Der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland steigt am 1. Oktober auf 12 Euro. Das beschloss der Bundestag am Freitag, 3. Juni, mit den Stimmen der Ampel-Koalition sowie der Linken, Union und die AfD enthielten sich.
Im Gesetzentwurf, den die Bundesregierung vorgelegt hatte, geht man von etwa 6,2 Millionen Arbeitnehmer mit einem Stundenlohn unter 12 Euro aus. Frauen sowie Menschen in Ostdeutschland sollen überproportional von der Anhebung profitieren. Die Mindestlohnerhöhung war ein Kernversprechen von Bundeskanzler Olaf Scholz im SPD-Wahlkampf. Vorgesehen ist zugleich, die Grenze für Minijobs von 450 auf 520 Euro anzuheben.
Kritiker sprechen von einem Dammbruch
Dirk Jandura, Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), kritisierte die Entscheidung: „Die politisch motivierte Anhebung des Mindestlohns durch die Ampel-Koalition ist ein schwerer Eingriff in die Tarifautonomie. Er ist ein Dammbruch im bewährten System der staatsfernen Lohnfindung in Deutschland. Damit wird der Mindestlohn endgültig zum Spielball parteipolitischer Interessen und zum Wahlkampfschlager. Mit der Ausschaltung der paritätisch besetzten Mindestlohnkommission tritt der Staat in drastischer Weise an die Stelle der Tarifpartner. Lohnsetzung ist nicht Staatsaufgabe. Mit diesem Eingriff bestätigen sich die Befürchtungen, die wir bei der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns im Jahr 2015 hatten.“
„Die Bundesregierung hält sich nicht an Absprachen“
Der Arbeitgeberverband BDA hatte bereits vor der Bundestagsentscheidung Kritik geübt, die Politik breche die Zusage, dass die Mindestlohnkommission die Lohngrenze festlege. In diesem Gremium bestimmen Arbeitgeber und Gewerkschaften normalerweise die Erhöhungsschritte. Die Kommission soll laut Gesetz erst nach der außerplanmäßigen Erhöhung wieder zuständig werden. „Uns geht es nicht um die Höhe des Mindestlohns“, sagte Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger gegenüber der „Welt“. „Der Punkt ist: Die Bundesregierung hält sich nicht an die Absprachen, die wir 2015 vereinbart haben, als mit Einführung des gesetzlichen Mindestlohns die Mindestlohnkommission gegründet wurde.“
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) kritisierte hingegen, dass die Minijobgrenze ausgeweitet werden soll. Millionen Beschäftigte seien weiter nicht sozialversichert. (tb/dpa)