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Lkw-Kaufverträge: Abzocke oder Entgegenkommen?

28.04.2022 11:35 Uhr | Lesezeit: 3 min
Neue Lkw MAN Scania
Viele der VerkehrsRundschau-Leser warten derzeit auf ihre neuen Lkw
© Foto: Karel Sefrna/VerkehrsRundschau

Die letzten Tage bekam die VerkehrsRundschau mehrere Hinweise von Lesern, dass lange bestehende und bislang nicht bediente Lieferverträge für Lkw storniert werden sollen und die OEMs neue, schnell lieferbare, aber teurer Fahrzeuge anbieten.

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Der Ärger von Ingo S. ist nachvollziehbar. Im letzten Quartal hat er seinen neuen Lkw bestellt und wird seitdem, mit Hinweis auf Rohstoffengpässe und Kriegsauswirkungen Monat um Monat vertröstet. Als aber dann das Schreiben des OEM kam, er solle doch seinen Kaufvertrag stornieren, dafür würde man dann ein anderes Fahrzeug, sofort lieferbar, allerdings rund 15 Prozent teurer anbieten, griff er zum Hörer und meldete sich bei der VR-Redaktion.

Und wie er machten es noch weitere VR-Leser. Auch wenn es sich mehrheitlich um die beiden Nutzfahrzeugmarken des VW-Konzerns handelte, betrifft das Problem wohl mehrere Hersteller. Die VerkehrsRundschau hat deshalb exemplarisch bei MAN und Scania nachgefragt, was von solchen Vertragsauflösungen zu halten ist – vor allem aber, warum die dann neu angebotenen Fahrzeuge in der Regel deutlich teurer sind. MAN etwa verwies darauf, dass es sich bei den Fahrzeugen mit Lieferverzögerung um stark personalisierte Lkw handelt, was unter anderem einen sehr individuellen Kabelbaum beinhaltet. Bekanntermaßen gibt es gerade im Bereich Elektronik und Kabelbaum aktuell große Lieferschwierigkeiten. Bei den stattdessen avisierten Fahrzeugen handelt es sich um Grundversionen, für die seit Kurzem wieder Kabelbäume aus der Ukraine geliefert werden und mit denen der Münchener Hersteller gerade seine Produktion wieder anlaufen lässt. Der höhere Preis resultiere vor allem aus gestiegenen Rohstoffpreisen und der eingeschränkten Verfügbarkeit.  

MAN

„Der Krieg in der Ukraine ist eine humanitäre Katastrophe, die uns tief bewegt. Zudem hat der Krieg auch massive Auswirkungen auf unsere Industrie und insbesondere auf MAN Truck & Bus. Wir verzeichnen seit dem 24. Februar massive Versorgungslücken bei Lkw-Kabelsträngen. Seit Beginn arbeitet eine Task Force mit Hochdruck an Lösungen, um mögliche Beeinträchtigungen der Lieferkette zu minimieren. So werden beispielsweise ukrainische Zulieferstrukturen für Lkw-Kabelstränge aktuell in anderen Ländern dupliziert. Aufgrund der Komplexität der Produkte dauert diese Duplizierung jedoch bis zu einem vollen Hochlauf der Produktion, mit kompletter Fertigungs-Varianz, mehrere Monate. Seit Anfang März haben die genannten Lieferengpässe daher zu einem Stillstand in den produzierenden Werken in München und Krakau sowie zu signifikanten Ausfällen in den Komponenten-Werken in Nürnberg und Salzgitter geführt. Zwar können wir die Lkw-Produktion in den Werken München und Krakau seit dem 25. April schrittweise wieder hochfahren, allerdings mit deutlich weniger Varianten. Zudem bleibt die Produktion, abhängig vom weiteren Kriegsgeschehen in der Ukraine, auch weiterhin mit großen Unsicherheiten behaftet.

In Folge dieser unsicheren Umstände und mangelnder Versorgungsicherheit, die bereits zuvor durch die Auswirkungen der Corona-Krise eingeschränkt war, sehen wir uns nicht in der Lage, die gegenüber unseren Kunden erteilten Zusagen im Hinblick auf den Auslieferungszeitpunkt einzuhalten.

Auch um unseren Kunden in dieser Situation hinsichtlich ihrer eigenen Transportverpflichtungen eine Lösungs-Option zu eröffnen, machen wir ihnen derzeit das Angebot, ihre Aufträge zu stornieren und dafür ein standardisiertes und daher unter den gegebenen Bedingungen früher produzierbares Fahrzeug neu zu bestellen. Damit geben wir ihnen die Wahl, entweder früher ein von Ihrer Wunschspezifikation abweichendes Fahrzeug zu nehmen, oder bei der ursprünglichen Variante zu bleiben. Auf diese müsste der Kunde dann aber leider sehr lange warten. Mit dem Standardfahrzeug kann der Kunde zumindest seine Transportaufgabe erfüllen.

Dieser Krieg stellt für uns alle ein außergewöhnliches und äußerst schwieriges Ereignis dar. Gleichzeitig ist uns die Beziehung zu unseren Kunden sehr wichtig. Daher gehen wir sehr transparent mit den Auswirkungen des Krieges auf MAN um und arbeiten intensiv an Lösungen, werben aber bei unseren Kunden auch um Verständnis in dieser für uns alle außergewöhnlich schwierigen Situation." (Gregor Jentzsch, Press Officer Truck, MAN Truck & Bus SE)

Scania

Scania bietet seinen Kunden - je nach Transportaufgabe - derzeit die Möglichkeit, bereits getätigte Bestellungen der NTG-Baureihe auf die neue Super-Baureihe zu wechseln. Auf ihren Wunsch können die Kunden von unserer neuesten Fahrzeugtechnologie und dem damit verbundenen noch niedrigeren Kraftstoffverbrauch profitieren. "Die Super-Plattform gibt unseren Kunden die Chance, wirtschaftlich attraktiv unterwegs zu sein und alle aktuellen und zukünftigen gesetzlichen Emissionsanforderungen zu erfüllen", kündigt Nina Khanaman, Direktorin Kommunikation und Marketing, Scania Deutschland, an.

Im günstigsten Fall könne sich daraus in Abhängigkeit von einer Vielzahl von verbauten Komponenten des bestellten Fahrzeuges aufgrund von eventuell vorhandenen, zur Spezifikation passenden Komponenten aus der neuen Super-Baureihe eine Verbesserung der Lieferzeit als Nebeneffekt ergeben. Dies sei aber nicht grundsätzlich gegeben und von Scania nicht beeinflussbar.

"Die Corona-Pandemie sorgt bekanntermaßen für große Herausforderungen über viele produzierende Industrien hinweg. Dazu gehören Engpässe bei Komponenten und erhebliche Störungen in der Zulieferer- und Logistikkette. Eine nachhaltige Lösung für die vorherrschende Komponentenknappheit ist immer noch nicht in Sicht, aber wir setzen hier weiter auf unseren agilen Produktionsplanungsprozess und einen transparenten Dialog mit unseren Lieferanten. Zudem ist unser Vertrieb laufend in Kontakt mit unseren Kunden um anforderungsspezifisch die bestmöglichen Lösungen zu finden." (Nina Khanaman, Direktorin Kommunikation und Marketing, Scania Deutschland) (gg/ste)

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