Ärger im Alpentransit: Kann das Slot-System die Lösung sein?

Das Nachtfahrverbot für Lkw in Tirol sorgt für viel Unmut. Trotzdem halten Sie nach wie vor am Nachtfahrverbot für Lkw in Tirol fest. Warum? Das Nachtfahrverbot ist eine der wesentlichsten Maßnahmen im Bereich des Schwerverkehrs, um die Luftgüte-Werte einzuhalten, die europaweit gelten und damit natürlich auch in Tirol. Wir setzen diese Maßnahmen also nicht um, um damit jemanden zu ärgern oder um den Verkehr zu behindern, sondern tun dies im Sinne der Gesundheit der Menschen, die hier leben. Es macht schon einen Unterschied, dass wir hier im Wipptal in Tirol in einem engen Tal leben -mit einer Belastung von 2,4 Millionen Lkw und rund 12 Millionen Pkw allein im vergangenen Jahr. Eine Aufhebung des Nachtverbots würde also nur dazu führen, dass wir noch mehr Verkehr anziehen und die Stickoxidwerte (NOx-Werte) in der Luft wieder ansteigen. Sprich: wir könnten die gesetzlichen Vorgaben bezüglich Luftgüter für unsere Bevölkerung nicht mehr einhalten. Zumal die EU die NOX -Werte bis 2030 auf 20 Mikrogramm pro Kubikmeter Atemluft noch stärker absenken wird. Die EU-Kommission hat ja schon in ihrer Stellungnahme zur Klage Italiens gegen Österreich vor dem Europäischen Gerichtshof erklärt, „dass das Nachtfahrverbot den freien Warenverkehr behindere“. Unter welchen Voraussetzungen wäre es für Sie vorstellbar, das Nachtverbot zumindest zu lockern, etwa um zwei Stunden zu verkürzen? Tirol, Bayern und Südtirol haben schon im vergangenen Jahr vereinbart, das Slot-System umsetzen zu wollen, um so eine planbare Straße zu schaffen. Denn ein solches Slot-System bringt den Transportunternehmen Planungssicherheit, und ich will ja auch nicht, dass Lkw-Fahrer an der Landesgrenze in Kufstein stundenlang im Stau stehen. Zudem ist mir natürlich als Landesrat in Tirol auch die Planungssicherheit unserer Wirtschaft ein Anliegen. Am Hamburger Hafen funktioniert ein solches Slot-System ja auch perfekt. Warum soll das nicht auch am Brennerkorridor funktionieren? Ganz einfach, weil Italien bislang bei diesem Slot-System nicht mitmacht. Dann lassen Sie uns zusammentun! Mein Appell an den italienischen Infrastrukturminister Matteo Salvini wäre, seine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EUGH) zurückzunehmen und sich mit uns an den Verhandlungstisch zu setzen. Denn Fakt ist auch: Was würde denn passieren, wenn wir in Tirol das Nachtfahrverbot um zwei Stunden verkürzen? Dann würden noch mehr Verkehre von der Schweiz nach Tirol wandern, weil in der Schweiz ein Lkw-Nachtfahrverbot gilt. Mit dem Slot-System schaffen wir dagegen die Voraussetzung, dass sich der Verkehr auf der Hauptachse zwischen Rosenheim und Bozen über einen zeitlichen Slot genauso flüssig planen lässt, und zwar so flüssig, wie wir seit 100 Jahren Züge auf der Schiene planen. Wir haben nun einmal zu bestimmten Zeiten Peaks, also Spitzen, die unsere Infrastruktur nicht aufnehmen kann. Sprich: es kommt zu Verkehrsstaus. Und eben diese gilt es zu verhindern, etwa durch ein Slot-System, aber auch durch mehr Verlagerung der Verkehre auf die Schiene. Ein solches Slot-System funktioniert aber nur, wenn es genügend Ausweich- und Parkflächen für Lkw gibt, falls ein Frächter zum Beispiel verspätet eintrifft und seinen gebuchten Slot nicht einhalten kann. Ansonsten ist das Chaos in Bayern und Tirol vorprogrammiert. Wie lösen Sie das? Dazu braucht es in der Tat Parkplätze. Das ist richtig. Für Tirol kann ich aber sagen: wir treffen, zum Beispiel auf den Autobahnen A12 und A 13, immer Vorsorge, dass dort geparkt werden kann. Ob dies auch in Bayern im ausreichenden Maße passiert, kann ich nicht beurteilen. Ich stehe mit dem Bayerischen Verkehrsminister Christian Bernreiter aber im regelmäßigen Austausch – unter anderem auch zu diesem Thema. Letzte Frage: Die Bundesregierung muss einem solchen Slot-System zustimmen. Welche Signale erhalten Sie dazu aus Berlin? Zur Haltung der künftigen Bundesregierung kann ich, Stand heute, noch nichts sagen. Mit Bayerns Verkehrsminister Bernreiter habe ich dazu bislang nicht gesprochen. Die bisherige Ampelregierung hatte aber, meine ich, das Thema Alpentransit, nicht so sehr auf dem Schirm. Dieses Thema ist einfach von Berlin sehr weit weg, auch wenn es im Grunde ein europäisches Thema ist. Für mich ist es deshalb eines der wichtigsten Ziele, darüber so bald wie möglich mit dem neuen Bundesverkehrsminister zu sprechen. Mit Peter Hanke, unserem österreichischen Bundesminister für Innovation, Mobilität und Infrastruktur (SPÖ), habe ich mich dazu bereits sehr eng abgestimmt. Es wäre also sehr wünschenswert, wenn wir bei dieser Problematik da gemeinsame Schnittmengen finden.