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„Wie im Krieg“ - Was Fahrer und Unternehmer aus Calais berichten

18.06.2015 11:20 Uhr
„Wie im Krieg“ -  Was Fahrer und Unternehmer aus Calais berichten
Fahrer berichten auf Facebook über ihre Erfahrungen in Calais
© Foto: VR/Screenshot

Die VerkehrsRundschau-Schwesterzeitschrift „Trucker“ hat ihre Leser zu ihren Erfahrungen am Ärmelkanal befragt. Wir haben einige Aussagen zusammengefasst.

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Calais/München. Zwischen 2500 und 3000 illegale Einwanderer halten sich schätzungsweise mittlerweile in Calais auf. Mehrere Hundert lauern rund um die Uhr an den Leitplanken der Autobahnen auf eine Mitfahrgelegenheit. Sie stammen aus Krisenländern wie Afghanistan, Eritrea, Äthiopien, Syrien und dem Sudan. Mitunter hausen sie monatelang in improvisierten Lagern, die immer wieder von der Polizei geräumt werden. Die meisten sind davon überzeugt, dass es in Großbritannien einfacher ist, Asyl zu beantragen und an Arbeit zu kommen. Viele haben Freunde oder Familie auf der anderen Seite des Ärmelkanals, sprechen ein paar Brocken Englisch und sie wissen, dass es auf der Insel bislang weder eine Melde- noch eine Ausweispflicht gibt. Dadurch kann man dort leichter untertauchen als anderswo.

Die Lage war noch nie so schlimm wie jetzt

Seit mehr als 15 Jahren versuchen Migranten aus Afrika und dem Nahen Osten, versteckt in Lkw über Calais nach Großbritannien zu gelangen. So schlimm wie derzeit war das Flüchtlingsproblem am Ärmelkanal aber noch nie. Die Situation habe sich seit diesem Frühjahr drastisch verschlechtert, sagt Horst Kottmeyer. Er ist Geschäftsführer der Spedition Kottmeyer aus Bad Oeynhausen in Ostwestfalen. Das Unternehmen befördert täglich mehrere Teil- und Komplettladungen von Deutschland nach England und Irland.

Die Mitfahrversuche der Flüchtlinge würden immer verzweifelter, berichtet er. „Am helllichten Tag probieren ganze Gruppen, die Lkw zu entern“, beschreibt Kottmeyer die Lage an Fährhafen und Eurotunnel. Verschärft würde sie durch Rückstaus auf den Zufahrtsstraßen zu den Terminals, weil das Transportaufkommen hoch sei. Vor der Zollabfertigung stünden die Fahrzeuge kilometerweit auf den Autobahnen.

In jüngster Zeit würden Fahrer sogar bedroht, wenn sie sich gegen ein Eindringen auf die Ladeflächen wehren. Kottmeyer weiß von Fällen, in denen Lkw mit Steinen beworfen oder die Reifen aufgeschlitzt wurden. Einige junge Männer seien zudem mit Messern oder Eisenstangen bewaffnet. „Unsere Leute erzählen: Das ist wie Krieg“, berichtet Kottmeyer.

Das Schwestermagazin Trucker hat Lkw-Fahrer gefragt, welche Erfahrungen sie gemacht haben. Hier einige der zahlreichen Einträge auf Facebook:

Patrick S.: „Im Moment geht in Calais die Post ab. Der Lkw muss echt gesichert werden wie ein Goldbarren.“

Adi W.: „Ich hatte auf dem Weg nach Großbritannien schon mehrmals Flüchtlinge im Lkw. Das sind richtig organisierte Banden. Einmal sind sie über das Dach eingestiegen. Aufgeschnitten und von innen mit Klebeband verklebt. Bei der Ausfahrt aus den Hafen Dover haben die britischen Behörden die blinden Passagiere auf meinem LKW gefunden. Ich hatte mächtige Probleme: Bußgeld und Ankündigung einer Gefängnisstrafe wegen illegalen Menschenhandels.“

Matthias B.: „Jeder sollte seine letzte Pause in Brüssel machen. Und von dort aus am besten nonstop bis in den Fährhafen Calais. Nicht mal zum Pinkeln anhalten!“

Stefanie E.: „Wir dürfen ab Brüssel bis zur Fähre nicht mehr halten. Vorher stehen wir auf Sicherheitsparkplätzen und an den Trailer kommt ein Schloss plus Zollseil.“

Thomas S.: „Wenn man bedenkt, dass man für jeden blinden Passagier 2500 Euro Strafe zahlt, wünsche ich mir etwas mehr Einsatz von der Polizei in Calais.“

Thomas S.: „Letzte Woche hatte ein Kollege unbemerkt zwölf Asylanten im Lkw: 30.000 Euro Strafe. Der kann sich die Kugel geben.“

Nickos A.: „Ich habe auf englischer Seite mal festgestellt, dass ich drei Flüchtlinge auf dem Lkw hatte. Deshalb habe ich die Polizei angerufen und dank CO2-Stempel vom Eurotunnel-Betreiber keine Probleme gehabt.“

Thomas F.: „Immer den Sicherheitscheck durch die französischen Behörden machen und abstempeln lassen! Wenn möglich, bei den britischen Behörden in Calais noch mal.“

Michael K.: „Ich fahre bei einer englischen Firma. Wir haben extra Laufzettel und verplomben die Fahrzeuge. Beides schützt zwar nicht vor Strafen, schreckt aber die Migranten ab.“

Christian H.: „Mir wurden die Europaletten aus dem Staukasten geräumt. Bei der Abfahrtskontrolle habe ich 15 Flüchtlinge darin gefunden. Sie wurden aggressiv, als ich sie rausgeworfen und mit der Polizei gedroht habe.“

Uwe B.: „Das Parken in Calais ist sehr gefährlich geworden. Die Flüchtlinge zerschlagen die Scheiben und rauben die Lkw aus.“

Ute H.: „Ich hatte auch schon fünf Leute auf dem Lkw. 60 Kilometer vor Calais von Paris kommend ist das gewesen. Ich war nur zwei Minuten auf dem Klo und das Fahrzeug stand direkt an der Tanksäule. Der Tankwart hat den Mitfahrversuch zum Glück über die Kamera gesehen und die Polizei gerufen.“

Michael W.: „Ich hatte sogar schon drei Mal Illegale auf dem Auflieger, als ich nach Großbritannien unterwegs war. Zum Glück wurden die in Calais entdeckt und rausgeholt. In England hätte ich ein massives Problem gehabt.“

Robin T.: „Das kann so nicht weitergehen.“

Ein ausführlicher Lagebericht zur Situation in Calais mit Tipps, was Unternehmer bei Transporten über den Ärmelkanal beachten müssen, ist in Ausgabe VR 24 der VerkehrsRundschau erschienen. Online- und Premiumabonnenten haben die Möglichkeit, den Beitrag als E-Paper zu lesen.

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