Berlin/Cottbus. Die neuen Umweltzonen für schadstoffärmere Autos in deutschen Städten bewirken nach Ansicht des Cottbuser Luftreinhaltungs-Spezialisten Detlev Möller keine spürbare Verringerung der Feinstaubbelastung. „Ich habe in einem Gutachten nachgewiesen, dass das Reduktionspotenzial solcher Zonen lediglich zwischen einem und drei Mikrogramm pro Kubikmeter Luft liegt“, sagte der Professor von der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus (BTU) heute. Die Studie wurde im Auftrag des Automobilclubs ADAC angefertigt. Er will damit Klagen von Betroffenen unterstützen. Erst am Donnerstag hatte Brandenburgs Umweltminister Dietmar Woidke (SPD) das Gutachten scharf kritisiert. Die Ergebnisse seien für ihn nicht nachvollziehbar und stellten die Wirksamkeit der Berliner Umweltzone in Frage, sagte Woidke im Landtag. In der Expertise würden alle wissenschaftlichen Erkenntnisse über die gesundheitsschädlichen Auswirkungen von Feinstaub verneint. Umweltzonen gibt es seit Anfang 2008 neben Berlin auch in Köln und Hannover; in weiteren Städten sind sie geplant. Möller verteidigte seine Ergebnisse. Laut einer EU-Verordnung dürfe die Feinstaubkonzentration im Jahresmittel nicht höher als 40 und im Tagesdurchschnitt nicht höher als 50 Mikrogramm liegen, erläuterte der Inhaber des BTU-Lehrstuhls für Luftchemie und Luftreinhaltung. Der Grenzwert von 50 Mikrogramm dürfe aber an 35 Tagen im Jahr überschritten werden. „Feinstaub in Städten wie Berlin oder Cottbus besteht aus wasserlöslichen Salzen, unlöslichen Mineralien sowie organischen und elementaren Kohlenstoffen“, erläuterte Möller. „Allein 20 Mikrogramm ergeben sich schon aus einer großräumigen Hintergrundbelastung durch alle diese Bestandteile.“ Hinzu kämen in einer Großstadt etwa zwei Mikrogramm durch Industrie und aufgewirbelten Staub sowie zehn Mikrogramm an einer belebten Straße. „Das macht insgesamt 32 Mikrogramm“, rechnete der Umweltspezialist vor. Fahrzeuge steuerten vor allem Rußpartikel bei. „Das sind im Straßenverkehr an belasteten Straßen aber nur etwa drei Mikrogramm pro Kubikmeter und im städtischen Hintergrund höchstens ein Mikrogramm. Nur dieser Anteil am Feinstaub kann durch Umweltzonen verringert werden“, betonte Möller. „Bei bestimmten Wetterlagen müssen wir noch etwa mindestens 20 Mikrogramm aus dem Transport von Feinstaubpartikeln aus großen Entfernungen hinzurechnen, die dann zu Überschreitungen des Tagesgrenzwertes von 50 Mikrogramm führen.“ Möller unterstrich: „Das geringe Potenzial der lokalen Feinstaubreduzierung von einem bis drei Mikrogramm kann zwar rechnerisch die Anzahl der Überschreitungstage verringern, wenn die erwartete Belastung gerade wenig über 50 Mikrogramm liegt. Dies führt aber zu keiner relevanten lufthygienischen Verbesserung.“ (dpa)
BTU-Wissenschaftler: Kaum weniger Feinstaub durch Umweltzonen
Studie belegt, dass die Feinstaubbelastung durch die Umweltzonen kaum geringer ist