Die Versicherung kann nicht in jedem Fall ihre Leistungen kürzen, weil der Versicherte während einer Trunkenheitsfahrt einen Unfall verursacht. Dies entschied der Bundesgerichtshof am 22. Juni. Der Kläger war auf der Rückfahrt von einem Rockkonzert gegen 7.15 Uhr morgens von der Straße abgekommen und an einen Laternenpfahl geprallt. Ein Bluttest ergab eine Blutalkoholkonzentration von 2,70 Promille, weswegen der Kläger wegen fahrlässigen Vollrauschs verurteilt wurde. Am Fahrzeug des Klägers war ein Schaden von rund 6400 Euro entstanden.
Die Versicherung des Mannes weigerte sich, für den Schaden einzustehen, sodass er klagte. Nach erfolglosen Vorinstanzen hatte nun die Revision zum Bundesgerichtshof Erfolg. Der Senat entschied, dass ein Leistungskürzungsrecht der Versicherung wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles ausscheidet, wenn der Versicherungsnehmer unzurechnungsfähig war. Dies käme im Fall des Klägers in Betracht. Da das Berufungsgericht sich hiermit nicht auseinandergesetzt hatte, wurde das entsprechende Urteil aufgehoben, und der Rechtsstreit zurückverwiesen.
Der Schuldvorwurf kann vorverlegt werden
Allerdings stellte der Bundesgerichtshof klar: Auch wenn der Kläger beim Unfall selbst unzurechnungsfähig war, so ist nicht ausgeschlossen, dass man ihm trotzdem die grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalls vorwerfen kann – nämlich dann, wenn er, bevor er sich betrank, erkannte oder grob fahrlässig nicht erkannte, dass er im Zustand der Unzurechnungsfähigkeit einen Versicherungsfall herbeiführen würde. Hierfür sei maßgeblich, ob und welche Vorkehrungen der Kläger getroffen hatte, um zu verhindern, dass er die Fahrt in alkoholisiertem Zustand antreten oder fortsetzen wird.
Bundesgerichtshof
Urteil vom 22. Juni 2011
Aktenzeichen: IV ZR 225/10