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EU-Firmen bewerten Aussichten in China so pessimistisch wie noch nie

10.05.2024 10:25 Uhr | Lesezeit: 6 min
Ein Bruch verläuft zwischen der EU-Flagge und der China-Fahne
Bruch zwischen EU und China – europäische Unternehmen beurteilen ihre Wachstumschancen in China so schlecht wie nie
© Foto: simon2579/GettyImages

Für viele europäische Unternehmen läuft es in China nicht rund. Die Konjunktur stottert, der Wettbewerb mit lokalen Konkurrenten wird härter. Auch das Thema Überkapazitäten bereitet zunehmend Sorgen. In China selbst scheint sich die Lage im Außenhandel zu bessern.

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Europäische Unternehmen beurteilen ihre Wachstumschancen in China so schlecht wie noch nie. Wie aus der am Freitag, 3. Mai, veröffentlichten jährlichen Geschäftsklimaumfrage der EU-Handelskammer in Peking hervorgeht, äußern sich 23 Prozent der befragten Unternehmen pessimistisch zu ihren Wachstumsaussichten in den kommenden zwei Jahren – so viele wie noch nie. In der Vorjahresumfrage hatten sich nur 9 Prozent pessimistisch geäußert. Die Zahl der Unternehmen, die ihre Wachstumsaussichten positiv einschätzten, sank dagegen von 55 Prozent im Vorjahr auf 32 Prozent und damit auf einen Tiefststand. "Es gibt beunruhigende Anzeichen dafür, dass einige europäische Unternehmen ihre Aktivitäten in China aufgeben oder ihre Ambitionen zurückschrauben, da die Herausforderungen, mit denen sie konfrontiert sind, die Vorteile einer Präsenz in China überwiegen", sagte Jens Eskelund, Präsident der EU-Handelskammer in Peking anlässlich der Vorlage der Umfrage. "Die chinesische Regierung signalisiert immer wieder ihre Absicht, das Geschäftsumfeld zu verbessern, aber wir brauchen jetzt konkrete Maßnahmen, um das Vertrauen der Investoren wiederherzustellen."

Schwache Weltkonjunktur und Chinas wirtschaftliche Lage

Das vergangene Jahr sei für die europäischen Unternehmen in der Volksrepublik von "wachsender Unsicherheit" geprägt gewesen, so die EU-Kammer. Zwar habe die Öffnung Chinas nach der Pandemie zunächst ein "Gefühl des Optimismus" ausgelöst. "Tiefgreifende strukturelle Probleme" wie die schwache Binnennachfrage, die hohe Verschuldung der Lokalregierungen und anhaltende Herausforderungen im Immobiliensektor hätten die Aussichten jedoch schnell wieder eingetrübt. Das Vertrauen der Unternehmen sei zudem durch widersprüchliche Botschaften der chinesischen Regierung weiter geschwächt worden.

Als derzeit größte Herausforderungen für ihr Geschäft nannten die Firmen insbesondere die wirtschaftliche Abschwächung in China, gefolgt von der allgemeinen schwachen Weltkonjunktur. Als wichtige Faktoren wurden zudem der Konflikt zwischen den USA und China und andere geopolitische Spannungen genannt. Auch ein zunehmend harter Wettbewerb mit chinesischen Firmen macht den EU-Firmen zu schaffen. Während sich die wirtschaftlichen Herausforderungen verschärften, blieben andere Geschäftshindernisse in China wie regulatorische Anforderungen und unvorhersehbare Gesetzgebung hoch. Nur noch 16 Prozent der Befragten erwarteten eine Verringerung der regulatorischen Hürden – auch das ist der niedrigste Wert aller Zeiten.

China-Pläne auf Rekordtief

Die negative Gemengelage wirke sich auch spürbar auf die Investitionsentscheidungen der Firmen aus. Der Anteil der Befragten, die China noch als Top-Destination für gegenwärtige und künftige Investitionen einstufen, ist demnach mit 15 und 12 Prozent der Befragten so niedrig wie nie zuvor. "Die Unternehmen verlagern weiterhin Investitionen, die ursprünglich für China geplant waren, auf alternative Märkte, die als berechenbarer, zuverlässiger und transparenter wahrgenommen werden", so der Kammer-Bericht. Zugleich fiel der Anteil der Befragten, die eine Ausweitung ihrer derzeitigen China-Aktivitäten im kommenden Jahr planen, auf ein Rekordtief von 42 Prozent von 48 Prozent im Vorjahr. Viele Unternehmen schränken laut Kammer zudem auch die Reinvestition ihrer Gewinne in China. 

Hohe Überkapazitäten in China

Ein immer größeres Problem in China seien zudem die hohen Überkapazitäten in vielen Wirtschaftszweigen. Insgesamt beobachteten 36 Prozent der Befragten Überkapazitäten in ihrer jeweiligen Branche. Weitere zehn Prozent erwarteten diese in naher Zukunft. Der höchste Anteil der Befragten (69 Prozent) meldete Überkapazitäten im Baugewerbe. Den zweithöchsten Anteil verzeichnete die Automobilindustrie mit 62 Prozent. Drei Fünftel der Befragten, die von Überkapazitäten in ihrer Branche berichteten, nannten zu hohe Investitionen in die heimische Produktion als Hauptursache für die Probleme. Aber auch eine zu geringe Nachfrage sowohl auf dem chinesischen Markt als auch auf dem Weltmarkt wurden als Gründe genannt.

Die Toleranzgrenze der EU

Erst am Montag hatte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vor einem Treffen mit dem chinesischen Staats- und Parteichef Xi Jinping in Paris deutlich gemacht, dass die EU die derzeitigen Subventions- und Handelspraktiken Chinas nicht länger tolerieren werde. Aufgrund der schwachen Binnennachfrage produziere China derzeit mit hohen Subventionen mehr als es verkaufe, argumentierte die Spitzenpolitikerin. In Brüssel läuft weiterhin eine Untersuchung der EU-Kommission zu Subventionen für chinesische E-Autos, die im Sommer in Zölle münden könnte. Teile der Autoindustrie und der Politik sind gegen solche Maßnahmen und wollen sich im Wettbewerb mit der chinesischen Konkurrenz messen. Eine Möglichkeit für Chinas Autobauer wäre, sich in der EU niederzulassen. In Ungarn, wo Xi am Donnerstag, 9.Mai, zu Besuch war, baut Chinas E-Auto-Riese BYD bereits eine Fabrik.

China exportiert im April mehr – Weniger Handel mit Deutschland

Chinas Außenhandel ist im April wieder gestiegen. Im Vergleich zum Vorjahresmonat legten die Exporte der zweitgrößten Volkswirtschaft nach Angaben in US-Dollar um 1,5 Prozent zu, wie der chinesische Zoll am Donnerstag in Peking mitteilte. Die Importe wuchsen um 8,4 Prozent. Experten sehen darin Anzeichen einer Stabilisierung der inländischen und internationalen Nachfrage. Analysten hatten mit einem geringeren Zuwachs gerechnet. Den Außenhandelsüberschuss bezifferte die Behörde auf 72,4 Milliarden US-Dollar (etwa 67,4 Milliarden Euro). Die Entwicklung des deutsch-chinesischen Handels sei entgegen dem allgemeinen Trend rückläufig, sagte Maximilian Butek, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutschen Handelskammer in Ostchina. Laut Zoll exportierte die Volksrepublik im April 5,6 Prozent weniger in die Bundesrepublik als noch vor einem Jahr. Die Importe sanken um 2,6 Prozent. "Sollten sich die Handelszahlen in dieser Form fortsetzen, werden die USA China nach acht aufeinanderfolgenden Jahren als unseren wichtigsten Handelspartner ablösen", sagte Butek. In die USA und den EU-Raum exportierte China zwar im Vorjahresvergleich ebenfalls weniger, führte allerdings mehr von dort ein. 

Probleme in für Deutschland wichtigen Bereichen

Chinas Außenhandel gewann nach einem schwierigen Jahr 2023 wieder an Fahrt. Peking will 2024 ein Wirtschaftswachstum von rund fünf Prozent erreichen, was manche Experten für ambitioniert halten. Im März waren Aus- und Einfuhren im Vergleich zum Vorjahresmonat noch deutlich zurückgegangen. Auf Jahressicht nahmen Chinas Exporte laut Zoll aber um 1,5 Prozent, die Importe um 3,2 Prozent zu. Das insgesamt gestiegene Handelsvolumen Chinas wecke Hoffnungen auf eine wirtschaftliche Erholung, sagte Butek. In den Bereichen, die für die deutsche Industrie wichtig sind, bleibt das Konsumentenvertrauen ihm zufolge allerdings schwach. Die Nachfrage im Ausland dürfte der exportgetriebenen Wirtschaft Chinas aber helfen. Der schwache Konsum im Inland hatte die Preise in China bislang kaum steigen lassen und Einkäufern im Ausland günstige Produkte beschwert. Während andere Länder lange unter hoher Inflation ächzten, stiegen die chinesischen Verbraucherpreise erst jüngst wieder, nachdem monatelang eine für die Wirtschaft unvorteilhaft erachtete Deflation herrschte.

Peking schwenkt um

Das Land mit etwa 1,4 Milliarden Einwohnern steht aber vor weiteren Problemen: Die Krise in der Immobilienbranche, die sonst das Wachstum kräftig antrieb, drückt weiter auf die Konjunktur. Auch die hohe Verschuldung der Lokalregierungen macht Peking zu schaffen. Die Staatsführung sucht einen neuen Wachstumstreiber und will deshalb fortschrittliche Technologien wie Künstliche Intelligenz oder grüne Energie vorantreiben, also Batterien für Elektroautos und Solarzellen. Regierungen in Europa und den USA werfen Peking vor, mit Subventionen Überkapazitäten etwa bei Solarzellen zu fördern und damit ausländische Märkte durch billige chinesische Ware unter Druck zu setzen. China bestreitet das und verweist darauf, dass die Branchen durch Innovationskraft angetrieben wurden. Bei seinem Besuch in Frankreich in dieser Woche sagte Staats- und Parteichef Xi Jinping, sein Land habe kein Überkapazitäten-Problem. 

Kein Geld mit der Gießkanne

Experten raten der von der kommunistischen Partei regierten Volksrepublik, gegen die Wirtschaftsprobleme den schwachen Konsum der Haushalte durch direkte Konjunkturmaßnahmen anzukurbeln. Peking will allerdings das Geld nicht mit der Gießkanne verteilen und setzte bislang auf punktuelle Anreize, wie etwa eine Förderung, alte Geräte und Maschinen abzugeben und dafür neue zu kaufen, oder Lockerungen bei der Kreditvergabe für Wohnungskäufe. 

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