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Y-Trasse erhitzt weiter die Gemüter - Neubau contra Ausbau

29.09.2014 15:43 Uhr
Die geplante Y-Trasse sorgt für reichlich Protest
© Foto: Picture Alliance/dpa/Philipp Schulze

Alle Seiten sollen gehört und alle Argumente abgewogen werden, ehe über den Ausbau der Y-Trasse entschieden wird. Der Bürgerdialog für das Bahnprojekt weckt aber auch Misstrauen.

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Uelzen. Rund 100 Traktoren rollen laut hupend durch Uelzen, fast zehnmal so viele Menschen demonstrieren mit Transparenten und Trillerpfeifen vor der Stadthalle. Der Protest am Donnerstagabend in der Stadt in der Lüneburger Heide richtete sich gegen die Y-Trasse, ein Großprojekt der Deutschen Bahn, das in Niedersachsen seit mehr als 20 Jahren für Streit sorgt. Zwar wurden die ursprünglichen Pläne für eine Neubautrasse von Hannover Richtung Hamburg und Bremen inzwischen zur Seite geschoben, aber auch die Alternativen, die die Bahn seit dem Frühsommer quer durch die Region Bürgern und Verantwortlichen vorstellt, sorgen für Konfliktstoff.

Obwohl Landesregierung und Bahn nun in einem Bürgerdialog nach der besten Route suchen wollen, sitzt das Misstrauen der Menschen tief. Drei Stunden lang diskutierten nach der Protestkundgebung rund 600 Menschen in der Stadthalle mit DB-Projektleiterin Simone Ilgner und dem Sprecher der Bahn für Großprojekte, Michael Baufeld, über die insgesamt sechs Varianten. Die Diskussion wurde nach draußen übertragen, wo weitere 300 Interessierte im Foyer und im Freien zuhörten.

Ursprünglich sollte die Y-Trasse ICE-Reisende eine Viertelstunde schneller nach Hamburg und Bremen bringen, inzwischen aber geht es vor allem um mehr Platz auf den Schienen für die zunehmende Zahl von Güterzügen aus den Häfen. Baut man dafür einfach die bestehende Strecke von Hamburg Richtung Hannover aus, oder sind Neubauabschnitte quer durch die Natur die bessere Lösung - darum dreht sich die Debatte.

Misstrauen auf allein Seiten

„Ihre Trasse zerschneidet mein ganzes Leben”, sagte die Inhaberin des Immenhofs in Schwienau, Brigitte Schulz. Andere Zuhörer sind misstrauisch und meinen, die Bahn sei mit den Planungen schon weiter, als sie nach außen sagt. „Kurios ist, dass die meisten Details schon in den Isophonen-Karten zu finden sind”, erläuterte Tobias Schütte, ein betroffener Landwirt aus Hansen mit Blick auf die Lärmprognose.

Die Bahn lege zwar großen Wert darauf, von „Untersuchungsräumen” zu sprechen, „aber die haben dabei schon viel weiter gedacht, als uns bekanntgemacht wird”, vermutet Kinderarzt Karsten Dietrich, Eigenheimbesitzer in Böddenstedt. Elisabeth Schulz von der Landwirtschaftkammer Uelzen verlangte einen Ausgleich für betroffene Landwirte.

Die aufgebrachten Einwohner forderten allesamt den Ausbau der bestehenden Strecke. Die dort schon jetzt unter Bahnlärm leidenden Menschen würden bei einem Ausbau künftig von Schallschutzwänden geschützt, meinte ein Zuhörer. Die Bahn scheue wohl die hohen Kosten, bei laufendem Betrieb die Strecke auszubauen, sagte ein anderer. Auch stillgelegte Trassen der Osthannoverschen Eisenbahnen könnten einbezogen werden, so der Uelzener Bürgermeister Otto Lukat (SPD).

Nach den Zahlen der Bahnplaner sind von einem Ausbau der bestehenden Strecke 55.000 Wohneinheiten betroffen, bei den Neubauabschnitten nur 5000. Mit Bund und Bahn ist nach Angaben des niedersächsischen Verkehrsministeriums vereinbart, dass die zum Abschluss des jetzt angelaufenen Dialogverfahrens im kommenden Sommer favorisierte Trassenvariante dann auch zügig gebaut werde, selbst wenn es sich nicht um die kostengünstigste Lösung handelt. Mit dem Neu- und Ausbau kann nach Abschluss der Planungsverfahren wohl frühestens ab 2020 begonnen werden. (dpa)

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KOMMENTARE


Kersten Meier

30.09.2014 - 10:26 Uhr

Die Zahlenjonglage der Bahn ist höchst ärgerlich: Da wird behauptet, es seien "von einem Ausbau der bestehenden Strecke 55.000 Wohneinheiten betroffen, bei den Neubauabschnitten nur 5000". Dabei wird umgekehrt ein Schuh draus. Die 55.000 Einheiten entlang der Bestandsstecke sind betroffen, ob eine Neubaustrecke kommt oder nicht. In letzterem Falle kommen noch 5.000 Wohneinheiten HINZU! Denn die Neubaustrecken sind in den Plänen konzipziert für eine Geschwindigkeit bis 300km/h, also für den Personenfernverkehr (ICE, IC). Güterzüge erreichen diese Geschwindigkeiten nicht, benötigen also auch nicht die teure Ausstattung einer Hochgeschwindigkeitsstrecke. In der Zeit, in der auf der Neubaustrecke jedoch ICE´s in voller Geschwindigkeit dahinbrausen, ist auf dieser Strecke nur sehr bedingt Platz für langsame Güterzüge. Diese werden dann weiterhin über die Bestandsstrecken abgeführt werden müssen, die dafür aber vom Personenfernverkehr zukünftig abgehängt würden. Und das alles, ohne dass das größere Verkehrsaufkommen mit entsprechenden Lärmschutzmaßnahmen begleitet werden muss. Auf den Punkt gebracht: Der Neubau würde zum Schaden für eine ganze Region gereichen, die dafür zusätzlichen Lärm erhält. Warum also sollten die Anwohner das hinnehmen? Würde aber die Bestandsstrecke ausgebaut, dann müsste dort ein weitaus strengeres Lärmschutzgesetz eingehalten werden, als derzeit. Somit würden nicht nur zusätzliche 5.000 Wohneinheiten von Lärm verschont, sondern die bestehenden 55.000 Wohneinheiten haben eine reelle Chance, dass der Lärm dort sinkt und somit weniger Wohneinheiten betroffen wären. Weil dann einige nach entsprechend modernen Lärmschutzmaßnahmen zukünftig aus den Lärm-Isophonen herausfielen.


Helmut

04.10.2014 - 17:37 Uhr

Sehr geehrter Herr Meier, wie Ihnen sicherlich bereits aufgefallen sein dürfte, fahren die ICEs üblicherweise tagsüber und nicht nachts. Folglich ist nachts auf einer - natürlich nach den neuesten Lärm- und Landschaftsschutzrichtlinien gebauten Neubaustrecke - viiieeel Platz für die Güterzüge. Da diese dann nicht mehr die Bestandsstrecke befahren, wird es nachts dort deutlich leiser sein, als es der beste Lärmschutz je zu erreichen vermag. Und wie Ihnen ebenfalls bereits aufgefallen sein dürfte, halten die meisten ICEs bereits heute nicht in der Region. Warum sollte dies mit einem Bestandsstreckenausbau anders werden?Dann doch lieber eine moderne Neubaustrecke, auf der genau diese ICEs fahren können. Auf der Bestandsstrecke mit ihren drei Gleisen ist dann endlich auch Platz für zusätzliche und pünktlichere Nahverkehrszüge - die bekanntlich zwischendurch auch halten und allen in der Region zu Gute kommen. Stopp den Nein-Sagern, JA zur Neubaustrecke!


Kersten Meier

07.10.2014 - 09:17 Uhr

Lieber Helmut, ich denke es ist den Altstrecken- wie Neubaustreckenanliegern ziemlich latte, ob dort 10 oder 20 Züge die Nacht durchdonnern. Einer in der Stunde würde schon völlig ausreichen, um die Nachtruhe nachhaltig zu stören. Hier aus "weniger Nachtverkehr" eine höhere Lebensqualität für die Anwohner herauslesen zu wollen, hat mir etwas von dem berühmten Milchmädchen mit einem gewissen mathematischen Problem. Das einzige Mittel, das an den Bestandsstrecken zu Entlastung führt, ist nicht weniger Züge, sondern besserer Lärmschutz! Wenn die Bestandsstrecke nicht angefasst wird, wird dort tagsüber (bis in den späten Abend) der Güterverkehr mit doppelter Stärke als bisher rollen. Ohne irgendeine Form zusätzlichen Lärmschutzes. Die Neubaustreckenanwohner dürfen sich dann drüber "freuen", dass sie tasgüber "lärmgedämmt" die ICE´s vorbeirasen lassen dürfen, während sie Nachts einen Lärm ertragen sollen, der aber nicht dazu führt, dass die Anwohner an der Altstrecke dann nachts ruhig schlummern können? Denn dort werden nach wie vor Güterzüge ohne Lärmschutz durchdonnern. Vielleicht drei Züge weniger, aber nicht weniger laut. Erholung sieht anders aus. Denn dass Nachts ein Teil der Güterzüge dann über die Neubaustrecke geführt wird, heißt ja nicht, dass die Bestandsstrecke währenddessen gesperrt wird. Oder wie stellen Sie sich das vor? Die einzige Chance für eine wirkliche Entlastung ist nicht der Neubau einer zusätzlichen Strecke, sondern der Abbau von Lärmquellen an der Altbaustrecke! Sonst leiden beide darunter und nicht einer von beiden weniger als andere. Wie Sie zudem tagsüber den zunehmenden Nahverkehr über die Altstrecke schicken möchten, wenn dort doppelt so starker Güterverkehr diese frequentiert, ist mir schleierhaft. Oder sollen die Heidjer dann zukünftig die Nahverkehrszüge in der güterzugfreien Nacht auf den Altstrecken nutzen ?Übrigens ist die Strecke nur bis Lüneburg dreigleisig, von dort bis Celle sind es noch ein paar Streckenkilometer (von denen die meiste Strecke dann übrigens durch den großen Forst zwischen Uelzen und Celle führt, wo es gar keine Anwohner gibt). Hinzu kommt: schon heute wird ein Großteil des Nahverkehrs durch Nicht-DB-Unternehmen (z.B. Metronom) bedient. Diese sind aber dem DB-Verkehr untergeordnet. Im Fazit wäre dann die gesamte Region zwischen Hannover und Hamburg nicht nur komplett (!) vom Fernverkehr abgeschnitten, sondern zusätzlich auch noch beim Nahverkehr angesch...ssen. Dass Ihnen das scheinbar egal ist, lässt mich ihre Intentionen schon kritisch hinterfragen. Meine sind klar: Ich möchte keine zusätzliche Belastung für eine Region, die diese dann auch noch mit weiteren Nachteilen bezahlen muss und entgültig abgehängt wird. Wo Ihre liegen, müssten Sie erklären. Unser Grundgesetz sagt ganz deutlich, dass die Freiheit des Einzelnen dort endet, wo er die Freiheit eines Anderen einschränkt. Wenn Sie die Freiheit der Anwohner einschränken wollen, müssen Sie schon verdammt gute Argumente auffahren. Ein paar Minuten Fahrzeitersparnis (die sich vor Harburg rsp. Lehrte wieder erledigen) sind da nicht genug Argument, um Tausende von Menschen lebenslänglich Nachteile zuzumuten oder Natur unwiderruflich zu zerstören.


Christoph

23.11.2014 - 11:48 Uhr

Ich frage mich wirklich, ob sich bezüglich der Fernverkehrsanbindung der Region so viel ändern würde. Der IC würde bestimmt weiterhin über die Trasse fahren und ein Umsteigen in Hamburg oder Hannover ermöglichen. Auch der ICE würde wohl in Tagesrandlagen die alte Strecke benutzen, da Neubaustrecken gewöhnlich zwischen 23-5 Uhr für den Fernverkehr gesperrt sind. Meiner Meinung würden diese Verbindungen der Bedeutung der Region vollkommen gerecht. Auf der Strecke zwischen Kassel und Frankfurt fährt auch "nur" der IC über Marburg und Gießen, was auch ausreicht. Es kann nicht sein, dass Bürger der ganzen Republik unter dem NIMBY-ism einzelner leiden müssen. Vielleicht sollte es auch einfach eine Volksabstimmung geben. Bei Stuttgart 21 hat sich auch gezeigt, was die Bürger sich wünschen...


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