Die interdisziplinäre Kommission aus Medizinern, Strafrechtlern und Suchtexperten begründete ihre Entscheidung für einen THC-Grenzwert von 3,5 ng/ml in ihrem Mehrheitsvotum damit, dass bei Erreichen dieses Werts nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft eine verkehrssicherheitsrelevante Wirkung beim Führen eines Kraftfahrzeuges nicht fernliegt. Er liege aber deutlich unterhalb der Schwelle, ab welcher ein allgemeines Unfallrisiko beginnt. Er sei vom Risiko her vergleichbar mit einem Alkohol-Promillewert von 0,2. „Bei dem Vorschlag handelt es sich um einen Wert, der dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (geeignet, erforderlich und angemessen) entspricht sowie die Freiheitsrechte des Einzelnen und die Straßenverkehrssicherheit als schützenswertes Gut der Allgemeinheit gleichermaßen berücksichtigt“, heißt es im Mehrheitsvotum.
Die länderübergreifende Arbeitsgemeinschaft Verkehrspolizeiliche Angelegenheiten, die derzeit vom hessischen Innenministerium geführt wird, sprach sich in einem Sondervotum gegen ein Hochsetzen des bisherigen Grenzwerts aus. Sie verwies auf Anstiege der Unfallzahlen im Ausland, wo die Grenzwerte hochgesetzt worden sind, und darauf, dass die Wirkung von THC auf die Fahrtüchtigkeit individuell sehr unterschiedlich ist. Eine Hochsetzung des Grenzwerts widerspreche zudem der „Vision Zero“, also dem Ziel, die Zahl der Toten und Schwerverletzten im Straßenverkehr auf Null zu verringern.
Alle Kommissionsmitglieder schlugen ferner vor, für Kraftfahrer, die Cannabis konsumiert haben, ein absolutes Alkoholverbot vorzuschreiben, um den besonderen Gefahren aus dem Mischkonsum von Cannabis und Alkohol gerecht zu werden.
Zum Vorscreening bei Kontrollen im Straßenverkehr empfiehlt die Kommission in ihrem Mehrheitsvotum hochempfindliche Speicheltests. Damit könne sichergestellt werden, dass zeitlich kurz zurückliegender und damit verkehrssicherheitsrelevanter Konsum sicher erfasst wird – der eigentliche berauschende Wirkstoff THC wird sehr schnell abgebaut –, aber nicht die oft über viele Tage im Blut nachweisbaren und nicht direkt fahrtüchtigkeitsrelevanten Abbauprodukte.
Wie das BMDV weiter mitteilte, muss für die rechtliche Festschreibung des Grenzwerts der § 24a des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) geändert werden, der bisher jeglichen Cannabis-Konsum über der Nachweisschwelle von 1 Nanogramm/Milliliter Blut untersagt. Bis zur Änderung des Gesetzes – die im günstigsten Fall im Mai verabschiedet werden kann –, gilt die bisherige Quasi-Null-Toleranz-Grenze weiter. Eigentlich hatte die Regierung angestrebt, dass der neue Grenzwert gleichzeitig mit dem Cannabisgesetz Anfang April in Kraft tritt.
Die Empfehlungen der Experten finden Sie unter nachfolgenden Links:
Mehrheitsvotum Kurzfassung: www.bmdv.bund.de/expertengruppe-kurzfassung
Mehrheitsvotum Langfassung: www.bmdv.bund.de/expertengruppe-langfassung
Sondervotum Verkehrspolizei: www.bmdv.bund.de/verkehrspolizeiliches-votum