Brücken auf Reisen

Bei Fahrgestellen ist mehr drin. Für DAF im doppelten Sinne. Denn einerseits resultiert der aktuell vierte Platz des niederländischen Herstellers in der deutschen Zulassungsstatistik zum überwiegenden Teil aus dem Verkauf von Standard-Sattelzugmaschinen. Zusätzlich lassen sich mit einsatzspezifisch ausgestatteten Chassis deutlich höhere Verkaufsmargen generieren. Damit solche Fahrzeuge in naher Zukunft vermehrt auf einem CF oder XF basieren, rüstet der Hersteller sein Programm entsprechend auf. Testfahrzeug mit bester Ausstattung Seit August vergangenen Jahres gibt es das XF-6x2-Fahrgestell mit passenden Aufbauten zur Aufnahme von Wechselbrücken direkt ab Werk Eindhoven. Diesem Angebot entstammt das Testfahrzeug, basierend auf einem 480 PS starken XF-Chassis mit Vollluftfederung und dem großen Super-Space-Cab-Fahrerhaus. Auch hinten lockt der Niederländer mit den Superlativen des Programms, wie beispielsweise der elektrohydraulisch gelenkten Nachlaufachse. Diese steigert spürbar die Wendigkeit und Rangierbarkeit. Beides sind bei der bekanntermaßen kniffligen Aufnahme der Behälter wichtige Attribute, weshalb DAF auf die Lenkachse eine steigende Nachfrage bei den BDF-Kunden verzeichnet. Ihr Kreuz in den Bestelllisten machen die meisten ebenfalls beim Multiwechsel-Aufbau, für den sich der sächsische Spezialist Saxas verantwortlich zeigt. Gegenüber dem ebenfalls lieferbaren Standard-Wechselbrückenaufbau aus gleichem Hause bietet dieser einen wichtigen Vorteil: maximale Flexibilität, er kann nämlich alle Arten von Wechselbrücken bis zu einer Gesamtlänge von 7,82 Metern mit Abstellhöhen zwischen 1120 und 1320 Millimetern aufnehmen. Für den Fahrer bedeutet der Umbau von der einen auf die andere Art einiges an Handarbeit. Die Twistlocks und Mittelauflagen müssen vor dem Beladen an die jeweilige Brückenlänge oder -höhe angepasst werden. Saxas führt die Höhenversteller und Klappmechanismen aber allesamt gut erreichbar und leichtgängig bedienbar aus - zumindest beim nahezu neuwertigen Testfahrgestell. Gleiches gilt fürs Handling der zusätzlichen, bauartbedingt für den Fahrer schwer erreichbaren Unterflurkupplung. Letztere kommt zum Einsatz, wenn zwei lange und bis zu 3,2 Meter hohe C782-Behälter transportiert werden sollen. Mit der Drehschemel-Lafette von Krone, mit welcher der Test-DAF kombiniert ist, nicht zu machen. Dann würde der Zug die gesetzlich zulässige Gesamtzuglänge von 18,75 Meter sowie gegebenenfalls das gültige Höhenlimit sprengen. Der Wechsel auf einen Tiefkuppelanhänger, der den Abstand zwischen Zugfahrzeug und Anhänger verringert, ist daher obligatorisch. Vorher gilt es noch, mit drei Handgriffen den hinteren Unterfahrschutz in die obere Stellung zu bringen, um freien Zugang zum Kupplungsmaul zu gewähren. Der Kupplungsbolzen entriegelt dagegen bequem pneumatisch auf Knopfdruck von der verkehrsabgewandten Seite aus. Zusätzliche Augen fürs Fahrpersonal Darüber hinaus verfügt das Testfahrzeug über weitere im Alltag hilfreiche Lösungen. Wie beispielsweise die extra kompakt gehaltene Abgaseinheit, durch die Dieseltanks mit bis zu 1000 Liter Fassungsvermögen ermöglicht werden. Der Mann/die Frau hinter dem Lenkrad dürfte sich dagegen mehr über die zusätzlichen Augen in Form von Kameras freuen. Den im Testfahrzeug noch verbauten, ultraschallbasierten Abbiegeassistenten ersetzte DAF jüngst durch eine sensibler arbeitende radargestützte Lösung. Innovativer muten die zusätzlichen Kameras am Heck und besonders die im Rahmen des Aufbaus an. Mit ersterer lässt sich das Ankuppeln des Anhängers überwachen, mit der zweiten kann sich der Fahrer beim Aufbrücken über die korrekte Position des Behälters vergewissern. Doch wie schlägt sich der BDF-DAF auf der Straße? Überaus komfortabel! Bezogen auf den Sattelzug sorgen der lange Radstand und die Vollluftfederung für einen Federungskomfort, der mehr an Reisebus als an Lkw erinnert. Der Testverbrauch von 26,45 l/100 km, ermittelt mit einem praxisgerechten Gesamtgewicht von 32,6 Tonnen, lässt sich zwar schwer mit anderen von Sattelzügen eingefahrenen Test-Werten vergleichen. Angesichts der schlechteren Aerodynamik des Gliederzuges scheint der 480er XF aber auf niedrigem Niveau zu liegen. Neue Temporekorde reißt er dafür nicht. Hauptgrund dafür ist die hinterlegte Eco-Performance-Software, durch die sich der DAF an steilen Bergen bewusst leicht zurückhält und nicht seine ganzen 2350 Newtonmeter Drehmoment (im zwölften Gang 2500 Newtonmeter) gegen die Steigung stemmt. Die Versuchung dürfte für nicht wenige Fahrer groß sein, die Sparsoftware per Tastendruck am rechten Lenkstockhebel vorübergehend zu deaktivieren. Es handelt sich allerdings lediglich um wenige Sekunden, die man sich auf diese Weise holt, der dafür höhere Kraftstoffeinsatz dürfte für den Transportunternehmer ungleich schwerer wiegen. Und für die Wechselbrücken selbst kommt es auf solch geringe Zeitersparnis schließlich auch nicht an. Alle Test- und Fahrberichte für Abonnenten www.verkehrsrundschau-plus.de In Kürze Normalerweise testet die VR auf der Profi-Test-Runde Sattelzugmaschinen. Eine Ausnahme ist der DAF XF 480 mit Saxas-Multiwechselaufbau, den der niederländische Hersteller ab Werk anbietet. Fazit - DAF kann nicht nur Sattel Für den Kunden bietet der Kauf eines Wechselbrücken-Fahrzeuges ab Werk Vorteile. Er darf sich über kurze Lieferzeiten freuen und erhält seinen neuen Lastwagen aus einer Hand. Und dass DAF nicht nur Sattelzugmaschinen kann, beweist das BDF-Testfahrzeug eindrucksvoll. Ein toller Fahrkomfort und viele praxisgerechte Lösungen dürften Kunden dieser Branche gefallen. Die innovativen Kamerasysteme, die das Aufbrücken der Behälter und das Ankuppeln des Anhängers überwachen, sind da nur Beispiele. Gut möglich also, dass der Anteil an BDF-Fahrzeugen mit DAF-Emblem ab der Front künftig steigt.Jan Burgdorf Test-Redakteurjan.burgdorf@springernature.com

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