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BDI-Vorstand Rüdiger Grigoleit: Seeverladende Wirtschaft mit Situation nicht glücklich

04.05.2010 10:10 Uhr
BDI-Vorstand Rüdiger Grigoleit: Seeverladende Wirtschaft mit Situation nicht glücklich
Rüdiger S. Grigoleit, Vice President Logistics der Merck KGaA, im Interview
© Foto: BDI

BDI-Vorstand Rüdiger Grigoleit äußert sich im Interview mit der VerkehrsRundschau zu Transportengpässen, Frachtraten und Preisaufschlägen in der Containerseeschifffahrt

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Rüdiger S. Grigoleit, Vorsitzender des Deutschen Seeverladerkomitees (DSVK) im Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und Vice President Logistics der Merck KGaA, zu den aktuellen Entwicklungen in der Containerseeschifffahrt Wo existieren derzeit die größten Transportengpässe im interkontinentalen Containerverkehr? Wir stellen einen Mangel an Schiffsraum- und Containerkapazitäten im Verkehr von und nach den Vereinigten Staaten fest. Viele deutsche Verlader haben zum Beispiel große Probleme, Waren an die USA-Westküste zu bringen. Bis Juni ist hier schon jetzt alles ausgebucht. Logistiker überlegen, die Ostküste anzufahren und dann die Container per LKW nach Westen zu bringen. Aber auch Schiffsraum in Richtung Ostküste ist knapp. Wir als deutsche seeverladende Wirtschaft sind mit dieser Situation nicht besonders glücklich. Vor allem haben wir das Gefühl, dass es nicht so bald besser wird. Und im Asienverkehr? Auch hier gibt es Engpässe, aber nicht so drastische wie auf den USA-Routen. Die Reeder scheinen ihre Schiffe eher in das Asiengeschäft gesteckt zu haben. Die Reeder haben, um Kosten zu sparen, die Fahrgeschwindigkeiten der Schiffe deutlich reduziert. Bereiten die dadurch resultierenden längeren Laufzeiten der Container den Verladern Probleme? Wir als Verlader können uns auf fast alle Situationen einrichten, sofern wir Informationen darüber im Vorfeld haben. Eine ganze Reihe von Reedern melden uns vorab die Fahrgeschwindigkeit der Schiffe und die geplante Ankunftszeit im Zielhafen. Wir erleben aber auch häufig, dass die Reeder ihre veröffentlichten Fahrpläne nicht einhalten und keine Informationen über Abweichungen herausgeben. So dauern Verkehre zum Beispiel nach Südkorea auf einmal drei bis 13 Tage länger, als von uns angenommen. Und selbst wenn die Reeder Informationen herausgeben, kommt es sehr oft zu Unpünktlichkeiten. Die Empfänger der Waren wissen derzeit eigentlich nicht, wann die Container kommen. Waren Informationsfluss und Zuverlässigkeit schon mal besser? Vor der Wirtschaftskrise konnten wir uns mehr auf die Fahrpläne verlassen. Die Ankunftszeit bei unseren Kunden variierte zwischen plus-minus einem Tag. Wie entwickeln sich denn derzeit die Frachtraten im Containertransport? Hier gibt es von unseren Mitgliedern unterschiedliche Stimmen. Ein Teil sagt, dass sich eine langjährige Verbundenheit zu einem Reeder jetzt auszahlt, andere Verlader können dies nicht bestätigen. Wir bei Merck haben beispielsweise zu Beginn des Jahres die Erfahrung gemacht, dass Ratenerhöhungen auch sehr kurzfristig – sogar nur drei Tage vor Inkrafttreten – an uns übermittelt werden. Wie stark sind denn die Preisaufschläge? Die Frachtratenerhöhungen sind deutlich größer als vor der Krise. Insbesondere seit Jahresbeginn erleben wir Preissteigerungen im hohen zweistelligen Prozentbereich. Und diese Entwicklung wird sich wohl in diesem Jahr von Quartal zu Quartal fortsetzen. Hat diese Entwicklung die Verlader überrascht? Ja. Die Steigerungen fallen höher aus, als von den Unternehmen in den Logistikbudgets geplant. Auch mich persönlich hat dieser starke Anstieg etwas überrascht. Hinzu kommt, dass die Ratenanpassungen derzeit von den Reedern auch durchgesetzt werden. Früher wurden Erhöhungen oft angekündigt, aber selten in vollem Umfang umgesetzt. Heißt das, die Reeder sprechen sich ab, um die Preiserhöhungen am Markt durchzudrücken? Nein, das würde ich den Unternehmen nicht unterstellen. Diese Zeiten sind vorbei. Die Reedereien nutzen aber ihre Chance, die Raten wieder nach oben zu bringen. Marktführer Maersk versucht in den USA gerade für gebuchte aber nicht angelieferte Container Gebühren zu erheben. Sind diese Zusatzkosten auch in Europa zu erwarten? Ich habe von diesen No-Shows-Gebühren gehört, bei uns sind sie bisher aber noch nicht aufgetaucht. Ich will aber nicht ausschließen, dass einige Reeder auch in Europa einen Versuch starten könnten. Müssen die Reeder nicht die Raten erhöhen, um wieder schwarze Zahlen schreiben zu können? Wir haben als Verlader die Ratenanpassungen ja weitgehend akzeptiert. Durch die aus unserer Sicht künstliche Verknappung der Schiffskapazitäten versuchen aber einige Reeder die Verlader zusätzlich zur Kasse zu bitten. Das darf nicht sein. Dieses Verhalten hat nicht nur betriebswirtschaftliche Auswirkungen. Auch der Aufschwung der Volkswirtschaften wird gefährdet. Die deutsche Exportindustrie zum Beispiel wird es bei knappen Seecontainerkapazitäten nicht schaffen, die Produkte an die Kunden weltweit zu bringen. Dies kann das Wirtschaftswachstum gefährden. Deshalb appelliere ich an die Reeder, hier schnell Abhilfe zu schaffen. Interview: Andre Kranke Mehr zum Thema "Aktuelle Marktsituation in der Containerseeschifffahrt" finden Sie in der VerkehrsRundschau-Ausgabe 18/2010, die am 7. Mai erscheint.
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