Seit 2010 kämpft das Bundesverkehrsministerium gegen die Wartezeiten an der Rampe: Der Aufnahme in den Aktionsplan „Güterverkehr und Logistik“ folgten 2012 eine Studie durch die Beratungsfirma HWH zur Ist-Situation und 2014 das Best-Practice-Handbuch „Schnittstelle Laderampe – gute Beispiele“. 2016 untersucht das Bundesamt für Güterverkehr die Lage an Deutschlands Rampen: Verändert hat sich durch all das fast nichts. Im Interview mit der VerkehrsRundschau bewertet Michael Reink, Bereichsleiter Standort und Verkehrspolitik im Handelsverband Deutschland (HDE), die aktuelle Situation aus Sicht des Verbandes.
VerkehrsRundschau: Woran hakt es an den Handels-Rampen? Warum beurteilen Rampenbetreiber die Situation an der Rampe so viel besser als Transportunternehmen?
Michael Reink: Auch wir stellen in unseren Gesprächen Differenzen in der Wahrnehmung fest. Eine Frage ist beispielsweise: Wann beginnt die Wartezeit? Spediteure buchen die Zeitfensterslots, obwohl sie noch gar nicht genau wissen, wann und mit welcher Ware sie losfahren. Diese Tore halten wir frei. Ein anderer Fahrer kommt unangemeldet, sieht das freie Tor und ärgert sich, dass er da nicht ranfahren kann. Für ihn beginnt damit die gefühlte Wartezeit. Für uns ist das aber überhaupt keine Wartezeit. Das Tor ist gebucht und damit besetzt. Der eigentliche Spediteur kommt dann zu spät und muss sich hinten anstellen und auch für ihn beginnt so eine gefühlte Wartezeit. Wir sagen aber: Wartezeit ist nicht entstanden.
Was ist denn aus Sicht des HDE Wartezeit?
Für den Spediteur ist es Wartezeit, sobald der Lkw steht und auf eine freie Rampe wartet. Aus unserer Sicht beginnt die Wartezeit, wenn das Zeitfenstermanagement und die Kommunikation funktioniert haben, aber wir wegen eines Problems im Lager das Tor nicht freikriegen. Aber das Problem entsteht meist nicht durch interne Prozesse im Warenlager, sondern im Vorfeld durch mangelnde Kommunikation.
Warum wurden nur so wenige von den im Handbuch „Schnittstelle Laderampe – gute Beispiele“ vorgeschlagenen Maßnahmen umgesetzt?
Vor dem Handbuch wurde von der Unternehmensberatung HWH zusammen mit vielen Beteiligten im Auftrag des Verkehrsministeriums eine gute Studie zur Problemlage an der Rampe erstellt. Von dieser Arbeitsgruppe gab es den Wunsch, auch Best-Practices mittels einer Broschüre zu veröffentlichen. Die zeigt jedoch nur eine Handvoll nicht repräsentativer, empirisch nicht nachweisbarer Beispiele auf. Daher ist das nicht geeignet, allgemeingültige Handlungsempfehlungen abzuleiten.
Was wären denn relevante Lösungen?
Die Top-Themen sind Kommunikation, Zeitfenstermanagementsysteme und die flexiblere Handhabung dieser Systeme. Für uns ist es beispielsweise unverständlich, dass die Spediteure nicht zu 100 Prozent wissen, wo ihre Lkw sind und selbst wenn sie es wissen, geben sie die Daten oft nicht an unsere Unternehmen weiter. Ansonsten könnten wir in den Lagern besser planen. Stattdessen kommen sie nach dem Motto „so da bin ich“ ans Lager. So wird das Problem bei den Verladern abgeladen.
Sollen die Spediteure das Problem lösen?
Nein, die Kommunikation muss gegenseitig sein. Wir müssen in Echtzeit wissen, wo der Lkw unterwegs ist. Dazu müssen die Spediteure über Telematik und wir über die passenden Schnittstellen verfügen.
Welche Wartezeit halten Sie für akzeptabel?
Auch wir haben kein Interesse an Wartezeiten, daher gibt es auch keine akzeptable.
Aber es entstehen Wartezeiten. Warum ist der Handel nicht bereit diese zu vergüten?
Das müssen die betroffenen Spediteure und Verlader miteinander vertraglich regeln.
Welche Maßnahmen will der HDE ergreifen, um die Lage an den Rampen seiner Mitglieder zu verbessern?
Unsere Mitglieder sind mit der Lage zufrieden. Es gibt hier einen Unterschied in der Einschätzung des Problems durch Verlader und Spediteure. Seit der HWH-Studie haben wir keine Bemühungen gesehen, diese Probleme an der Wurzel zu packen. Das raten wir unseren Unternehmen. (sv)