Berlin. Mit Maximalforderungen mahnt das Umweltbundesamt (UBA) das Güterkraftverkehrsgewerbe, Ernst zu machen mit einer Verkehrswende, flankiert durch eine Energiewende. „Der Verkehr ist der einzige Sektor, der seine Treibhausgasemissionen seit 1990 nicht mindern konnte“, kritisiert Behördenchefin Maria Krautzberger. „Um unsere Klimaziele auch mit einem wachsenden Güterverkehr zu erreichen, brauchen wir deutlich mehr Güter auf der Schiene und gleichzeitig ein Ende der fossilen Kraftstoffe auch beim Lkw-Verkehr“. Das UBA hat zwei Studien erstellt, denen zufolge Lkw, Pkw, Züge und andere Verkehrsmittel bis 2050 alle mit Elektromotoren unterwegs sein müssten, um die deutschen Klimaschutzziele zu erreichen. Diese sehen vor, den Ausstoß von klimaschädlichen Treibhausgasen wie CO2 bis 2050 um 80 bis 95 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren. Demnächst will Umweltministerin Barbara Hendricks dazu den Klimaschutzplan 2050 präsentieren. Vieles spricht dafür, dass die SPD-Politikerin auf die Studien zurückgreifen wird.
Maut: Lkw soll auch für Lärm zahlen
Das der Ministerin unterstellte UBA sieht zwei Ansatzpunkte für die Stärkung des Schienengüterverkehrs bis 2030. „Die Nutzerfinanzierung muss ausgebaut, also die Lkw-Maut auf das gesamte Straßennetz und auf alle Lkw-Klassen ausgeweitet werden“, betonte UBA-Abteilungsleiter Martin Schmied bei der Vorstellung der Studien. Außerdem müssten die externen Kosten der Lkw-Maut mit eingepreist werden, „insbesondere was Treibhausgase und Lärm betrifft“. Parallel gelte es, die Trassenpreise der Bahn zu erhöhen und nach Lärm zu differenzieren. Zugleich empfiehlt die Studie, die Schieneninfrastruktur und den Kombinierten Verkehr schneller auszubauen. In diesem Zusammenhang feuerte die frühere SPD-Politikerin Krautzberger noch eine Breitseite auf Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) ab. Dessen Entwurf für einen Bundesverkehrswegeplan (BVWP) setze ein „völlig falsches Signal“, da er den Straßenverkehr für die nächsten 15 Jahre bevorzuge.
CO2-Grenzwerte für Lastwagen
Mit diesen „ambitionierten Maßnahmen“ könne der Anteil des Güterverkehrs auf der Schiene bis 2030 von 18 auf 23 Prozent gesteigert werden, ist das UBA sicher. Wenn nichts passiere, stoße der Güterverkehr 2030 noch mehr Treibhausgase aus als 2010. Eine Verlagerung auf die Schiene, kombiniert mit CO2-Grenzwerten für neue Lkw, werde die Emissionen 2030 um 17 Prozent gegenüber 2010 sinken lassen, so die Hoffnung der Verfasser der Studie „Finanzierung einer nachhaltigen Güterverkehrsinfrastruktur“. Nach ihrer Ansicht werden Beschäftigung und Wertschöpfung leicht ansteigen – trotz der Verteuerung des Straßengüterverkehrs.
In der zweiten UBA-Studie „Klimaschutz des Verkehrs bis 2050“ entwickeln die Autoren ein Szenario, wie der Verkehr seinen Treibhausgasausstoß bis 2050 insgesamt auf Null senken könnte. Die Verkehrswende müsse durch eine Energiewende flankiert werden, argumentiert Schmied. Bei allen Verkehrsträgern sei „eine völlige Abkehr von fossilen Kraftstoffen“ erforderlich. Wo dies nicht möglich sei, etwa bei Flugzeugen oder Seeschiffen, sollten alternative Kraftstoffe wie Power-to-Liquid (PtL) oder Power-to-Gas (PtG) eingesetzt werden.
Im Straßengüterverkehr hat die Studie PtL in Diesel-Lkw und den Oberleitungs-Hybrid-Lkw untersucht. Beide Optionen ermöglichten das Ziel Null im Güterverkehr. Dabei benötige die Lösung mit Oberleitungs-Hybrid-Lkw deutlich weniger erneuerbaren Strom. (jök)