Außenhandel startet nach einem gedämpften ersten Halbjahr leicht erholt in die zweite Jahreshälfte“, stellte der Präsident des Außenhandelsverbandes BGA, Holger Bingmann, fest. Das US-Geschäft laufe trotz aller Streitigkeiten sehr zufriedenstellend. „Dies ist aber kein Grund zur Entwarnung, denn die vielen Risiken und Konfrontationen im Außenhandel sowie die generelle konjunkturelle Abschwächung bleiben bestehen“, warnte Bingmann.
BGA rechnet 2019 mit 1,5 Prozent Exportwachstum
Auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) sieht keinen Grund für Euphorie: „Die Unsicherheiten vor allem aufgrund der schwelenden globalen Handelskonflikte und des weiterhin unklaren Brexits bleiben für die Unternehmen bestehen“, kommentierte DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier. „Ein Ende der Protektionismus-Spirale ist nicht in Sicht.“
Auf Sicht von sieben Monaten lagen die Ausfuhren mit 781,3 Milliarden Euro noch knapp über dem Vorjahreswert (773,5 Mrd Euro). Für das Gesamtjahr 2019 rechnet der Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) mit 1,5 Prozent Wachstum des Exportvolumens.
Im vergangenen Jahr hatten die deutschen Exporte das fünfte Jahr in Folge einen Rekordwert erzielt. Das Wachstumstempo hatte sich aber schon deutlich verlangsamt. Ausgeführt wurden 2018 Waren im Wert von 1317,9 Milliarden Euro und damit 3,0 Prozent mehr als ein Jahr zuvor.
Handelskonflikte und Brexit bremsen deutsche Wirtschaft
Der Handelskonflikt zwischen den USA und China, die Unwägbarkeiten des britischen EU-Austritts und die Abschwächung der Weltkonjunktur bremsen die exportorientierte deutsche Wirtschaft nach neun Jahren des Aufschwungs. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) schrumpfte im zweiten Quartal im Vergleich zum Vorquartal um 0,1 Prozent. Zum Jahresanfang war Europas größte Volkswirtschaft noch um 0,4 Prozent gewachsen.
Die Hoffnung auf eine kräftige Konjunkturerholung in den kommenden Monaten schwindet. Einer Umfrage des Marktforschungsunternehmens Nielsen zufolge sind mittlerweile 41 Prozent der Bundesbürger der Meinung, Deutschland befinde sich in einer Rezession.
Auch im Mittelstand wird die Stimmung schlechter, wie aus dem KfW-ifo-Mittelstandsbarometer hervorgeht. Die in Großunternehmen schon länger unterkühlte Stimmung greife nun auch auf den deutschen Mittelstand über, heißt es in der am Montag veröffentlichten Auswertung. Das lasse ein schwaches drittes Quartal befürchten.
Konjunkturelle Impulse kommen vor allem aus EU-Staaten
Wachstumsimpulse für die deutsche Exportwirtschaft kamen im Juli vor allem aus Absatzmärkten außerhalb der Europäischen Union. Die Exporte in sogenannte Drittländer erhöhten sich binnen Jahresfrist um 9,8 Prozent auf 51 Milliarden Euro, während die Ausfuhren in die EU um 0,5 Prozent auf 64,2 Milliarden Euro sanken.
„Was die deutschen Exporte derzeit am meisten belastet, sind nicht die direkten Auswirkungen des Handelskonflikts zwischen den USA und China, sondern ist die Unsicherheit, die sich über die ganze Welt ausgebreitet hat und die auch viele europäische Volkswirtschaften lähmt“, analysierte ING-Deutschland-Chefvolkswirt Carsten Brzeski.
Importzahlen waren im Juli leicht rückläufig
Die Einfuhren nach Deutschland lagen im Juli mit 93,7 Milliarden Euro sowohl unter dem Wert des Vorjahresmonats (minus 0,9 Prozent) als auch unter dem Juni-Wert des laufenden Jahres (minus 1,5 Prozent). Im Zeitraum Januar bis einschließlich Juli lagen die Importe mit 650,2 Milliarden Euro leicht über Vorjahresniveau (634,7 Mrd Euro).
Unter dem Strich ergab sich für Juli somit ein Handelsbilanzüberschuss von 21,4 Milliarden Euro. Dass Deutschland seit Jahren mehr exportiert als importiert, ruft immer wieder Kritik hervor. US-Präsident Donald Trump hält solche Exportüberschüsse für ungerecht, aber auch Organisationen wie der Internationale Währungsfonds (IWF) fordern Deutschland immer wieder dazu auf, die Bilanz durch Investitionen im eigenen Land auszugleichen. (dpa/ag)