Betriebsprüfung: Wie sich Unternehmen vorbereiten sollten

Flattert eine Prüfungsanordnung des Finanzamts ins Haus, macht sich bei Unternehmern und Unternehmerinnen schnell Nervosität breit. Hausbesuche des Fiskus sind selten ein Grund zur Freude; enden diese doch häufig mit Steuernachzahlungen, die sich zusammen mit Zinsen dann auf stattliche Beträge summieren können. Laut letzter amtlicher Jahresstatistik bescherten Betriebsprüfer der Staatskasse Steuer-Mehreinnahmen von 10,8 Milliarden Euro. Mehr als zwei Drittel entfielen auf Nachforderungen von Gewerbe-, Körperschaft- und Einkommensteuer. Großbetriebe zahlten im Durchschnitt rund 227.000 Euro nach. Kleinst-, Klein- und Mittelbetriebe mussten zwischen 20.000 und 25.000 Euro zusätzlich ans Finanzamt überweisen - für viele fast die Hälfte ihres Jahresgewinns und damit ein hohes finanzielles Risiko. Indizien für baldigen Besuch Darauf zu spekulieren, dass kleine und mittlere Firmen durchschnittlich nur alle zwölf Jahre auf der routinemäßigen Prüfliste des Finanzamts stehen, ist keine gute Strategie. Denn die Betriebsprüfer werden auch tätig, wenn Steuererklärungen nicht oder oft verspätet eingehen oder die gemachten Angaben von den üblichen Branchenwerten abweichen. Dies können hohe Teilwertabschreibungen und Rückstellungen, schwankende Umsätze, hohe Verlustabzüge, größere Entnahmen, aber auch Auslands-geschäfte sein. Auffälligkeiten filtert der Computer automatisch heraus. Ein wichtiges Indiz, ob in naher Zukunft eine Außenprüfung ansteht, findet sich im Einkommen-, Körperschaft- oder Gewerbesteuer-Messbescheid. Steht dieser nach Paragraf 164 der Abgabenordnung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, spricht das für eine baldige Betriebsprüfung. "Häufig gehen Kontrollmitteilungen beim Finanzamt ein, die zu einer genaueren Überprüfung führen", weiß Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht Thomas Juppe von der Kanzlei Mauss & Mauss in Augsburg. Im Fokus stehen meist Geschäfte mit Auslandsbeziehung, Gesellschafterwechsel, eine Betriebsaufgabe oder -veräußerung sowie Verträge mit nahestehenden Personen - etwa ein günstiges Darlehen für den Sohn oder die private Nutzung des Firmenautos durch die Tochter. Mit Ankündigung "Auch wenn Unternehmer Einkünfte nacherklären, werden Betriebsprüfer hellhörig", sagt Juppe, der Mittelständler in solchen Fällen juristisch berät. Seine Kollegin und Steuerberaterin Isabella Mauss schaut sich deshalb lieber im Vorfeld die Zahlen genauer an und prüft, ob die Buchhaltungsunterlagen richtig und vollständig sind. Vorsorge ist generell besser als Nachsorge. Dies gilt nicht nur für die Gesundheit, sondern auch im Umgang mit dem Finanzamt. Wer seine Bücher ordentlich führt und eng mit seinem Steuerberater zusammenarbeitet, kann einer Außenprüfung gelassen entgegenblicken. Selbst für kurzfristige Korrekturen bleibt meist noch Zeit, denn im Unterschied zu den gefürchteten Überraschungsbesuchen des Fiskus - der Lohnsteuer-Nachschau, Umsatzsteuer-Nachschau oder Kassennachschau - müssen sich die Finanzbeamten zur Betriebsprüfung anmelden. In der Prüfungsanordnung kündigen sie ihren Besuch in 14 Tagen bis vier Wochen an und informieren, welche Steuerarten und welchen Zeitraum sie genauer unter die Lupe nehmen wollen. In der Regel sind das Ertrags- sowie Gewerbesteuern. Im Rahmen von Sonderprüfungen kontrolliert der Fiskus aber auch, ob Firmen die Umsatz- und Lohnsteuer korrekt ermittelt und abgeführt haben. Neue Regeln Neu seit vergangenem Jahr ist, dass das Finanzamt mit der Prüfungsanordnung bereits Buchführungsunterlagen anfordern darf - vor dem eigentlichen Prüftermin. Firmen bleibt somit weniger Zeit, Fehler auszubügeln. Die Betriebsprüfung startet mit der Sichtung der Unterlagen im Finanzamt. Die Beamten legen danach ihre Prüfungsschwerpunkte fest. Betriebliche Steuern, die ab 2025 entstehen, sollen zudem zeitnaher kontrolliert werden. Deshalb muss der Fiskus künftig Prüfungsanordnungen bis zum Ablauf des Kalenderjahres erlassen, das auf das Jahr folgt, in dem der betreffende Steuerbescheid wirksam wurde. Richtig vorbereiten Meist umfasst die Außenprüfung des Finanzamts einen Zeitraum von drei Jahren. Um keine bösen Überraschungen zu erleben, empfiehlt es sich, frühzeitig die Steuerkanzlei einzuschalten und mit ihr das weitere Vorgehen zu besprechen. Fristen und Termine lassen sich nach Rücksprache mit dem Finanzamt auch verschieben - etwa wenn eine wichtige Geschäftsreise oder ein Großauftrag ansteht, der Kapazitäten bindet. Firmen sollten sich dann umgehend an die Vorbereitung machen und - falls noch nicht geschehen - Buchhaltungsunterlagen sowie Ordner mit Steuerbelegen heraussuchen und auf Vollständigkeit prüfen. Erfolgt die Buchführung EDV-gestützt, müssen Betriebe die technischen Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Prüfer des Finanzamts auf diese Daten zugreifen können. Unternehmen sollten sich für diese digitale Betriebsprüfung fit machen und eine lückenlose sowie aktuelle Verfahrensdokumentation vorweisen können. Diese beschreibt, wie Firmen buchhaltungsrelevante Daten erfassen, verarbeiten, speichern und sichern. Vor dem Hausbesuch des Fiskus sollten Firmeninhaber und Geschäftsführer zudem festlegen, wer dem Prüfer Unterlagen aushändigen und Fragen beantworten darf. Dies können entweder der Unternehmer selbst, entsprechend geschulte Mitarbeiter oder der Steuerberater sein. Für die Betriebsprüfung vor Ort sollten Firmen einen Raum zur Verfügung stellen. Auf Anfrage lässt sich diese aber auch ins Büro der Steuerkanzlei verlegen. Rechte und Pflichten bei Betriebsprüfungen Rechte Pflichten Information und Fristen: Unternehmen sind über Zweck, Umfang, Ablauf und Ergebnisse der Prüfung zu informieren. Zwischen Prüfungsanordnung und Kontrolle vor Ort müssen mindestens zwei, bei Großbetrieben vier Wochen liegen. Unterlagen einreichen: Firmen müssen angeforderte Steuerunterlagen vorab beim Finanzamt einreichen, wenn dies in der Prüfungsanordnung verlangt wird. Teilabschluss-Bescheid: Ab 2025 können - auf Antrag - einzelne abgrenzbare Besteuerungsgrundlagen gesondert festge-stellt werden, obwohl die Betriebsprüfung andauert. Nach Erlass des Teilabschluss-Bescheids kann das Finanzamt verbindlich zusagen, wie es den geprüften Sachverhalt künftig steuerlich behandeln wird. Aufzeichnungen über Verrechnungspreise vorlegen: Die Dokumentation über die internen Verrechnungspreise zwischen einzelnen Unternehmensbereichen oder Konzerngesellschaften sind innerhalb von 30 Tagen vorzulegen, wenn eine Prüfungs-anordnung zugeht. Vertraulichkeit: Während der Steuerprüfung muss das Finanzamt vertrauliche Informationen schützen. Kooperation: Bei der Betriebsprüfung sind alle relevanten Buchführungsunterlagen, Belege, Geschäftspapiere, Verträge sowie Verfahrensdokumentationen vorzulegen. Schlussbesprechung: Unternehmen haben das Recht auf eine Schlussbesprechung, um strittige Fragen zu klären und mit dem Prüfer die steuerlichen Folgen zu besprechen. Zuvor sollten sie den Prüfbericht einfordern, um sich vorbereiten zu können. Digitale Betriebsprüfung: Prüfern muss der Zugriff auf steuerrelevante Daten des EDV-Systems ermöglicht werden. Die hierfür notwendigen Zugänge sind einzurichten. Einspruch: Führen die Prüfungsergebnisse zu einer höheren Steuerfestsetzung, können Firmen gegen den geänderten Steuerbescheid Einspruch einlegen. Mitwirkungspflicht: Unternehmen müssen mit dem Prüfer zusammenarbeiten, korrekte und vollständige Angaben machen sowie alle Erklärungen abgeben, die zum Verständnis der Aufzeichnungen notwendig sind. Quelle: Sigrun an der Heiden, freie Wirtschaftsjournalistin Steuerexperten an Bord Bei der Schlussbesprechung sollten die Experten auf jeden Fall dabei sein, um strittige Fragen mit dem Prüfer zu klären. "Im Fokus stehen nämlich immer Sachverhalte, die steuermindernde Konsequenzen haben, wie etwa die Bewertung von Rückstellungen oder Waren im Rahmen der Inventur", erklärt Steuerberaterin Mauss. Es gilt, Kompromisse zu finden, damit eine drohende Steuernachzahlung möglichst gering ausfällt. Entscheidend sei, dass die Buchführung nachvollziehbar und lückenlos ist. "Bei groben Fehlern können Prüfer die gesamte Buchführung verwerfen und die Steuer schätzen", warnt die Expertin. "Hinzuschätzungen drohen auch, wenn Steuerpflichtige ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachkommen und angeforderte Unterlagen nicht vorlegen", ergänzt Rechtsanwalt Juppe. Teure Pflichtverletzung Änderungen in der Abgabenordnung, die nächstes Jahr greifen, sehen für diesen Fall hohe Zwangsgelder vor. Das "qualifizierte Mitwirkungsverlangen mit Rechtsbehelfsbelehrung" soll die Kooperation erzwingen, wenn Unternehmen seit Zugang der Prüfungsanordnung sechs Monate untätig verstreichen ließen. Danach berechnet der Fiskus ein Verzögerungsgeld von 75 Euro täglich für bis zu 150 Tage. Mauern Konzernunternehmen und Firmen, die mindestens zwölf Millionen Euro Umsatz erzielen, dürfen Finanzämter sogar einen Zuschlag von bis zu 25.000 Euro pro Tag festsetzen. "Das ist eine deutliche Verschärfung", bilanziert Rechtsanwalt Juppe. "Die Konsequenz wird sein, dass eine Hinzuschätzung der Steuer leichter erfolgen kann." Online Prüfung im Check Wie sich Unternehmen auf eine Betriebsprüfung vorbereiten können, erfahren Sie auf unserer Profiplattform VR plus anhand zweier Checklisten. mwi www.verkehrsrundschau.de/plus/steuerprüfung

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