Warum fordert der Automobilclub von Deutschland (AvD) eine Lkw-Sicherheitsinitiative?
Wir beobachten, dass es fast täglich zu schweren Unfällen mit Lkw auf den wichtigen Autobahnen kommt, die mehr als hundert Kilometer Stau am Tag verursachen. Das legt den Verkehr lahm: Ein deutliches Zeichen, dass man etwas tun muss, um diese Unfälle zu reduzieren.
Laut Statistischem Bundesamt ist die Zahl der Verletzten und Getöteten bei Unfällen, an denen Lkw beteiligt sind, jedoch rückläufig. 2013 waren es rund 30 Prozent weniger als noch 1995.
In der allgemeinen Statistik geht die Zahl der Getöteten zurück, die Zahl der Verletzten aber steigt, weil die Zahl der Unfälle angestiegen ist und weiter steigt. Es gibt mehr kleinere Unfälle als schwerere Unfälle. Das liegt vor allem an der höheren Verkehrsdichte. Nach unserer Erkenntnis geht vor allem die Zahl der verletzten Lkw-Fahrer selbst deutlich nach oben.
Welche Methoden schlagen Sie vor, um Lkw-Unfälle zu reduzieren?
Unsere Forderungen fußen auf drei Säulen: Sie betreffen die Technik der Fahrzeuge, die Fahrer selbst und die Infrastruktur. Zu diesen Punkten haben wir einen Forderungskatalog erstellt. Viele der vorgeschlagenen Dinge gibt es bereits oder sie sind sogar vorgeschrieben, aber die Technik wird nicht genutzt und Regeln werden nicht eingehalten.
Zum Beispiel?
Abstandswarn- und Abstandshaltesysteme: Die werden von den Fahrern oft nicht genutzt. Denn je größer die Lücke zum Vordermann ist, desto höher ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass ein anderer dort einfädelt und der Lkw abbremsen muss. Das passt einem Fahrer, der unter Zeitdruck steht, natürlich nicht. Hinzu kommt, dass die Bereitschaft der Unternehmer, in diese Systeme zu investieren, eher gering ist.
Aber Abstand als Unfallursache ist ja kein reines Lkw-Problem. Auch Pkw-Fahrer fahren gerne etwas dichter auf.
Das gilt natürlich für alle. Aber wenn ein Lkw am Stauende auf ein Auto auffährt, weil der Abstand zu gering ist, sind die Konsequenzen schwerwiegender als beim Pkw. Unser Forderungskatalog sollte auch nicht als Kampfansage an den Lkw verstanden werden. Jeder braucht die Logistik, bestellt bei Amazon und erwartet, dass alles binnen 24 Stunden geliefert wird. Aber es geht in der Kampagne ja auch um die Sicherheit der Lkw-Fahrer selbst.
Ihnen geht es auch um das Thema Geschwindigkeit. Der AvD schlägt unter anderem digitale Tempoanzeigen an den Fahrzeugen vor. Was soll das bewirken?
Das ist in den USA bereits ausprobiert worden. Der Vorteil ist ein Selbsterziehungseffekt. Wenn der Fahrer weiß, dass jemand hinter ihm lesen kann, dass er mit 98 Stundenkilometern unterwegs ist, dann fährt er die nicht.
Wer besonders sicher unterwegs ist, soll belohnt werden. Der AvD schlägt ein Gütesiegel für sichere Unternehmen vor. Wie soll das aussehen?
Es gibt zum Beispiel ein Gütesiegel der Gütegemeinschaft Buskomfort. Das kleben sich die Unternehmen gerne auf ihre Fahrzeuge, weil sie damit zeigen können, dass sie einen sicheren Bus fahren. Ein solches Siegel sollte es auch für Transportunternehmen geben. Groß auf der Lkw-Rückseite hat das dann sogar eine gewisse Außenwirkung und könnte wiederum ein Anreiz für andere Speditionen sein, sich mehr Mühe zu geben. Vergeben könnten das Siegel die Verbände.
Das Interview führte Katharina Spirkl, Redaktion
Hintergrund:
Der Automobilclub von Deutschland (AvD) fordert eine Lkw-Sicherheitsinitiative. Er fürchtet, dass schwere Unfälle mit Lkw zunehmen. Daher hat der Club eine Liste mit Forderungen aufgestellt, die zur Sicherheit von Lkw im Straßenverkehr beitragen sollen. Aktueller Anlass war ein schwerer Unfall, bei dem ein Lkw-Fahrer verstarb. Ein Lkw hatte die Mittelleitplanke durchbrochen und war frontal mit einem anderen Lkw zusammengestoßen.