London. Die britische Regierung „schlafwandelt“ Spediteuren zufolge in ein „Desaster“ zum Ende der Brexit-Übergangsphase hinein. Die Lieferketten zwischen Großbritannien und der EU dürften ab 2021 stark gestört sein, falls man nicht bald eine Lösung finde, warnten Logistik-Organisationen am Freitag in einem Schreiben. Sie forderten ein Krisentreffen mit Finanzminister Rishi Sunak, Verkehrsminister Grant Shapps und Staatsminister Michael Gove. Dabei soll es auch um die künftige Infrastruktur an den Grenzen und IT-Systeme gehen.
Kritiker fürchten Mega-Staus an den Grenzen, Kühllager sind schon seit vielen Monaten vor allem für Lebensmittel ausgebucht. „Wir sind natürlich auf alle Eventualitäten vorbereitet“, reagierte Premierminister Boris Johnson am Freitag knapp auf die Forderungen.
Obwohl die Regierung nach außen die Brexit-Folgen herunterspielt, kaufte sie ein riesiges Gelände im Raum Dover im Südosten Englands. Dort soll ein Parkplatz entstehen, um Staus auf den Autobahnen zu vermeiden, falls Dokumente nicht ordnungsgemäß ausgefüllt sind oder Kontrollen vorgenommen werden müssen. Die Regierung rief Lieferanten von Medizinprodukten im Land dazu auf, Vorräte anzulegen.
Großbritannien hatte die Europäische Union nach fast einem halben Jahrhundert Ende Januar verlassen. Doch gehört das Land noch bis Jahresende zum EU-Binnenmarkt und zur Zollunion. Verhandelt wird nun über ein Anschlussabkommen. Doch die Gespräche kommen kaum voran.
Die nächste Runde ist in der kommenden Woche in London. Ohne Deal droht ein harter wirtschaftlicher Bruch mit Zöllen und Handelshemmnissen. Johnson gibt sich hingegen weiter optimistisch: Großbritannien werde sich auch ohne Anschlussabkommen „gewaltig“ entwickeln, sagte er beim Besuch eines Bahn-Projekts in Solihull. (dpa/ja)